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Schnörkel, Bögen, Erker: Von der Vielfalt schulischer Altbauten sind die neuen Modulbauten weit entfernt.
© Thilo Rückeis

Bildung in Berlin: Sanierungsbedarf an den Schulen - Bezirk für Bezirk

Der Senat legt erstmals eine komplette Liste der zu sanierenden Schulen vor. Den größten Bedarf gibt es in Steglitz-Zehlendorf. Woran liegt das?

Jetzt gibt es nichts mehr zu beschönigen, und Ausreden gelten nicht mehr: Der in akribischer Kleinarbeit erstellte und dann nochmals monatelang auf Plausibilität geprüfte Gebäudescan offenbart, dass die Bezirke ihren Aufgaben als Schulträger in höchst unterschiedlicher Qualität nachgekommen sind. Während einige Bezirke statt zu investieren Rücklagen bildeten oder aufwendig ihre Rathäuser sanierten, gibt es andere Bezirke, die mehr Geld für die Schulen aufbrachten. Im Ergebnis ist der Sanierungsbedarf extrem unterschiedlich. Hier der Überblick.

MITTE

Dringender Bedarf: 162,21 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 13,74 Millionen Euro

Entsprechend seiner Schülerzahl von gut 26 000 liegt Mitte beim dringenden Sanierungsbedarf im Mittelfeld; davon machen Sporthallen nur 8,5 Prozent aus. In der Liste der 30 Schulen mit dem höchsten Sanierungsbedarf ist der Bezirk nur mit der Ernst-Reuter-Schule vertreten. Die allerdings hat es in sich, denn es werden knapp 16 Millionen Euro angesetzt – der dritthöchste Bedarf nach dem Schadow-Gymnasium in Zehlendorf und dem Rückert-Gymnasium in Schöneberg. Die hohe Summe resultiert daraus, dass in das weitläufige Gebäudeensemble mit einer Mischung aus denkmalgeschützten älteren und heruntergekommenen neueren Bauten schon lange nicht investiert wurde, weil ein Konzept für die Brennpunktschule aussteht.

FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG

Dringender Bedarf: 185,31 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 3,58 Millionen Euro

Gemessen an seiner geringen Schülerzahl von 22300 hat der Bezirk einen vergleichsweise hohen Sanierungsbedarf. Schulen wie das Andreas-Gymnasium klagen seit Jahren darüber, dass die Substanz verkommt. Drei Schulen liegen sogar über der magischen Grenze von zehn Millionen Euro akutem Sanierungsbedarf: die Lenau- und Nürtingen-Grundschule sowie das Hermann-Hesse-Gymnasium. Schulstadtrat Andy Hehmke (SPD) erklärt den niedrigen Sanierungsbedarf bei den Sporthallen damit, dass nur frei liegende Sporthallen auf dem Schulgelände dort eingerechnet worden seien; Sporthallen, die ins Schulgebäude integriert sind, wurden dem Gebäudesanierungsbedarf zugeschlagen.

PANKOW

Dringender Bedarf: 142,83 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 26,9 Millionen  Euro

Das kinderreichste Pankow liegt beim Sanierungsbedarf nur an sechster Stelle, dennoch gibt es auch hier massive Probleme: Gerade erst kamen zwei Grundschulen in die Schlagzeilen, weil Brandschutzprobleme nicht beseitigt wurden. Den größten Sanierungsbedarf hat das Primo-Levi-Gymnasium, das allein für die Akuthilfe zwölf Millionen Euro braucht. Es ist damit die einzige Pankower Schule in der Liste mit den schlimmsten Berliner Sanierungsfällen (s. Seite 1).

CHARLOTTENBURG-WILMERSDORF

Dringender Bedarf: 38,15 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 6,44 Millionen Euro

In Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt sich, wie es aussieht, wenn ein Bezirk sich um seine Schulen kümmert. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) war zuvor Bildungsstadtrat und hatte sich – mehr als andere Ressortkollegen – um den Zustand der Schulen gekümmert. Der Bezirk hat keine einzige Schule in der Liste der 30 am dringendsten sanierungsbedürftigen Schulen und nur vier in der Liste der zweitdringlichsten, die insgesamt 81 Posten enthält. „Es war immer eine Philosophie hier im Bezirk, dass wir unsere Schulen in gutem Zustand halten“, sagte die inzwischen zuständige Bildungsstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) dem Tagesspiegel.

SPANDAU

Dringender Bedarf: 192,67 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 41,68 Millionen Euro

Der Bezirk hat mit gut 192 Millionen Euro den dritthöchsten Sanierungsbedarf in Berlin, obwohl er bei der Schülerzahl auf den hinteren Plätzen rangiert. Außerdem ist der Anteil der Sporthallen an diesem Wert mit fast 22 Prozent überdurchschnittlich hoch. Woran das liegt, konnte am Mittwoch niemand erklären, da der Bildungsstadtrat nicht zu erreichen war. Auf der Liste der am stärksten sanierungsbedürftigen Schulen ist Spandau gleich mit fünfen vertreten: Martin-Buber-, Carlo-Schmid-, Bertolt-Brecht, B.-Traven- und Kant-Gymnasium.

STEGLITZ-ZEHLENDORF

Dringender Bedarf: 342,79 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 36,7 Millionen Euro

Ausgerechnet der wohlhabende Bezirk im Südwesten trägt die rote Laterne. Mit einem Sanierungsbedarf von fast 343 Millionen Euro nimmt er eine negative Sonderstellung ein. Auch der Bedarf bei den Sporthallen ist im Vergleich hoch – mit 36,7 Millionen Euro beträgt er mehr als zehn Prozent des Gesamtbedarfs, was im Vergleich zu den anderen Bezirken ebenfalls außergewöhnlich ist. Der Bezirk kam in den vergangenen Jahren oft in die Schlagzeilen, weil Schulen sich angesichts überhand nehmender Bauprobleme an die Öffentlichkeit wandten. Oftmals klagten sie über Kompetenzwirrwarr und gegenseitigen Vorwürfen zwischen dem SPD-geführten Hochbauamt und dem CDU-geführten Schulressort. Es kam sogar vor, dass die knappen Gelder verfielen. Dem Bezirk wurde vorgeworfen, dass er mit Investitionsmitteln Rücklagen bildete, anstatt den Schulen zu helfen. Die aufgebrachten Eltern des Bezirks waren es dann auch, die entscheidend dazu beitrugen, dass der Sanierungsstau Stadtthema wurde. Von der Liste der 30 am stärksten sanierungsbedürftigen Schulen befinden sich erstaunliche zehn in Steglitz-Zehlendorf. Der gern vorgebrachte Hinweis des Bezirksamtes, dass der hohe Altbautbestand Schuld sei, überzeugt nicht wirklich, denn auch das gut aufgestellte Charlottenburg-Wilmersdorf verfügt über viele Altbauten.

TEMPELHOF-SCHÖNEBERG

Dringender Bedarf: 230,58 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 24,68 Millionen  Euro

Den zweithöchsten Wert beim Sanierungsbedarf erreicht Tempelhof-Schöneberg; auf der Liste der 30 Schulen mit dem dramatischsten Bedarf stellt der Bezirk acht Schulen, darunter das Rückert- Gymnasium mit fast 17 Millionen Euro. Dennoch benötigt er 110 Millionen Euro weniger als Steglitz-Zehlendorf. Nicht auf der Liste, da bereits die Gelder bewilligt sind: das Luise-Henriette-Gymnasium, das für 30 Millionen saniert wird.

NEUKÖLLN

Dringender Bedarf: 48,30 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 14,41 Millionen Euro

Neuköllns Bilanz kann sich sehen lassen: Obwohl es bei der Schülerzahl weit oben liegt, hat es einen der geringsten Sanierungsstaus, und keine einzige Schule gehört zu den 30 berlinweiten mit einem Sanierungsbedarf von über zehn Millionen Euro. Bildungsstadtrat Jan-Christoph Rämer (SPD) erklärt die gute Bilanz damit, dass überproportional viel Geld in die Unterhaltung der Schulgebäude geflossen sei: Da die Schulen im Schnitt rund 70 Prozent der bezirklichen Bauten ausmachen, hätten die Bezirke auch ebenjene 70 Prozent ihrer Gelder für die Unterhaltung investieren müssen – was sie aber nicht automatisch taten. Neukölln hingegen investierte sogar mehr als 70 Prozent – auf Kosten anderer Bezirksgebäude: „In meinem Büro zieht es“, nannte Rämer als Konsequenz. Eine weitere Erklärung für die gute Bilanz ist die überproportionale Akquirierung von EU-Geldern. Und außerdem war der Bezirk auch erfolgreicher bei der Besetzung offener Stellen im Hochbauamt.

TREPTOW-KÖPENICK

Dringender Bedarf: 48,39 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 3,2 Millionen Euro Statt seine Dienstgebäude und Rathäuser zu sanieren, hat der Bezirk Treptow-Köpenick den Schwerpunkt auf die Schulen und Sporthallen gelegt; dementsprechend gut steht er im Gebäudescan da. „Das ist Ausdruck einer Schwerpunktsetzung, die wir nun mit einer Ungerechtigkeit bezahlt bekommen“, sagte Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD). Denn die Bezirke, die das Geld für ihr Rathaus ausgegeben haben, bekommen jetzt die benötigten Mittel zweckgebunden für die Schulsanierung, und auch Treptow-Köpenick erhalte etwas für die Schulsanierung, müsse dann aber zusehen, wie es aus Eigenmitteln das Rathaus in Schuss hält. In der Liste der am stärksten sanierungsbedürftigen 30 Schulen ist der Bezirk nicht vertreten.

MARZAHN-HELLERSDORF

Dringender Bedarf: 91,91 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 29,7 Millionen Euro

Hier liegt der dringende Sanierungsbedarf im unteren Bereich; hoch ist aber der Bedarf bei den Sporthallen: Er macht knapp ein Drittel aus. Der Bezirk taucht auf keiner der Schreckenslisten mit der Priorität 1 auf, da der junge Bezirk natürlich kaum teure Altbauten zu sanieren hat. Ärger gibt es trotzdem.

LICHTENBERG

Dringender Bedarf: 44,63 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 34,5 Millionen Euro Der Bezirk Lichtenberg steht im Vergleich recht gut da. Keine seiner Schulen befindet sich in der Liste der 30 sanierungsbedürftigsten Schulen, und auch unter den 81 Schulen mit zweiter Priorität findet sich der Bezirk nicht. Auffällig ist, dass der Anteil der Sporthallen am Sanierungsbedarf sehr hoch ist – er liegt bei 77 Prozent und damit in Relation zu allen Bezirken an der Spitze.

 

REINICKENDORF

Dringender Bedarf: 113,26 Millionen Euro

Davon Sporthallen: 9,7 Millionen Euro

Der Bezirk im Norden, der so unterschiedliche Ortsteile wie Frohnau und das Märkische Viertel umfasst, liegt im Mittelfeld bei Sanierungsbedarf. Auf der Schreckensliste taucht nur das Thomas-Mann-Gymnasium mit einem dringlichen Bedarf von 14,3 Millionen Euro auf, auf der zweiten Prioritätenliste mit den Schulen mit einem Sanierungsbedarf zwischen fünf und zehn Millionen Euro finden sich vier Schulen des Bezirks: die Gustav-Dreyer-Grundschule, die Bettina-von-Arnim-, die Gustav-Freytag- und die Toulouse-Lautrec-Schule.

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