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Die Siedlung Olympiapark, 1975 für Offiziere der britischen Streitkräfte gebaut, liegt in der Bildmitte.
©  Architektur- und Planungsbüro AS+P/dpa

Wohnungen im Berliner Olympiapark: Für Herthas neues Stadion müssten die Mieter weichen

Der neue Eigentümer der Wohnanlage an der Sportforumstraße will einem Stadionneubau nicht im Weg stehen. Derzeit laufen die Gespräche mit Hertha BSC.

Die einzigen Geräuschquellen hier sind Rasenmäher- und sprenger. Das gelegentliche Brummen und Zischen vom Hockeystadion und diversen anderen Grünflächen im „Olympiapark“ dringt zudem eher gedämpft bis zur gleichnamigen Mini-Siedlung im Charlottenburger Westend. Die Mieter in den sechs gepflegten zweistöckigen Wohnhäusern an der Sportforumstraße haben es gut getroffen: am Ende einer Sackgasse, im Grünen, ohne Verkehrslärm, dennoch stadtnah und, quasi als Bonbon, die U-Bahn gleich um die Ecke. Ihnen droht jedoch Ungemach, wenn die Pläne zum Tragen kommen, die in der Vorstandsetage von Hertha BSC ausgebrütet werden. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass Berlins Bundesligist einen neuen Fußballtempel in den Olympiapark setzen darf, müssten die Mieter weichen.

„Ja, wir sind mit Hertha im Gespräch“, bestätigt Thorsten Schmitt, Vorstandsmitglied der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, die zu Beginn des Jahres die Wohnanlage von einem norwegischen Fond gekauft hat. „Denn einem Stadionneubau möchten wir nicht im Wege stehen.“ Er sei nämlich sicher, dass allein schon wegen der zu erwartenden Lärmentwicklung ein so großer, offener Veranstaltungsort nicht genehmigt würde, wenn im direkten Umfeld weiterhin Wohnen stattfände, sagt Schmitt.

Potenziellen neuen Mietern werde inzwischen auch klipp und klar gesagt, dass sie sich nicht unbedingt auf ewig einrichten dürften. „Es gibt die Vereinbarung, dass Hertha uns die Häuser abkauft, wenn es zum Stadionbau kommt. Was der Verein dann im Fall des Falles damit macht, bleibt ihm überlassen.“ Ins finanzielle Detail möchte Schmitt nicht gehen, sich weder dazu äußern, was die Genossenschaft für die Anlage gezahlt hat, noch welche Ausgleichszahlung von dem Verein gegebenenfalls zu erwarten ist.

Bewohner: "Besser als hier kann man eigentlich gar nicht wohnen"

„Das wäre alles andere als schön, wenn wir hier raus müssten“, sagt eine Bewohnerin, die eben ihren Abfalleimer zum eingezäunten Müllplatz trägt. „Denn besser als hier kann man eigentlich gar nicht wohnen.“ Alle Apartments seien gleich groß, mit jeweils fünf Zimmern plus Balkon auf 105 Quadratmetern. Ordentlich ausgestattet sind die Etagen offenbar auch, schließlich wurden sie 1975 für Offiziere der britischen Streitkräfte gebaut, die bis 1994 das Sagen im heutigen Olympiapark hatten. Feines Eichenparkett ziert laut einer Maklerbeschreibung mit Ausnahme des Bads alle Räume. Und wie in den ehemaligen Alliierten-Wohnungen in Dahlem sind allenthalben auch ungemein praktische Einbauschränke zu finden. Und der Mietpreis? „Geht noch“, sagt die Frau lachend und schwenkt ihren geleerten Eimer. Im Internet bot vor einiger Zeit ein Makler eine der Wohnungen für 1158 Euro pro Monat an.

Das Thema Stadionneubau wird auch im Internet diskutiert. In einem Forum auf www.hertha-inside.de postet zum Beispiel Teilnehmer Mike Spring: „Man kennt das von anderen Stadien in der Nähe von Wohngebieten: Überall gibt es Probleme mit Fans, die in die Vorgärten urinieren. Und das ist sicher nicht schön.“

Vis-a-vis der Mietshäuser blieb noch ein Tennisstadion erhalten

An solche Schreckensbilder mag Thorsten Schmitt gar nicht denken. Ihm täte es auf jeden Fall leid, wenn seine Genossenschaft diese Siedlung verlöre. „Zumal wir mit dem Kauf der Wohnanlage ein Kleinod dazu bekommen haben, von dem viele Berliner noch nie gehört haben.“ Zu dem für die Olympischen Spiele 1936 entstandenen „Reichssportfeld“ gehörten nämlich auch Tennisplätze. Diese waren östlich der Sportforumstraße angelegt, verteilt auf drei Abschnitte mit jeweils vier nebeneinander liegenden Plätzen.

Von dieser Anlage ist heute einzig ein direkt vis-a-vis der Mietshäuser gelegenes Tennisstadion erhalten, das wie das Olympiastadion um einige Meter in den Boden eingelassen ist. Und es steht unter unter der Nummer „09040530, Teilobjekt 9“ in der Denkmalliste. Doch wie sieht es nur aus! Die Ränge sind zwar noch gut erkennbar, jedoch von Bäumen und Gesträuch überwuchert. Das einstige Spielfeld ist zu einem Kinderspielplatz umfunktioniert. „Es wäre schön, wenn wir das irgendwann wieder nahe am Original herrichten könnten“, sagt Thorsten Schmitt. Kuriosum am Rande: Tennis gehörte 1936 gar nicht zum olympischen Programm.

Zählt Denkmalschutz nichts mehr im Bezirk?

Wie verhält sich die Untere Denkmalschutzbehörde im bezirklichen Rathaus dazu? Erst vor 14 Tagen mussten wir berichten, dass das Bezirksamt den Denkmalschutz beim Gebäudeensemble „Haus der Kirche“ in Charlottenburg schon vor Jahren über Bord geworfen und kürzlich gar dem wenig christlichen Antrag auf Abriss eines Studentenheims zugunsten neuer Amtsstuben stattgegeben hat. Zählt Denkmalschutz nichts mehr im Bezirk?

Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen) möchte auch in diesem Fall nicht mit dem Tagesspiegel sprechen. Mehrfache Bitten um eine Stellungnahme blieben erneut ohne Erfolg.

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