Atomgetriebene U-Boote für Australien: Große Mächte und ihre Interessen im Indopazifik
Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer beim Sicherheitspakt der USA mit Australien und Großbritannien? Deutschland war mal Teil des Geschäfts. Eine Analyse.
Das strategische U-Boot-Geschäft Australiens mit den USA und Großbritannien stößt auf zornige Enttäuschung in Frankreich; es verliert einen zwei- bis dreistelligen Milliardenauftrag. Und auf scharfe Kritik in China, das den USA einen Rückfall in das Denken des Kalten Kriegs vorwirft.
Es geht um mehr als ein Rüstungsgeschäft von außergewöhnlicher Dimension: einen „Sicherheitspakt“. Im Zentrum stehen zwei geostrategische Fragen. Welche Regeln gelten künftig in Asien: die liberale westliche Ordnung mit universellen Freiheitsrechten, freiem Handel, Zugang zu internationalen Seewegen und friedlicher Konfliktbeilegung?
Oder gelten neue Regeln, die die aufsteigende Weltmacht China als regionaler Hegemon in seiner Umgebung erzwingt, auf Kosten der Demokratien dort wie Australien, Japan, Neuseeland, Taiwan? Und: Wer setzt welche Regeln mit welchen Mitteln durch? Auch Deutschland hat inzwischen eine ehrgeizige Indopazifik-Strategie.
Die Verlierer des Partnerwechsels bei der Beschaffung der U-Boote sind Frankreich, China sowie die EU mit ihrem Ehrgeiz, eine globale Rolle zu spielen. Gewinner sind auf kurze Sicht Australien, Großbritannien und die USA. Ob sich ihre langfristigen Hoffnungen erfüllen, China einzudämmen, muss sich erst zeigen.
China dehnt Hoheitszonen aus und droht Taiwan
Aus Sicht der Demokratien in Asien wird China zunehmend zu einer militärischen Gefahr für ihre Interessen und zur Bedrohung der Souveränität seiner Nachbarn. Peking beansprucht umstrittene Inseln und überdimensionierte Hoheitszonen um sie herum in internationalen Gewässern im Süd- und Ostchinesischen Meer; das schränkt die freie Schifffahrt ein.
Mit dem gleichen Ziel baut Peking unbewohnte Atolle zu künstlichen Inseln aus. Wenn Nachbarn wie Vietnam oder die Philippinen sich dem Imperialanspruch nicht beugen, rammen chinesische Zerstörer deren Schiffe und drängen Militärjets deren Flugzeug aus dem Luftraum. Urteile Internationaler Schiedsgerichte in dem Streit missachtet Peking.
China verlangt die Angliederung Taiwans, eines eigenständigen Staats mit anderem Gesellschaftssystem, und droht offen mit militärischer Gewalt, um sie durchzusetzen. Es setzt Australien mit Sanktionen unter Druck, wenn es sich Pekings Wünschen entgegenstellt, chinesische Anbieter von seinen Kommunikationsnetzen ausschließt oder eine unabhängige Untersuchung der Ursprünge der Corona-Pandemie in China vorschlägt. Peking droht auch Europa regelmäßig.
Australien und Neuseeland suchen Verbündete
Seit Jahren suchen Australien und Neuseeland Rückhalt bei den Demokratien in Europa und Nordamerika – und seit dem Brexit speziell in Berlin. Großbritannien gilt als weniger verlässlich; es sei zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Boris Johnsons Vorgänger setzten zudem eher darauf, China zu besänftigen, als sich dessen Machtansprüchen entgegenzustellen. Johnson hat das geändert. Als verlässlichster Rückhalt aber gelten die USA.
Ein anderes Mittel, um Chinas imperiales Ausgreifen zu verhindern, sind Handelsabkommen der Pazifikanrainer. Barack Obama hatte TPP angestoßen, eine Transpazifische Partnerschaft von elf Staaten. Als Trump sich zurückzog, vollendete Japan TPP ohne die USA. Nun hat China den Beitritt beantragt. Das geht aber nur im Konsens der Mitglieder, also mit Australiens und Japans Zustimmung.
Erst zog Deutschland den Kürzeren, jetzt Frankreich
Die Anfänge des U-Boot-Projekts reichen ein Jahrzehnt zurück. Australien hatte zunächst mit Deutschland und Japan verhandelt, berichten Experten bei der deutsch-britischen „Königswinter Defense“-Konferenz in London. Sie rücken die angebliche französische Überraschung und die Verärgerung zurecht. Damals verloren die Deutschen den Großauftrag an die Franzosen, nun die Franzosen an Amerikaner und Briten, beides aus nachvollziehbaren Gründen.
U-Boote dienen als mobile Abschussrampe für Raketen. Sie sind nicht so leicht aufzufinden und zu bekämpfen wie Abschussstationen an Land. Im Idealfall können sie lange unentdeckt unter Wasser bleiben. Konventionelle U-Boote mit Diesel- und Elektroantrieb mussten regelmäßig auftauchen, weil die Dieselmotoren, die die Batterien aufladen, „atmen“ müssen und Abgase produzieren. Auch ihre Versorgung mit Treibstoff bietet Ansätze, Fahrwege nachzuverfolgen.
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Deutsche Unternehmen hatten eine Technik entwickelt, mit der ihre Dieselmotoren, die ohnehin als die besten gelten, auch bei Tauchfahrt laufen. Noch mehr Unabhängigkeit erlaubt aber der Atomantrieb. Den haben deutsche Unternehmen nicht zu bieten. Nur Amerikaner, Briten, Franzosen, Chinesen, Inder und Russen verfügen über die Technik. So schloss Australien 2016 mit dem französischen Anbieter DCNS einen Vertrag über Diesel-U-Boote wegen der Option, auf Atomantrieb umzurüsten.
Australien hoffte schon länger auf neue Partner
Doch der Verlauf der Kooperation verärgerte Australien. DCNS wurde gehackt. Das weckte Zweifel, ob Australiens Verteidigungsgeheimnisse dort sicher sind.
Zunächst sollten 90 Prozent der Fertigungsarbeit und damit rund 2800 Jobs auf Australien entfallen. Über die Jahre drückte DCNS die Quote auf 60 Prozent.
Vereinbarte Arbeitsschritte verzögerten sich. Die ursprünglich veranschlagten Kosten wuchsen von 50 Milliarden auf 90 Milliarden australische Dollar. Frankreich war gewarnt, dass Australien aussteigen wollte, sobald es eine Alternative hat, sagen die Experten.
Gegen China verlässt sich Australien lieber auf die USA als die EU
Nun boten die USA und Großbritannien, die atomare U-Boot-Technik bisher nur untereinander teilten, Australien die Kooperation an. Man kennt sich aus der Geheimdienstbündnis „Five Eyes“.
Zudem beobachtet Australien, dass Frankreich, Deutschland und die EU in Konflikten mit China oft zurückstecken, kommentiert die „Financial Times“. Die Rückendeckung der USA und Großbritannien bei chinesischem Druck sei verlässlicher.
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