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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
© dpa/Michael Kappeler/Pool

Russland, China und der Indo-Pazifik: Deutschland muss die freie Weltordnung verteidigen

Die Bundesregierung konfrontiert Putin und Xi, um Freiheit und Wirtschaftsinteressen zu verteidigen. Eine erstaunliche, aber richtige Wende. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Erstaunliches geschieht in Berlin. Angela Merkel verlangt von Wladimir Putin Aufklärung über den Giftanschlag auf den Kremlkritiker Alexej Nawalny. Außenminister Heiko Maas gibt seinem chinesischen Kollegen Wang Yi ungewohnt deutlich Contra „Wir werden Ihre Drohungen nicht mehr akzeptieren." Deutschland werde für seine Werte und Interessen auch jenseits der EU-Grenzen eintreten.

Und nun verabschiedet das Kabinett auch noch eine Indo-Pazifik-Strategie mit dem Ziel, die Regeln der freien Weltordnung auch in Asien zu verteidigen und autoritäre Mächte einzudämmen, die Dominanz anstreben.

Das sind neue Töne. Sie treffen auf eine unvorbereitete Öffentlichkeit. Man darf fragen: Wie will die Bundesregierung ihre ehrgeizigen Ankündigungen eigentlich umsetzen? Es ist ein langer Weg von der verbalen Neuausrichtung der deutschen – und der europäischen – Außenpolitik bis zum Handeln. Dafür braucht man Ressourcen und muss die Bürgerinnen und Bürger samt ihren Abgeordneten in den Parlamenten mitnehmen.

Eine Wende aber ist es: weg von diplomatischer Leisetreterei hin zur Betonung, dass Deutschland und die EU handfeste Interessen rund um den Globus haben. Und lernen müssen, sie robust zu vertreten. Das gilt besonders für Deutschland, weil es gegenüber Putins Russland und gegenüber Xi Jinpings China der Leisetreter in der EU war und einem gemeinsamen EU-Kurs im Weg stand. Auch wegen seiner Wirtschaftsinteressen: im Fall Russland die Gaspipeline Nord Stream 2, im Fall China die Geschäfte mit Deutschlands inzwischen größtem Handelspartner.

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Wandel durch Annäherung? Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt

Vor 20 Jahren hätten viele gefragt: Hat Deutschland strategische Interessen in Asien? Es ist eine europäische Mittelmacht mit begrenztem Aktionsradius. Außenpolitik war in Asien Außenhandelspolitik. Die überhöhte der Exportweltmeister zur Strategie: „Wandel durch Annäherung“. China und andere Diktaturen würden immer liberaler, wenn man sie in den internationalen Austausch einbindet.

Deutschland und die EU, so dozierte man, sind Friedensmächte. Sie haben keine Feinde. Alle respektieren ihren kooperativen Umgang mit Partnern. Ihrem Vorbild würden andere nacheifern.

Wer folgt wem? Bundesaußenminister Heiko Maas und sein chinesischer Kollege Wang Yi nach einer konfrontativen Pressekonferenz in Berlin.
Wer folgt wem? Bundesaußenminister Heiko Maas und sein chinesischer Kollege Wang Yi nach einer konfrontativen Pressekonferenz in Berlin.
© Michael Sohn/REUTERS

Es ist anders gekommen. Die Welt wird konfrontativer. Russland überfällt die Krim und vergiftet Oppositionelle im In- und Ausland. China macht einen Nationalisten zum Präsidenten, Xi Jinping. Die USA wählen Donald Trump. Putin, Xi, Trump verachten die freie Weltordnung und brechen Verträge.

Bei Trump gilt „America First“, bei Xi „China First“. Peking bedroht Nachbarn militärisch, unterdrückt Uiguren und Tibeter, bricht das Abkommen über Hongkongs Autonomie, nutzt den freien Marktzugang im Westen, verweigert ihn aber westlichen Firmen in China. Es stellt Hoheitsansprüche in internationalen Gewässern und im internationalen Luftraum. Immer mehr Experten sagen, China sei zwar auch Partner, aber vor allem ein "systemischer Rivale".

Ein Bündnis mit den Demokratien in Asien

Die Beschränkung freier Handelswege ist eine existenzielle Bedrohung für das deutsche Erfolgsmodell. Es finanziert seinen Wohlstand und seine Sozialsysteme durch Handel. Ebenso würde eine Beteiligung des staatsnahen Konzerns Huawei an hiesigen 5G- Netzen zur Gefahr für den Schutz der Daten von Millionen Bürgern, wenn China den Datenschutz der EU missachtet.

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Deutschland kann Trumps Weg eines „Decoupling“ von China nicht mitgehen, aus Eigeninteresse. Ebenfalls aus Eigeninteresse muss es die freie Weltordnung, freie Handelswege und faire Wirtschaftsregeln auch im Indo-Pazifik verteidigen. Durch Präsenz: politisch, ökonomisch und militärisch. Frankreich und Großbritannien machen es vor mit regelmäßigen Freundschaftsbesuchen ihrer Marine.

Auf das Bündnis mit der ganzen EU und ihrem mächtigsten Mitglied, Deutschland, hoffen und warten die Demokratien in Asien. Sie wollen Kooperation bei Rohstoffen, Industriegütern, Dienstleistungen und bei der Sicherheit. Nur wenn die Demokratien zusammenstehen, kann die Friedensordnung auf Dauer überleben.

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