Kein neues Stadion im Olympiapark: Wo könnte Hertha stattdessen bauen?
Die 100 Anwohner wollen nicht weichen - damit ist das Projekt gescheitert. Kommt jetzt doch der Neubau in Brandenburg?
Schwerer Rückschlag für Hertha BSC um den Stadion-Neubau im Olympiapark: Die rot-rot-grüne Koalition hat die Pläne beerdigt - das Stadion ist damit quasi vom Tisch.
„Nachdem die Genossenschaft nunmehr erklärt hat, dass sie das Grundstück und die Häuser nicht verkaufen wird, ist ein Stadion im Olympiagelände nicht zu realisieren“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Regierungsfraktionen. Die Koalition habe stets deutlich gemacht, dass für den Neubau an dem von Hertha BSC gewünschten Standort eine Lösung für die knapp einhundert Bewohnerinnen und Bewohner auf dem dafür benötigten Grundstück zentrale Bedingung sei.
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Kurz zuvor hatte der RBB berichtet, dass die "Wohungsgenossenschaft 1892" dem Verein mitgeteilt habe, "dass wir mit Ablauf des 31. März 2019 nicht länger bereit sind, unsere Häuser in der Sportforumstraße an Hertha BSC zu veräußern". Demnach will die Genossenschaft in die Häuser in der Straße investieren und "mit dem Bezirk ausloten, ob und inwieweit behutsame Erweiterungsmöglichkeiten bestehen".
Statt eines neuen Stadions sollen dort also mehr Wohnungen entstehen. Konkret ging es um 24 Wohnungen, die für das Stadion hätten abgerissen werden sollen.
Für die sportpolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Ludwig, ist „die Stadiondebatte damit beendet, jedenfalls am Standort Olympiapark“. Wenn die Genossenschaft 1892 nicht mitspiele, könne Hertha BSC auf dem Grundstück zwischen Olympiastadion und gleichnamigem U-Bahnhof nicht bauen. „Über die ablehnende Haltung der betroffenen Anwohner werden wir uns nicht hinwegsetzen“, sagte sie.
In den vergangenen Wochen ist die Kritik an der Verhandlungsführung und dem Kommunikationsstil der Vereinsführung deutlich gewachsen. Das gilt für den Senat, die Regierungsfraktionen, den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und die Anwohner in Ruhleben. Koalitionsintern wird offenbar über einen alternativen Standort oder doch über behutsame Umbaumaßnahmen im Olympiastadion im Sinne von Hertha nachgedacht.
Von Kladow bis Pankow: Hier der Tweet mit allen Standorten in Berlin
Berlins Fußball-Erstligist gibt trotzdem noch nicht auf. "Wir waren uns stets darüber im Klaren, dass auch eine solche Situation eintreten könnte", erklärte Hertha BSC. "Wir werden den Sachverhalt zunächst intern bewerten und uns zu gegebener Zeit zu den weiteren Schritten unseres Arenaprojektes öffentlich äußern.“ Die Ende März abgelaufene Frist zum Erwerb der Wohnungen in der Sportforumstraße rühre in keiner Weise an den Plänen des Vereins, ab 2025 in einer eigenen Fußballarena zu spielen. Ebenso bleibe es der ausdrückliche Wunsch von Hertha BSC, diese Arena in Berlin zu bauen, "idealerweise im Olympiapark".
Doch wo könnte stattdessen gebaut werden? Die Stadt ist damit wieder im Jahr 2017 angekommen. Damals hatte Hertha BSC rund 50 Standorte untersucht; zum Schluss blieben zwei übrig - das am Olympiastadion mit den Sportflächen und dem S- und U-Bahnanschluss. Oder Ludwigsfelde in Brandenburg.
Damals schrieb Hertha-Chef Werner Gegenbauer an die mehr als 30.000 Mitglieder: "Falls sich der Berliner Senat trotzdem gegen unseren Wunsch stellt, im Olympiapark zu bauen: Dann haben wir mit dem Brandenburg Park in Ludwigsfelde – nur 18 Minuten mit der Bahn vom Potsdamer Platz entfernt – eine echte Alternative gefunden. Hier wäre Hertha BSC sehr willkommen." Doch die Fans sprachen sich gegen einen Neubau in Brandenburg aus.
Lesen Sie mehr zur Stadiondebatte im Tagesspiegel
- Ohne Vertreter des Bundesliga-Fußballklubs diskutierte die CDU in Westend über das geplante neue Stadion. Zur Bürgerversammlung war Hertha nicht geladen. Hier der Tagesspiegel-Text vom Donnerstag.
- Sommer 2017: "Einem Stadionneubau möchten wir nicht im Wege stehen", sagt der Eigentümer der umstrittenen Wohnanlage am Rand des Olympiaparks. Potenziellen neuen Mietern werde inzwischen auch klipp und klar gesagt, dass sie sich nicht unbedingt auf ewig einrichten dürften. „Es gibt die Vereinbarung, dass Hertha uns die Häuser abkauft, wenn es zum Stadionbau kommt. Lesen Sie hier den Tagesspiegel-Text aus dem Sommer 2017.
- Frühsommer 2018: 1100 Fahrradstellplätze am Hertha-Stadion geplant. Näher ran an die U-Bahn, Vorbild Bilbao, privates Geld für den Neubau. Details zur Stadiondebatte im Abgeordnetenhaus. Hier der Tagesspiegel-Text.
- Mai 1998: "Stadionneubau ist die beste Lösung". Enges Stadion, keine Laufbahn, Denkmalschutz, Standort Olympiapark - alles schon mal dagewesen. "Neubau wäre die beste Lösung", sagte der Senator. Hier der Tagesspiegel-Text.
- Herbst 2018: Anwohner wehren sich gegen Stadionneubau von Hertha BSC. Schon jetzt sei es laut - nicht nur durch Fußball. Der Tagesspiegel-Text, die Leserdebatte.
- Herbst 2018: Umbau des Olympiastadions ist endgültig vom Tisch. Hier der Tagesspiegel-Text.
- Frühsommer 2018: „Das sind gut kalkulierbare Risiken“. Herthas Finanzchef Ingo Schiller möchte den Olympiapark beleben und glaubt, dass der Verein ein eigenes Stadion finanzieren könnte. Auch einen Namenssponsor soll es geben. Hier das Tagesspiegel-Interview.
Ulrich Zawatka-Gerlach