Serie | Krisentagebuch: Jihan Alam (44) nutzt die Zeit mit ihren Töchtern
Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Das erzählen sie im Krisen-Tagebuch der PNN. Heute berichtet Jihan Alam (44), Mitarbeiterin im Büro von Annalena Baerbock, aus Babelsberg.
Potsdam - Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Wie kommen sie im neuen Alltag zurecht? Was bewegt sie – und was macht ihnen Freude? Wir führen gemeinsam ein Krisentagebuch und fragen nach, wie es den Menschen in unserer Stadt geht.
Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?
Alles ist ruhiger geworden. Ich arbeite im Homeoffice. Im Büro von Annalena Baerbock (die Bundesvorsitzende der Grünen, Anm. d. Red.) kümmere ich mich um Flüchtlingsfragen. Sonst begleite ich die Flüchtlinge bei Behördengängen oder übersetze, aber jetzt hat vieles geschlossen. Also habe ich mehr Zeit. Ich koche häufig, gehe mit den Hunden spazieren, male. Meine beiden Töchter, Schülerinnen der Marienschule, machen E-Learning. Laila (13) ist in der siebten Klasse. Bei ihr ist alles gut organisiert, sie hat Telefonkonferenzen mit den Lehrern, muss sehr viele Hausaufgaben machen und auch abgeben. Sie hat richtig Stress. Meine große Tochter Farah (18) bereitet sich auf das Abitur vor. Sie lernt viel. Letzte Woche hat sie eine Präsentation im Kunstleistungskurs gehalten. Das war lustig, sie haben das am Bildschirm gemacht, Lehrerin und die anderen Schüler waren über Video zugeschaltet. Das Schöne war, dass ich so als Mutter auch teilhaben konnte.
Was fällt Ihnen in der momentanen Situation am schwersten?
Es fällt mir sehr schwer, dass ich meine Eltern nicht sehen kann, obwohl sie in der Nähe wohnen. Meine Mutter ist 75, mein Vater 80. Ich kaufe für sie ein, aber komme ihnen nicht zu nah. Auf soziale Kontakte zu verzichten, ist echt hart. Auch mit Heimatsounds, ein Chor, in dem ich singe, kann ich jetzt nicht proben. Wir haben das über Zoom versucht, jeder von sich zu Hause. Immerhin: Wir haben viel gelacht.
Was ärgert Sie am meisten?
Ich ärgere mich über Fake News über das Coronavirus, die ich ständig bekomme, auch über WhatsApp. Ich lese das gar nicht mehr. Angst macht mir die Machtlosigkeit in dieser Krise. Man fühlt sich so klein und hilflos.
Worüber haben Sie sich in den letzten Tagen gefreut?
Ich finde es schön, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen. Wir reden und lachen viel zusammen, spielen Gesellschaftsspiele, sitzen auf dem Balkon. Und freue mich über die Kreidebilder, die die Kinder auf die Wege und Straßen gemalt haben. Fröhliche Bilder, Regenbogen, Herzen, das ist toll.
Ihr persönlicher Tipp zum Umgang mit der Krise?
Wir sollten uns alle an die Regeln halten, so gut wir können. Nur wenn wir zusammenhalten, können wir die Zeit verkürzen. Wir sollten uns gegenseitig helfen und unterstützen, auch per Telefon. Erst einmal abwarten und Tee trinken.
Alle Teile unserer Serie zum Nachlesen
Teil 1: Christian Neusser (42) über kleine Freuden im Corona-Alltag
Teil 2: Bei Eszter Kalmár (44) ist bisher alles entspannt
Teil 3: Jann Jakobs (66) über nervige Ignoranten und Panikmacher
Teil 4: Jihan Alam (44) nutzt die Zeit mit ihren Töchtern
Teil 5: Ute Parthum (54) freut sich über Kulturangebote im Internet
Teil 6: Wolfgang Bivour (70) ärgert sich über Hamsterkäufer
Teil 7: Uta Gerlant (54) freut sich über Menschen mit Improvisationstalent
Teil 8: Susanne Halke (41) tut der Dank der Kunden gut
Teil 9: Julien Norman Melke (26) meistert den harten Alltag
Teil 10: Jenny Gartemann (32) hat endlich Zeit zum Planen
Teil 11: Christine Anlauff (49) entdeckt Park Sanssouci neu
Teil 12: Ariane Füchtner (53) setzt auf Hüpfen und Yoga
Teil 13: Sven Stricker (49) bleibt ruhig und freundlich
Teil 14: Susanne Fienhold Sheen (53) wünscht sich mehr Contenance
Teil 15: Matthias Michel (49) behält seinen Galgenhumor
Teil 16: Lydia Poppe (59) geht gegen Ängste vor
Teil 17: Gisela Rüdiger (72) beschäftigt sich viel im Garten
Teil 18: Mathias Selbach (43) wünscht sich Licht am Ende des Tunnels
Teil 19: Björn O. Wiede (58) fehlen die Proben mit dem Nikolaichor
Teil 20: Marie-Luise Glahr (48) hat gut zu tun
Teil 21: Renate Schmidt-Reichstein hört auf das Glockenläuten
Teil 22: Marcus Golter (54) freut sich über Selfies und Spargel
Teil 23: Mytran Xhyra (44) hofft, dass weniger gemeckert wird
Teil 24: Else Vösgen (92) fehlen Umarmungen
Teil 25: Simon Plate (33) blickt zum Himmel
Teil 26: Anna Tauschke (38) geht raus in die Natur
Teil 27: Jenne Baule-Prinz (53) hat eine Liste zum Freuen
Teil 28: Christoph Freytag (37) ärgert sich über Panikmache
Teil 29: Jan Kretzschmar (49) versucht Ruhe zu bewahren
Teil 30: Carolin Huke (33) engagiert sich vielseitig
Teil 31: Nadja von Saldern (53) übt sich in Selbstliebe
Teil 32: Julia Förster (26) kommen die Belange der Kinder zu kurz
Teil 33: Fabian Vallone (24) ruft zu Unterstützung auf
Teil 34: Erich Benesch (57) radelt in Ruhe
Teil 35: Nina Gummich (28) hat ihre letzte Gage gespendet
Teil 36: Andrea Peters (56) freut sich, wenn es wieder losgehen kann
Teil 37: Matthias Müller (56) ist im Tiefschlaf
Teil 38: Anne Braun (34) gestaltet den Balkon opulent
Teil 39: Christine Handke (53) fehlt die Mimik
Teil 40: Claire Dörfer (43) wird nicht resignieren
Teil 41: Ludger Brands (63) steigt aufs Rennrad
Teil 42: Marianne Seibert (71) fehlt der Kontakt zu anderen Menschen
Teil 43: Thomas Drachenberg (57) bleibt gelassen
Teil 44: Jörg Schröder (60) freut sich über die kleinen Dinge des Lebens
Teil 45: Max Schäfer (17) empfiehlt, sich ein Projekt zu suchen
Teil 46: Annette Paul (49) will mehr lachen
Teil 47: Raimund Jennert (59) genießt die Pausen im Garten
Teil 48: Jaro Samuel Abraham (17) vermisst den politischen Protest
Teil 49: Antje Michel (46) simuliert ihren Arbeitsweg
Teil 50: Karin Junkel (69) bleibt gelassen
Teil 51: Werner Ruhnke (73) handelt tatkräftig
Teil 52: Herrmann A. Kremer (76) freut sich über die neue Atmosphäre
Teil 53: Daniel Vetter (39) genießt die kleinen Momente
Teil 54: Gunnar Belden (46) kann wieder mit den Kollegen Mittag essen
Teil 55: Matthias Noack (33) grüßt täglich das Murmeltier
Teil 56: Julia Ziemann (26) bringt die Tropenwelt ins Netz
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