"Das Nichts und Gott" von Aike Arndt: Göttliches, allzu Göttliches
Wie entstand nochmal das Universum? Und wie bereiten sich Schneeflocken auf die Landung vor? Aike Arndt hat da so eine Theorie. In seinem sehr witzigen Comic "Das Nichts und Gott" hat er sie aufgezeichnet.
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde? Nicht bei Aike Arndt. Dort steht Gottes Großmutter in der Küche und will ein Universum backen. Doch das Ganze misslingt, heraus kommt nur ein kleiner Klumpen aus schwarzer Materie, Kohlenstoff und Mehl. Immerhin reicht es noch als Spielzeug für das Enkelkind, das einst in einen großen Topf voller Nichts fiel. Aber weil das Kind den Klumpen verschluckt und dieser so mit dem Nichts in Berührung kommt, entfaltet sich das Universum doch noch zu unendlicher Größe - "und die Geschichten begannen".
Aike Arndt hat diese Geschichten aufgezeichnet, zum zweiten Mal schon. "Das Nichts und Gott", erschienen im Zwerchfell Verlag, übertrifft sogar noch den auch schon sehr gelungenen Vorgänger "Die Zeit und Gott". Konzentrierter geht der Berliner Zeichner diesmal zur Sache und stringenter. Zudem ist der Humor der einzelnen Episoden noch hintersinniger und nimmt sogar Bezug auf aktuelle gesellschaftliche Themen, zum Beispiel den Umgang Europas mit Flüchtlingen.
Schneeballschlacht mit dem Teufel
Im Mittelpunkt der Geschichten steht Gott, jenes etwas unförmige, niedliche Wesen, das bei Arndt kein Geschlecht hat, oder aber alle. Stets gut gelaunt ist dieser Gott, verspielt und sehr neugierig. Er fragt sich etwa, warum alle Menschen ständig arbeiten müssen und möchte es auch mal probieren. Doch dann verläuft er sich im Wald und trifft Friedrich Nietzsche. Oder er macht die Wetterplanung mit den beiden Wolken Giselle und Jürgen, was in einer Schneeballschlacht mit dem Teufel, dem Weihnachtsmann und dem Tod mündet.
Sehr schön gestaltet hier Arndt den Übergang zwischen den Episoden, auch zeichnerisch. Wie überhaupt sein flotter, reduzierter Strich den humorvollen Ton des Comics verstärkt. Die Hauptfiguren haben einfachste, aber markante Formen, weshalb Arndt sie problemlos herumwirbeln kann.
Mal setzt er dabei auf Slapstick, wenn etwa Gott und Mond ein überlanges Begrüßungsritual vollführen. Mal leben die Zeichnungen von den witzigen Details, etwa wenn auf einer Doppelseite die Entwicklung der Menschheit von den Höhlenbewohnern bis zur Gegenwart karikiert wird.
Chaos und Anarchie als treibende Kräfte
Die Episoden selbst, die zwischen drei und zehn Seiten umfassen, sind ausnahmslos gelungen und urkomisch. Nicht nur Gott und Teufel, sondern auch melancholische Schneeflocken und eine redselige Eule bevölkern diese Welt und führen philosophische Gespräche über das Sein, was Arndt jedoch stets mit einem Augenzwinkern versieht. Hinzu kommen viele Anspielungen: mal auf Arndts Verleger oder andere Comicschaffende, mal auf sein liebstes Death-Metal-Album "Tales From The Thousand Lakes" der Band Amorphis und mal auf die Auswüchse der digitalen Welt.
Gern lässt Arndt dabei seine Geschichten plötzlich in völlig neue Richtungen abdrehen, als wären sie nicht schon absurd genug. So erschafft Gott etwa eine Landschaft, wird dann jedoch von der Sonne gerügt, dass er nicht einfach so gegen Evolution und Naturgesetze verstoßen könne. Die Diskussion, die auf den vor allem in den USA verbreiteten Kreationismus anspielt, gipfelt in dem Satz des Mondes: "Erst durch Chaos und Anarchie kann ein Universum reifen und sich entwickeln." Arndts Gott entspricht nicht der menschlichen Ernsthaftigkeit und Ordnung. Sein Gott ist eine zutiefst verspielte und deshalb anarchische Macht. Schöner kann man kaum erklären, warum die Welt so ist wie sie ist.
Aike Arndt: Das Nichts und Gott, Zwerchfell, 68 Seiten, 12 Euro
Markus Lippold
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