Unser Countdown zum 50. Jahrestag der Mondlandung: Als "Alarmcode 1202" Neil Armstrong fast auf den letzten Metern stoppte
Dass Edwin Aldrin und Neil Armstrong auf dem Mond ankamen, verdanken sie Details in einem Computerprogramm, die die Nasa lange gar nicht wollte.
Unser Countdown begann am Tag "Minus 10" vor dem 50. Jahrestag des ersten Schrittes auf dem Mond. Jene folglich mit "10" nummerierte erste Folge ist hier gestartet. Ein Weltraumspaziergang zur zweiten ist hier möglich. Die traurige dritte ist hier als Countdown-Ziffer"8" im Orbit. Die eher erdige vierte findet sich hier. Die fünfte dreht ihre Loopings hier. Von einer starken Rakete erzählt die sechste hier. Die Vermächtnisse eines sowjetischen "Giganten" werden hier in der siebten Folge thematisiert. In der achten hier geht es um große Unsicherheiten und nie ausgesprochene Worte des Trostes, in der neunten hier um ein Rendezvous.
Der Adler hat Flügel. Diesen Funkspruch sandte der Kommandant von „Apollo 11“, Neil Armstrong, heute vor 50 Jahren. Jener „Adler“, englisch „Eagle“, entfernte sich nun langsam von der Kommandokapsel namens „Columbia“. Pilot Edwin Aldrin saß neben Armstrong. Weniger poetisch als zuvor hörte man dann bald Armstrongs Stimme berichten, die Zündung der Bremsraketen sei rechtzeitig erfolgt. Der Abstieg begann, und auf etwa 15 Kilometern Höhe über der Mondoberfläche flackerte auf dem Bordcomputer die Zahl 99 auf. Armstrong hatte jetzt fünf Sekunden, zu entscheiden, ob der Landeanflug fortgesetzt wird. Oder ob der Adler zur Columbia zurückkehrt. Er drückte „Fortfahren“.
Armstrong fliegt, und Collins simuliert nicht gern
Bis dahin war diese Mission problemlos verlaufen. Das sollte nicht so bleiben. Der miserable Funkkontakt, geschuldet einem Hitzeschild, der die Sendeantenne abschirmte, war nur eine der Schwierigkeiten. Berechnungsfehler, die dazu führten, dass der geplante Landeplatz meilenweit verfehlt wurde, kamen dazu. Ersteres wurde durch leichte Lagekorrekturen der Fähre einigermaßen in Grenzen gehalten. Die Zielabweichung kompensierte Armstrong mit seinen Flugkünsten. Auf Sicht fliegend fand er fast mit dem letzten Tropfen Treibstoff einen geeigneten Landeplatz. Zum Abbruch aber hätten fast die Ziffern 1202 geführt.
In der Kommandokapsel war, als Armstrong den „Fortfahren“-Knopf drückte, Michael Collins weiter auf seiner Umlaufbahn unterwegs. Dieser dritte Mann der Mission war der einzige, dessen Stiefel nicht den Boden des Mondes berühren sollten. Er sagte kürzlich auf die Frage, warum er 1970 aus dem Apollo-Programm ausgestiegen sei und die Chance, doch noch selbst den Mond zu betreten, habe sausen lassen: Er sei unter anderem die endlosen Stunden von Simulationen leid gewesen.
Übung abgebrochen
Weder er noch seine beiden Kollegen wussten heute vor 50 Jahren allerdings offenbar von einer Simulation, die gerade einmal zwei Wochen her war. Sie war von zwei eingesprungenen Astronautenkollegen und der Bodencrew absolviert worden – und gründlich schiefgegangen. Doch sie war wahrscheinlich entscheidend dafür, dass die Mission letztlich gelang.
Während jener Übung tauchte auf den Monitoren irgendwann ein Alarmcode „1201“ auf. Niemand hatte ihn je gesehen. Niemand wusste, was er bedeutete. In der Betriebsanleitung für den Steuercomputer fand sich zumindest eine Beschreibung: „Executive Overflow“ stand dort, und „No Vacant Areas“. Der Code bedeutete also, dass der Computer überlastet war. Aber was das wiederum nun für eine Mission bedeutete, blieb unklar. Der Flugdirektor Eugene Kranz – der später selbst zu einer Berühmtheit wurde, als Ed Harris ihn im Hollywood-Film über die Beinahe-Katastrophe mit „Apollo 13“ spielte – ließ die Simulation schließlich mit einem Abbruch des Landeversuchs enden. Es war das denkbar ungünstigste Resultat der letzten Übung vor dem Start.
Das rettende Programm
Eine Woche dauerte es, bis von den Programmierern vom Massachusetts Institute of Technology die Erklärungen vorlagen. Bei den Flugkontrolleuren war man wenig amüsiert über diese Last-minute-Beiträge zu den eigenen Checklisten und Handlungsschemata. Doch die Schuld dafür lag eher bei der Nasa selbst. Dort hatten die Verantwortlichen den Vorschlag des Programmierer-Teams um Margaret Hamilton, bei Bedienungsfehlern oder Überlastung einspringende Sicherungssysteme in die Computerprogramme einzubauen, lange abgelehnt. Erst sieben Monate zuvor, nach Problemen während der „Apollo 8“-Mission, hatten sie überhaupt den Auftrag bekommen. Alarmcodes mit einer „12“ am Anfang sagten schlicht, dass der Computer gerade zu viele Aufgaben hatte. Die Flugkontrolleure erfuhren aber auch, dass er inzwischen so programmiert war, sich auf das Wesentliche für die Landung zu konzentrieren. Ohne jene Simulation kurz vor dem Start hätten sie es nicht gewusst – und hätten wahrscheinlich den Abstieg zur Oberfläche abgebrochen.
Der Adler ist - dann doch noch - gelandet
Denn als Aldrin wenige Minuten vor der geplanten Landung den Computer eine Berechnung machen lassen will, geht ein Alarm mit Code „1202“ los. Armstrong hat, anders als bei der „99“ zuvor, offenbar diesen Code noch nie gesehen und erbittet dringend Instruktionen. Die Sekunden vergehen. Steve Bales, ein damals 26-jähriger Mitarbeiter im Bodenteam, erzählte kürzlich dem Fernsehsender CBS News, wie neben ihm der noch jüngere Software-Experte Jack Garman sich des Codes aus der Simulation erinnerte und ihm „Wir sind weiter ‚Go‘, solange es nicht immer wieder kommt!“ zurief, wie Bales das an den Verbindungssprecher Charles Duke weitergab, und wie dieser an Armstrong „Wir sind weiter ‚Go‘“ funkte – ohne das Okay seines Chefs Kranz abzuwarten. Bales sagte, das sei normalerweise ein absolutes „No-No“. Aber Duke habe damit wahrscheinlich die Mission gerettet: „Ich denke, die Crew hätte sonst abgebrochen.“
Doch kurz darauf, am 20. Juli mitteleuropäischer Zeit spätabends, kommt Armstrongs Funkspruch „Der Adler ist gelandet“. Und wenige Stunden später sind er und Aldrin auf dem Mond unterwegs. Darum wird es in der nächsten und letzten Folge gehen.
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