Hertha BSC: Umbau des Olympiastadions ist endgültig vom Tisch
Debatte um Stadion-Neubau: Politik sucht nach Lösungen auch in München, wo das Olympiastadion leer steht. In Berlin protestieren 350 Anwohner mit einem Brief.
Von München lernen – in Sachen Fußball ist das gar nicht so verkehrt. Der Sportausschuss des Abgeordnetenhauses reiste am Donnerstag für zwei Tage in die bayerische Hauptstadt, um sich dort das denkmalgeschützte Olympiastadion anzuschauen, in dem seit 2005 kein Spiel mehr angepfiffen wird, weil Bayern München in die Allianz Arena gezogen ist. Eine vergleichbare Situation könnte 2025 in Berlin entstehen, wenn Hertha BSC die hiesige Olympia-Arena verlässt, um in einem eigenen Stadion am Rand des Olympiaparks Fußball zu spielen.
„Wir sprechen mit der Geschäftsführerin des Münchener Olympiaparks, Marion Schöne, über die Lage vor Ort und wollen einen Eindruck bekommen, wie so ein großes Gelände aussieht und funktioniert, wenn der Ankermieter nicht mehr da ist“, sagte die Vorsitzende des Sportausschusses, Karin Halsch. Auch die Allianz Arena werden die Abgeordneten am Freitag besichtigen.
Die Bayern-Heimstatt ist jedoch größer und luxuriöser als der geplante Hertha-Neubau. Am 28. September wird der Sportausschuss sich wieder mit den Bau- und Umzugsplänen des Berliner Bundesligavereins befassen. Die Haltung des Senats ist klar: „Ein Umbau des Olympiastadions zu einem reinen Fußballstadion kommt nicht in Frage“, teilte die Sportverwaltung auf eine Anfrage der AfD am Donnerstag mit. Diese teure Alternative zum Neubau ist endgültig vom Tisch.
Es formiert sich Widerstand
Aber es formiert sich Widerstand. Anwohner des Olympiastadions wehren sich in einem offenen Brief gegen die Neubaupläne von Hertha BSC. Dabei richtet auch die IG Ruhleben, die nach eigenen Angaben die Interessen von 350 Haushalten in dem Ortsteil im Westen Berlins vertritt, den Blick nach München.
„Die Allianz Arena steht vor den Toren Münchens, ist mit Autobahn und nur einer U-Bahntrasse offensichtlich ausreichend angebunden und erfreut sich trotz Randlage größter Beliebtheit“, steht in dem Protestbrief. Hertha BSC hatte auch Grundstücke im Umland – etwa in Ludwigsfelde – geprüft. Einen Umzug nach Brandenburg haben die 35 000 Vereinsmitglieder aber strikt abgelehnt.
Ein Stadionneubau am Rand des Berliner Olympiaparks sei unverantwortlich, meint die IG Ruhleben. Sechs Häuser müssten abgerissen werden („bei derzeitiger ausufernder Wohnraumknappheit“), Wald würde gerodet („fünf Hektar“) und viel Erde bewegt. Die Rede ist von einem „gigantischen Eingriff in die Geologie mit Erdbewegungen“ und „ca 10 000 bis 12 000 Lkw-Ladungen“ – das übertreffe die „meisten Großbaustellen Berlins um ein Vielfaches“.
Schon jetzt sei der Lärm rund um das riesige Veranstaltungsgelände groß, berichten die Anwohner. Als Beispiele angeführt werden in dem Brief das Musikfestival Lollapalooza, um das es zuletzt großen Ärger wegen Ruhestörungen gegeben hatte, das Feuerwerksfest Pyronale, die Konzerte in der Zitadelle in Spandau, die Waldbühne, das Müllheizkraftwerk der Berliner Stadtreinigung, das Kraftwerk Reuter und auch die großen BVG-Werkstätten rund um den U-Bahnhof Olympiastadion.
Kritisiert wird auch die geplante „ganzjährige Eventisierung des Areals durch Gastronomie und Biergarten“. Daher wäre ein Stadionneubau „für uns Anwohner mit einer weiteren, enormen Belastung verbunden“. Die Siedlung Ruhleben befindet sich im Wald zwischen Stadion, Waldbühne und U-Bahnhof, direkt an der Bezirksgrenze zu Spandau. Der vor 100 Jahren gegründete Siedlerverein IG Ruhleben bittet die Politik darum, „den tatsächlich betroffenen Anwohnern von Ruhleben und Westend ein offenes Ohr zu schenken“.
Der Senat hat noch nicht entschieden
Noch ist nicht entschieden, ob der Senat und die Koalitionsfraktionen SPD, Linke und Grüne dem Neubau einer Fußballarena für 55.000 Zuschauer in unmittelbarer Nachbarschaft zum Olympiastadion zustimmen werden. Obwohl Hertha die Baukosten trägt und für das etwa 5,5 Hektar große Gelände eine Erbpacht ans Land Berlin zahlen muss, über dessen Höhe derzeit verhandelt wird. Der Umbau des Olympiastadions zu einer fußball-kompatibleren Multifunktionsarena, von dem sich der Senat nun verabschiedet hat, hätte den Landeshaushalt mit mindestens 200 Millionen Euro belastet.
Mit den Anwohnern der sechs Häuser, die solitär am Olympiapark liegen und die abgerissen werden sollen, sucht Hertha nach eigenen Angaben Lösungen. Geklärt werden müssen auch noch Denkmalschutz- und Lärmschutzfragen. Außerdem muss die Zufahrt zum Olympiapark teilweise verlegt werden.