Serie | Krisentagebuch: Simon Plate (33) blickt zum Himmel
Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Das erzählen sie im Krisentagebuch der PNN. Heute berichtet Simon Plate (33), Leiter des Potsdamer Urania-Planetariums, der in Potsdam-West wohnt.
Potsdam - Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Wie kommen sie im neuen Alltag zurecht? Was bewegt sie – und was macht ihnen Freude? Wir führen ein Krisentagebuch und fragen nach, wie es den Menschen in unserer Stadt geht.
Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?
Für uns als vierköpfige Familie ist noch mehr als zuvor ein eingespielter Rhythmus wichtig. Deshalb versuchen wir, so gut wie möglich die gleiche Tagesstruktur wie vor Corona-Zeiten beizubehalten. Mit Arbeit und Kinderzeit wechseln meine Frau und ich uns ab. Bei meiner Arbeit im Planetarium basierte die astronomische Wissensvermittlung immer auf dem direkten Kontakt mit unseren Besuchergruppen. Nun wird alles durch Online-Angebote ersetzt. Das ist eine interessante Erfahrung, kann aber den Blick an unseren Sternenhimmel nur in Teilen ersetzen. Die Hoffnung ist groß, dass das Planetarium nicht zu lange schließen muss.
Was fällt Ihnen in der momentanen Situation am schwersten?
Unsere beiden Mädchen tun mir Leid. Von heute auf morgen wurden sie aus ihren Freundeskreisen im Kindergarten herausgerissen und sehen ihre Bezugserzieherinnen nicht mehr. Natürlich ist es schön, viel Zeit mit Mama und Papa zu haben. Doch die Kinder leiden unter den Einschränkungen. Eine starke Familie ist das wichtigste, aber das soziale Netzwerk und die Bewegungsfreiheit fehlen ihnen.
Was ärgert Sie am meisten?
In der öffentlichen Diskussion kommen meiner Ansicht nach die seelischen Konsequenzen durch Einsamkeit und Mehrbelastung in der aktuellen Ausnahmesituation noch viel zu kurz. Die Menschen brauchen eine Perspektive, sie brauchen Hoffnung, damit die Krise gemeistert werden kann. Hört man auf der Ebene der Bundespolitik vor diesem Hintergrund dann Kritik an sogenannte „Öffnungsdiskussionsorgien“, finde ich das sehr bedenklich. Über die Rücknahme der jetzigen Einschränkungen muss frei und jederzeit diskutiert werden dürfen.
Worüber haben Sie sich in den letzten Tagen gefreut?
Unsere Kinder wollen nun morgens mit uns immer Musik hören. Nicht nebenbei, sondern ganz konzentriert. Das ist ein schönes Ritual geworden. Außerdem etabliert sich um das Online-Angebot des Planetariums eine Fangemeinde, die sich unsere Lehrvideos anschaut. Es freut mich, dass die Menschen das Interesse am Weltall nicht verlieren.
Ihr persönlicher Tipp zum Umgang mit der Krise?
Innere Ruhe finden beim Blick an den Nachthimmel. Das hilft den Menschen schon seit Jahrtausenden und ist eine schöne Abwechslung zu Netflix und Co.
Alle Teile unserer Serie zum Nachlesen
Teil 1: Christian Neusser (42) über kleine Freuden im Corona-Alltag
Teil 2: Bei Eszter Kalmár (44) ist bisher alles entspannt
Teil 3: Jann Jakobs (66) über nervige Ignoranten und Panikmacher
Teil 4: Jihan Alam (44) nutzt die Zeit mit ihren Töchtern
Teil 5: Ute Parthum (54) freut sich über Kulturangebote im Internet
Teil 6: Wolfgang Bivour (70) ärgert sich über Hamsterkäufer
Teil 7: Uta Gerlant (54) freut sich über Menschen mit Improvisationstalent
Teil 8: Susanne Halke (41) tut der Dank der Kunden gut
Teil 9: Julien Norman Melke (26) meistert den harten Alltag
Teil 10: Jenny Gartemann (32) hat endlich Zeit zum Planen
Teil 11: Christine Anlauff (49) entdeckt Park Sanssouci neu
Teil 12: Ariane Füchtner (53) setzt auf Hüpfen und Yoga
Teil 13: Sven Stricker (49) bleibt ruhig und freundlich
Teil 14: Susanne Fienhold Sheen (53) wünscht sich mehr Contenance
Teil 15: Matthias Michel (49) behält seinen Galgenhumor
Teil 16: Lydia Poppe (59) geht gegen Ängste vor
Teil 17: Gisela Rüdiger (72) beschäftigt sich viel im Garten
Teil 18: Mathias Selbach (43) wünscht sich Licht am Ende des Tunnels
Teil 19: Björn O. Wiede (58) fehlen die Proben mit dem Nikolaichor
Teil 20: Marie-Luise Glahr (48) hat gut zu tun
Teil 21: Renate Schmidt-Reichstein hört auf das Glockenläuten
Teil 22: Marcus Golter (54) freut sich über Selfies und Spargel
Teil 23: Mytran Xhyra (44) hofft, dass weniger gemeckert wird
Teil 24: Else Vösgen (92) fehlen Umarmungen
Teil 25: Simon Plate (33) blickt zum Himmel
Teil 26: Anna Tauschke (38) geht raus in die Natur
Teil 27: Jenne Baule-Prinz (53) hat eine Liste zum Freuen
Teil 28: Christoph Freytag (37) ärgert sich über Panikmache
Teil 29: Jan Kretzschmar (49) versucht Ruhe zu bewahren
Teil 30: Carolin Huke (33) engagiert sich vielseitig
Teil 31: Nadja von Saldern (53) übt sich in Selbstliebe
Teil 32: Julia Förster (26) kommen die Belange der Kinder zu kurz
Teil 33: Fabian Vallone (24) ruft zu Unterstützung auf
Teil 34: Erich Benesch (57) radelt in Ruhe
Teil 35: Nina Gummich (28) hat ihre letzte Gage gespendet
Teil 36: Andrea Peters (56) freut sich, wenn es wieder losgehen kann
Teil 37: Matthias Müller (56) ist im Tiefschlaf
Teil 38: Anne Braun (34) gestaltet den Balkon opulent
Teil 39: Christine Handke (53) fehlt die Mimik
Teil 40: Claire Dörfer (43) wird nicht resignieren
Teil 41: Ludger Brands (63) steigt aufs Rennrad
Teil 42: Marianne Seibert (71) fehlt der Kontakt zu anderen Menschen
Teil 43: Thomas Drachenberg (57) bleibt gelassen
Teil 44: Jörg Schröder (60) freut sich über die kleinen Dinge des Lebens
Teil 45: Max Schäfer (17) empfiehlt, sich ein Projekt zu suchen
Teil 46: Annette Paul (49) will mehr lachen
Teil 47: Raimund Jennert (59) genießt die Pausen im Garten
Teil 48: Jaro Samuel Abraham (17) vermisst den politischen Protest
Teil 49: Antje Michel (46) simuliert ihren Arbeitsweg
Teil 50: Karin Junkel (69) bleibt gelassen
Teil 51: Werner Ruhnke (73) handelt tatkräftig
Teil 52: Herrmann A. Kremer (76) freut sich über die neue Atmosphäre
Teil 53: Daniel Vetter (39) genießt die kleinen Momente
Teil 54: Gunnar Belden (46) kann wieder mit den Kollegen Mittag essen
Teil 55: Matthias Noack (33) grüßt täglich das Murmeltier