Comic-Bestenliste: Die besten Comics 2015 – Daniela Schreiters Favoriten
Welches sind die besten Comics des zu Ende gehenden Jahres? Das wollen wir von unseren Lesern und von einer Fachjury wissen. Heute: Die Top-5-Titel von Comicautorin Daniela Schreiter („Schattenspringer“).
Auch in diesem Jahr fragen wir unsere Leserinnen und Leser wieder, welches für sie die besten Comics der vergangenen zwölf Monate waren. Parallel dazu war wie bereits in den vergangenen Jahren wieder eine Fachjury gefragt worden – die in diesem Jahr allerdings neu zusammengesetzt wurde. Die Jury bestand diesmal, mit Ausnahme des Tagesspiegel-Vertreters, komplett aus Comicschaffenden und Fachhändler/innen:
Sarah Burrini, Comic-Autorin und Zeichnerin ("Das Leben ist kein Ponyhof" u.a.) - ihre Favoriten finden sich unter diesem Link
Gesine Claus, Comic-Fachhändlerin (Strips & Stories, Hamburg) - ihre Favoriten finden sich unter diesem Link
Michel Decomain, Comic/Manga-Autor ("Demon Lord Camio", "Dead Ends" u.a.) - seine Favoriten finden sich unter diesem Link
Mawil, Comic-Autor und Zeichner ("Kinderland" u.a.) - seine Favoriten finden sich unter diesem Link
Daniela Schreiter, Comic-Autorin und Zeichnerin ("Schattenspringer" u.a.) - ihre Favoriten finden sich unter diesem Link
Lars von Törne, Tagesspiegel-Redakteur (www.tagesspiegel.de/comics) - seine Favoriten finden sich unter diesem Link
Micha Wießler, Comic-Fachhändler (Modern Graphics, Berlin) - seine Favoriten finden sich unter diesem Link
Frank Wochatz, Comic-Fachhändler (Comics & Graphics, Berlin) - seine Favoriten finden sich unter diesem diesem Link
Barbara Yelin, Comic-Autorin und Zeichnerin ("Irmina" u.a.) - ihre Favoriten finden sich unter diesem Link
Alle Mitglieder der Jury haben bis Ende November 2015 ihre fünf persönlichen Top-Comics des Jahres gekürt, die in den bis dahin vergangenen zwölf Monaten auf Deutsch erschienen sind. Jeder individuelle Favorit wurde von den Jurymitgliedern mit Punkten von 5 (Favorit) bis 1 (fünftbester Comic) beurteilt. Daraus ergab sich dann die Shortlist, auf der alle Titel mit mindestens fünf Punkten landeten. Diese Shortlist wurde dann abschließend von allen neun Jurymitgliedern erneut mit Punkten bewertet - daraus ergibt sich die Rangfolge der besten Comics des Jahres, die sich hier findet.
Hier dokumentieren wir die Favoriten der Comicautorin und Zeichnerin Daniela Schreiter („Schattenspringer“, Panini-Verlag).
Platz 5:
„Ms. Marvel“ von G. Willow Wilson und Adrian Alphona (Panini)
Eine Superheldin, die nicht blond und hellhäutig ist, 90-60-90-Maße hat, in einem supersexy Kostüm herumhüpft und ein Selbstbewusstsein besitzt, das bis zum Mond reicht. Kamala ist so ziemlich das genaue Gegenteil davon: Sie ist Muslima, Tochter pakistanischer Einwanderer, Geek-Girl und Außenseiterin, die aufgrund ihrer Religion und Kultur immer etwas anders von ihren Schulkameraden behandelt wird. Nun bekommt sie plötzlich ohne Gebrauchsanleitung ein Upgrade zu Superheldin und muss diese neuen Kräfte erstmal mit Schule und Familie unter ein Superheldencape bekommen. „Ms. Marvel“ bietet viel Comicaction mit einer ordentlichen Prise Humor, neben den typischen „Good vs. Evil“-Geschichten wird aber auch viel Raum für das Privatleben von Kamala gelassen. Ddenn ihr Alltag als 16-jähriger Super-Teenager ist mindestens genauso interessant wie die nächtlichen Ausflüge als neue Ms. Marvel.
Platz 4:
„Das Nichts und Gott“ von Aike Arndt (Zwerchfell)
Gott hat die Erde erschaffen und dabei den 1. Platz und 500 Euro gewonnen. Aber das Nichts musste auch noch her, denn das ist auch sehr, sehr wichtig (auch wenn viele Menschen das überhaupt nicht so sehen). Zum Glück hat Gottes Oma das Rezept aus der „Brigitte“ vermurkst und ... Na, den Rest müsst ihr schon selbst lesen! Und das lohnt sich: Arndts Nachfolger von „Die Zeit und Gott“ ist urkomisch, hinreißend gezeichnet und herrlich verspielt. Hier habt ihr die Antwort auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest, die ausnahmsweise mal nicht „42“ lautet.
Platz 3:
„Dich hatte ich mir anders vorgestellt ...“ von Fabien Toulmé (avant)
Fabien Toulmés autobiographischer Comic erzählt von seinen Erfahrungen als frisch gebackener Vater einer Tochter mit Down-Syndrom. Der Comic überrascht auf eine merkwürdige Art und Weise: Man kann sich zu Beginn als Leser überhaupt nicht auf Toulmé einlassen, ja man wird direkt wütend, denn er kann seine Tochter Julia nicht lieben. Er hat Angst, fühlt Trauer und Ohnmacht und wünscht sich nichts sehnlicher, als ein „normales“ Kind zu haben. Erst nach und nach lernt er, nicht die Behinderung, sondern den Menschen in seiner Tochter zu sehen. So, wie Toulmé endlich Liebe für Julia empfindet und glücklich ist, taut man als Leser ebenfalls auf. Am Ende löst der Nachsatz den eigentlichen Titel ab: „... aber ich bin trotzdem froh, dass du da bist.“
Das hier sind die beiden Top-Titel von Daniela Schreiter
Platz 2:
„Q-R-T: Der neue Nachbar“ von Ferdinand Lutz (Reprodukt)
Der Außerirdische Q-R-T, der von einem Planeten stammt, auf dem alle ewig Kind bleiben, ist auf einer ganz besonderen Mission unterwegs. Zusammen mit seinem Haustier Flummi, das sich in alles und jeden verwandeln kann, erforscht er diese völlig chaotische und auch oft unlogische Welt der Menschen. Der Comic ist von Ferdinand Lutz so liebevoll gezeichnet und witzig geschrieben, dass er das Leserherz schneller erobert als man „ZGBENG“ sagen kann. Auch wenn „Q-R-T“ in der Kindercomic-Reihe von Reprodukt erscheint (vorher wurde der kleine Außerirdische in der Kinder-Zeitschrift „Dein Spiegel“ bekannt), ist er für erwachsene Leser ein genauso großer Spaß. Werte wie Freundschaft, Integration und Toleranz kann man auch als älterer Erdbewohner aus diesem Comic lernen.
Platz 1:
„Richtung“ von Marc-Antoine Mathieu (Reprodukt)
Ein Sucher in der Wüste. Mathieus namenloser Protagonist findet sich in einer kargen Landschaft wieder, in der nur Pfeile ihm den Weg weisen. Eine poetische Reise, die in einer Art surrealen Traum eingebettet ist: Das einsame Individuum verliert sich selbst und findet sich wieder, nur um sich sofort wieder zu verirren. Ein Comic, der ohne Worte auskommt und der trotz der zurückhaltenden Schwarz-Weiß-Bilder so bildgewaltig zum Leser greift, dass man sofort mit in dieses Labyrinth hineingezogen wird.
Daniela Schreiter
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