Schulsanierung in Berlin: Schuld am Investitionsstau sind immer die anderen
In Berlin sind etliche Millionenprojekte gefährdet. Darunter leiden besonders die Schulen. Politiker in Spandau schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.
Große Hoffnungen haben die Schulen in das Sondervermögen "Infrastruktur für die wachsende Stadt" (SIWA) gesetzt, aber nun wird immer fraglicher, ob sich diese Hoffnungen auch erfüllen: Etliche Millionenprojekte sind gefährdet, wenn die Bezirke es nicht schaffen, ihre Planungen voranzutreiben. Dies ist besonders für jene Schulen bedrohlich, deren Entwicklung direkt mit den geplanten Baumaßnahmen zusammenhängen. Absehbar war das schon länger. Jetzt schieben sich die beteiligten Ressorts gegenseitig die Schuld zu. Beispielhaft ist das in Spandau zu sehen.
Zwar hat der Bezirk 15 Prozent seiner SIWA-Mittel ausgegeben und damit mehr als alle anderen Bezirke. Allerdings ist diese vermeintliche „Führungsrolle“ nur zwei Grundstücksankäufen geschuldet; die eigentlichen Baumaßnahmen kamen bislang ebenso wenig voran wie in den anderen Bezirken. Die Spandauer SPD wirft dem zuständigen CDU-Bildungsstadtrat Gerhard Hanke „Totalversagen“ vor: „Hanke verhindert mit seiner Schlamperei, dass Spandau die zusätzlichen SIWA-Millionen ausgeben kann. „Das schadet dem gesamten Bezirk“, kritisiert SPD-Fraktionschef Christian Haß.
Kleebank: „Ich sehe das Risiko, dass das Geld verloren geht“
Konkret betroffen sind in Spandau Millioneninvestitionen für die Grundschule am Windmühlenberg sowie für die B.-Traven-Gemeinschaftsschule, die mit dem Aufbau einer Grundstufe beginnen wollte. „Ich sehe das Risiko, dass das Geld verloren geht“, sagte Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) auf Anfrage. Er warf Hanke vor, dass er noch nicht einmal eine Machbarkeitsstudie vorgelegt habe, obwohl dies mit der Bildungsverwaltung im Januar 2016 verabredet worden sei.
Hanke weist diese Darstellung zurück: Nicht er, sondern Kleebank sei am Zuge gewesen: „Er musste uns einen Architekten benennen“, widersprach der Stadtrat dem Bürgermeister, denn Kleebank sei für die „Fremdvergabe“ zuständig gewesen. Das sei „verspätet“ erfolgt. Die Warnungen der Finanzverwaltung, wonach die SIWA-Mittel zu verfallen drohen, nannte Hanke „Schaumschlägerei“, da die Verwaltung die Gründe für die Verzögerungen kenne. Als Beispiele nannte er die Umsiedlung von Zauneidechsen, die das Vorankommen an einer weiteren SIWA-Schule beeinträchtigt habe. Die Äußerungen des SPD-Vorsitzenden Haß führte Hanke auf den Wahlkampf zurück.
Verzögerungen wegen „fehlender zeitlicher und personeller Ressourcen“
Hanke ist allerdings nicht nur bei SIWA in der Kritik, sondern auch bei anderen Bauvorhaben. So musste er in der Antwort auf eine BVV-Anfrage der SPD jüngst einräumen, dass sich mehrere schulische Bauprojekte wegen fehlender Bedarfsprogramme verzögern. Dies betrifft etwa die Sanierung des Carl-Friedrich-von-Siemens-Gymnasiums und den Neubau einer Sporthalle für die Schule an der Jungfernheide. Auch die Sporthalle des Lily-Braun-Gymnasiums werde sich verzögern: Der geplante Baubeginn könne nur dann „eventuell“ gehalten werden, wenn der Bezirk auf einen Modulbau umschwenkt, so Hanke in seiner Antwort. In den meisten Fällen begründet er die Verzögerungen mit „fehlenden zeitlichen und personellen Ressourcen“.
Trotz des Personalnotstands hat der Bildungsstadtrat vor vier Wochen eine neue Referentin für Öffentlichkeitsarbeit eingestellt, anstatt sein Schulamt zu verstärken. Seine Widersacher führen das darauf zurück, dass er mit Hilfe der Referentin seine Chancen bei der Wahl im September verbessern will, was Hanke bestreitet. Er ist allerdings CDU-Spitzenkandidat für den Posten des Bezirksbürgermeisters. Auf Anfrage räumte er am Mittwoch ein, dass er die neue Referentenstelle aus dem Personalbudget für die „Wachsende Stadt“ finanziert habe. Das habe er aber so mit seinen Abteilungsleitern „besprochen“, rechtfertigte Hanke sein Vorgehen.
Grüne wollen „Schul- und Bezirke Immobilien Management GmbHs“
Angesichts der Reibungsverluste beim Schulbau in den Bezirksämtern haben die Grünen vorgeschlagen, drei „Schul- und Bezirke Immobilien Management GmbHs“ (Subims) zu gründen, die alle Schulgebäude und Jugendfreizeitstätten bewirtschaften und sanieren sollen. Eine Gesellschaft würde sich jeweils um vier Bezirke kümmern. Die CDU hingegen will alle Aufgaben in den Bezirksämtern belassen, aber eigene Schulbauämter gründen und sie den Bildungsstadträten zuschlagen. Die SPD will bei Sanierungen unter 5,5 Millionen Euro alles so lassen wie es ist und nur für teurere Maßnahmen neue Landesgesellschaften gründen.
In diese Schulen floss noch kein Euro
Zu den vielen SIWA-Projekten, für die laut Finanzverwaltung bis 30. Juni noch kein einziger Euro geflossen war, gehört auch die Grundsanierung der Sporthalle der Friedrich-Schiller-Grundschule in Mahlsdorf, die Sanierung der Fassade und der Fenster an der Schule am Grünen Grund in Lichtenberg, der Neubau der Mensa für die Johanna-Eck-Schule in Tempelhof, die Sanierung der Fenster und Elektroanlagen des Beethoven-Gymnasiums, die Erweiterung von Hort und Mensa der Carl-Orff-Grundschule in Wilmersdorf, die Erneuerung der Fensteranlagen an der Bettina-von-Arnim-Schule in Reinickendorf sowie der erste Bauabschnitt der Ernst-Reuter-Schule in Mitte. Es gibt allerdings auch Bezirke, in denen bei allen Schulprojekten bereits Geld floss, darunter Neukölln, Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick.