Stadion für Hertha BSC: Neue Arena am Flughafen Tegel als „logischste Option“?
Berlins Erstligist will ein Fußballstadion bauen. Nach der Absage für den Olympiapark kursieren neue Standort-Ideen, andere sind vom Tisch. Ein Überblick.
Nach der Absage des Neubaus im Olympiaparks geht die Debatte weiter: Wo baut Hertha BSC sein neues Stadion? Am Tag danach gibt es jetzt auch eine Absage aus Brandenburg - und eine neue Standort-Idee.
Ursprünglich hatte Hertha BSC in Ludwigsfelde bauen wollen, südlich von Berlin gelegen. Vom Potsdamer Platz im Berliner Stadtzentrum sind es mit dem Regional-Express knapp 20 Minuten bis zum Bahnhof in Ludwigsfelde.
Dort hatte Hertha BSC ein 50.000-Leute-Stadion in einem Gewerbegebiet erdacht - mit gewaltigen Parkplätzen an der Ausfallstraße. "Eine echte Alternative, da wäre Hertha BSC sehr willkommen", hatte Herthas Präsident Werner Gegenbauer 2017 gesagt.
Doch jetzt hat auch Ludwigsfelde Hertha BSC abgesagt. "Die ursprünglich reservierte Fläche im Brandenburg-Park steht nicht mehr zur Verfügung", sagte eine Sprecherin der "MAZ" am Mittwoch. "Hertha BSC ist in Brandenburg herzlich willkommen“, hatte der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), selbst Fan des Vereins, dem Tagesspiegel gesagt. "Unser Angebot steht. Wir würden uns freuen, wenn Hertha sich dafür entscheiden sollte."
Weil sich aber die Fans und Vereinsmitglieder klar gegen Brandenburg ausgesprochen haben, liegt der Fokus auf die Standortsuche in Berlin. Die Fläche im Olympiapark ist blockiert - wo dann? Immer wieder wird der Nordwesten des neuen TXL-Campus ins Spiel gebracht. Das Gelände ist in öffentlicher Hand und ist nicht so emotional überladen wie etwa der Flughafen Tempelhof. Schon 2008 brachte der Senat den Standort TXL für das neue Stadion von Hertha BSC ins Spiel.
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Die "Berliner Morgenpost" nennt nun einen weiteren Standort, der bei Hertha im Blickpunkt liege: Buchholz Nord. Es gehe um eine 200 Hektar große Gewerbefläche im Senatsbesitz zwischen den Autobahnausfahrten Bucher Straße und Schönerlinder Straße in Buchholz Nord im Bezirk Pankow. Auch an den öffentlichen Nahverkehr könnte man die Fläche leicht anschließen. Die S-Bahnlinie 8 führt durch dieses Gebiet, bisher aber ohne Halt.
SPD-Fachmann: Logischer als Pankow sei TXL
Doch der SPD-Abgeordnete Dennis Buchner, der in die Stadiondebatte sehr involviert ist, hält das aber für unrealistisch. „Buchholz Nord ist meines Wissens nicht allzu hoch im Ranking bei Hertha“, sagt er. Hertha sei ein klassischer West-Verein, „ich glaube nicht, dass man in den Osten gehen möchte“ - auch wenn die Hälfte der Fans aus Brandenburg kommt.
Eine Nachfrage im Pankower Bezirksamt brachte ebenfalls wenig Zählbares. Baustadtrat Vollrad Kuhn (B'90/Grüne) teilte mit, von einer Option "Hertha-Stadionneubau in Buchholz" sei ihm bislang nichts bekannt.
Das Stadion im Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg, das von vielen Herthafans favorisiert wird, ist definitiv aus dem Spiel. Nach der Vereinsgründung war hier auf dem "Exer" die erste Spielstätte, bis Hertha im Jahre 1904 zur späteren "Plumpe" nach Gesundbrunnen zog. Das alte Jahn-Stadion soll zwar demnächst abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden - doch für Hertha wird auch künftig kein Platz sein. „Ein Stadion der Größenordnung, wie Hertha es will, kriegt man dort nicht hin. Außerdem wäre die Verkehrssituation schwierig.“
Als „logischste Option“ im Falle einer Erbbaupacht auf landeseigener Fläche sieht Buchner das Flughafengelände Tegel. „Doch dafür bräuchten wir das Ende des Flugbetriebs.“ Auch die fehlende Verkehrsanbindung sei ein Thema, allerdings müsse man dafür angesichts der geplanten Wohnbebauung ohnehin eine Lösung finden. Eine Möglichkeit könnte ein Abzweig der U-Bahnlinie 6 sein, die in der Nähe des Flughafens verläuft.
Verlängerung der Siemensbahn nach TXL?
Es gibt aber noch eine weitere Idee: die Verlängerung der S-Bahnlinie Siemensbahn, die derzeit eh gebaut wird, weil Siemens 600 Millionen Euro in den Campus steckt. Eine Verlängerung der Linie über Gartenfeld hinaus soll eh vorbereitet werden - sie könnte nach TXL führen mit ein oder zwei Stationen.
SPD-Mann Buchner geht davon aus, dass sich Senat und Verein nun noch einmal eingehend mit einem Umbau des Olympiastadions befassen. Das von Hertha angestrebte Ziel, 2025 im eigenen Stadion zu spielen, hält Buchner jedenfalls für nicht mehr erreichbar. „Das wäre aber auch im Olympiapark schwierig geworden.“
Gut 50 Standorte hatte Hertha BSC geprüft - einige davon liegen kurz hinter der Berliner Stadtgrenze. Im Westen von Berlin nennt die Liste folgende Standorte: Seeburg (hinterm Hahneberg), nahe Satzkorn, am Dreieck Spandau oder am Flugplatz Staaken. Dort führt die Heerstraße lang (wie am Olympiastadion), die Bahn ist nah, der Autobahnring auch. "Ich kommentiere keine Standorte, biete aber Hertha gerne einmal an, dass wir uns zusammensetzen und gucken, ob wir ein Gelände für ein neues Stadion finden bei uns", sagte Spandaus Baustadtrat Frank Bewig, CDU. "Ich kann den Wunsch des Vereins, nach einem eigenen Stadion verstehen."
Auch im Süden tauchen Standorte auf: zwischen Teltow und Marienfelde, Dreilinden und Ludwigsfelde. Im Norden: nahe Oranienburg. Und im Osten: bei Hoppegarten und kurz hinter Hohenschönhausen.
Diese Standorte wurden geprüft nach den Kriterien Verkehrsanschluss, Konfliktfelder, Wirkung, Wohnungsbau und anderen Faktoren. Gut zehn Flächen innerhalb und außerhalb der Stadt blieben übrig.
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