Serie | Krisentagebuch: Annette Paul (49) will mehr lachen
Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Das erzählen sie im Krisentagebuch der PNN. Heute berichtet die Potsdamer Künstlerin Annette Paul aus der Brandenburger Vorstadt.
Potsdam - Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Wie kommen sie im neuen Alltag zurecht? Was bewegt sie – und was macht ihnen Freude? Wir führen ein Krisentagebuch und fragen nach, wie es den Menschen in unserer Stadt geht.
Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?
In den ersten Wochen habe ich viel Zeit im Garten verbracht, jetzt bin ich wieder mehr am Schreibtisch zugange. Ich stehe nach wie vor früh am Morgen auf und arbeite los. Ich hatte ein paar Anfragen von Museen für virtuelle Museumsbesuche, habe Impulse für ein Projekt zum Internationalen Museumstag am Brandenburger Stadtmuseum gegeben: „Brandenburg sucht das Poesie-Album“. Das passte gut in die Stimmung der Zeit: Freundschaften wertschätzen, auch wenn man sich gerade nicht treffen kann. Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte wurde ein Video mit mir bei einem Rundgang durch die Migrationsausstellung für den Schulunterricht aufgenommen. In den letzten fünf Wochen habe ich viel Zeit mit einer Crowdfunding-Kampagne für die Scholle 51 verbracht. Da ich ein kirchliches Fernstudium absolviere, habe ich drei Wochen an einer alttestamentlichen Exegese geschrieben. Besondere Freude habe ich an den Zoom-Andachten und Predigtgesprächen der reformierten Gemeinde. Also langweilig war die Zeit nicht und auch nicht kontaktarm, da viel telefonisch oder per Webcam abgesprochen wurde. Ich halte aber bis heute gern Abstand und verzichte auf unnötige physische Begegnungen. Ich bedauere, dass die Balkonkonzerte bei uns den unterschiedlichen Wünschen der Nachbarschaft nach Ruhe zum Opfer gefallen sind.
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Was fällt Ihnen in der momentanen Situation am schwersten?
Ich habe kein Verständnis für Menschen, die die Gefahr von Sars-Cov-2 leugnen.
Was ärgert Sie am meisten?
Die Berichterstattung in den Medien bezüglich der Vorgänge im Bergmann-Klinikum fand ich sehr einseitig gefärbt. Überhaupt ärgert es mich, wenn Leuten der schwarze Peter zugeschoben wird – schließlich sind wir alle Neulinge im Bereich Pandemie.
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Worüber haben Sie sich in den letzten Tagen gefreut?
Ich glaube, ich lache viel mehr in den virtuellen Treffen als sonst in öffentlichen Zusammenkünften: Oft wurde mir früher gesagt, ich sähe grimmig oder streng aus: ich habe eine Sorgenfalte auf der Stirn – die mache ich, wenn ich konzentriert mitdenke. Über die Kamera habe ich mich jetzt selber im Blick und lächele mir gern zu. Das kommt allen zugute. Das werde ich beibehalten, auch wenn die Treffen wieder physisch stattfinden.
Ihr Tipp zum Umgang mit der Krise?
Den Blick für die Nachbarn nicht verlieren und die persönliche Innenschau genießen. Wir werden gerade an unsere Wurzeln geführt in der Einsiedelei. Sie birgt viele Entdeckungen, die uns im rasant rauschenden Alltag sonst nicht passieren. Mit Aufmerksamkeit schauen, wo sich Unbekanntes zeigt, das man beibehalten möchte.
Alle Teile unserer Serie zum Nachlesen
Teil 1: Christian Neusser (42) über kleine Freuden im Corona-Alltag
Teil 2: Bei Eszter Kalmár (44) ist bisher alles entspannt
Teil 3: Jann Jakobs (66) über nervige Ignoranten und Panikmacher
Teil 4: Jihan Alam (44) nutzt die Zeit mit ihren Töchtern
Teil 5: Ute Parthum (54) freut sich über Kulturangebote im Internet
Teil 6: Wolfgang Bivour (70) ärgert sich über Hamsterkäufer
Teil 7: Uta Gerlant (54) freut sich über Menschen mit Improvisationstalent
Teil 8: Susanne Halke (41) tut der Dank der Kunden gut
Teil 9: Julien Norman Melke (26) meistert den harten Alltag
Teil 10: Jenny Gartemann (32) hat endlich Zeit zum Planen
Teil 11: Christine Anlauff (49) entdeckt Park Sanssouci neu
Teil 12: Ariane Füchtner (53) setzt auf Hüpfen und Yoga
Teil 13: Sven Stricker (49) bleibt ruhig und freundlich
Teil 14: Susanne Fienhold Sheen (53) wünscht sich mehr Contenance
Teil 15: Matthias Michel (49) behält seinen Galgenhumor
Teil 16: Lydia Poppe (59) geht gegen Ängste vor
Teil 17: Gisela Rüdiger (72) beschäftigt sich viel im Garten
Teil 18: Mathias Selbach (43) wünscht sich Licht am Ende des Tunnels
Teil 19: Björn O. Wiede (58) fehlen die Proben mit dem Nikolaichor
Teil 20: Marie-Luise Glahr (48) hat gut zu tun
Teil 21: Renate Schmidt-Reichstein hört auf das Glockenläuten
Teil 22: Marcus Golter (54) freut sich über Selfies und Spargel
Teil 23: Mytran Xhyra (44) hofft, dass weniger gemeckert wird
Teil 24: Else Vösgen (92) fehlen Umarmungen
Teil 25: Simon Plate (33) blickt zum Himmel
Teil 26: Anna Tauschke (38) geht raus in die Natur
Teil 27: Jenne Baule-Prinz (53) hat eine Liste zum Freuen
Teil 28: Christoph Freytag (37) ärgert sich über Panikmache
Teil 29: Jan Kretzschmar (49) versucht Ruhe zu bewahren
Teil 30: Carolin Huke (33) engagiert sich vielseitig
Teil 31: Nadja von Saldern (53) übt sich in Selbstliebe
Teil 32: Julia Förster (26) kommen die Belange der Kinder zu kurz
Teil 33: Fabian Vallone (24) ruft zu Unterstützung auf
Teil 34: Erich Benesch (57) radelt in Ruhe
Teil 35: Nina Gummich (28) hat ihre letzte Gage gespendet
Teil 36: Andrea Peters (56) freut sich, wenn es wieder losgehen kann
Teil 37: Matthias Müller (56) ist im Tiefschlaf
Teil 38: Anne Braun (34) gestaltet den Balkon opulent
Teil 39: Christine Handke (53) fehlt die Mimik
Teil 40: Claire Dörfer (43) wird nicht resignieren
Teil 41: Ludger Brands (63) steigt aufs Rennrad
Teil 42: Marianne Seibert (71) fehlt der Kontakt zu anderen Menschen
Teil 43: Thomas Drachenberg (57) bleibt gelassen
Teil 44: Jörg Schröder (60) freut sich über die kleinen Dinge des Lebens
Teil 45: Max Schäfer (17) empfiehlt, sich ein Projekt zu suchen
Teil 46: Annette Paul (49) will mehr lachen
Teil 47: Raimund Jennert (59) genießt die Pausen im Garten
Teil 48: Jaro Samuel Abraham (17) vermisst den politischen Protest
Teil 49: Antje Michel (46) simuliert ihren Arbeitsweg
Teil 50: Karin Junkel (69) bleibt gelassen
Teil 51: Werner Ruhnke (73) handelt tatkräftig
Teil 52: Herrmann A. Kremer (76) freut sich über die neue Atmosphäre
Teil 53: Daniel Vetter (39) genießt die kleinen Momente
Teil 54: Gunnar Belden (46) kann wieder mit den Kollegen Mittag essen
Teil 55: Matthias Noack (33) grüßt täglich das Murmeltier
Teil 56: Julia Ziemann (26) bringt die Tropenwelt ins Netz
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