Unser Countdown zum 50. Jahrestag: Ironie und Inferno auf dem Weg zum Mond
Eineinhalb Jahre vor Apollo 11 kam Apollo 1. Und damit der bis dahin verheerendste Unfall der Raumfahrtgeschichte.
Folge 1 unseres Countdowns zum 50. Jahrestag der Mondlandung ist hier gestartet. Bei Folge 2 landet man, wenn man hier hin steuert.
Die Geschichte der Raumfahrt ist voller Ironien. So überlebte etwa der Astronaut Donn Eisele den Januar 1967 nur wegen einer ausgekugelten Schulter. Sie war ein Jahr zuvor der Grund gewesen, dass er aus der Crew von „Apollo 1“ aussortiert wurde. Diese Mission, die offiziell AS-204 hieß und deren Start für den 21. Februar 1967 geplant war, hatte eigentlich der erste Probeflug eines Apollo-Hauptschiffes um die Erde sein sollen.
Schock und Neuorientierung
Doch bei einem Test am 27. Januar brach in der verschlossenen Kapsel Feuer aus. Alle drei Astronauten starben an Rauchvergiftung: Virgil „Gus“ Grissom“ war 1961 an Bord der „Liberty Bell 7“ der zweite Amerikaner im Weltraum überhaupt gewesen. Ed White hatte 1965 als Pilot von „Gemini 4“ als erster Amerikaner einen Weltraumspaziergang gemacht. Roger Chaffee, nominiert anstelle von Eisele, war der bis dahin jüngste für einen Flug ausgewählte Astronaut.
Die Ursache des Feuers wurde nie geklärt. Wahrscheinlich war es ein Funke von einem schlecht verlegten Kabel, kombiniert mit allen möglichen leicht brennbaren Materialien in der Kabine – inclusive der Raumanzüge. Dazu hatten sich, schrieb 1969 der New-York-Times-Reporter John Noble Wilford, sowohl bei der Nasa als auch bei einer Vertragsfirma angesichts der gut gehenden Arbeiten schlicht Nachlässigkeiten eingeschlichen.
Nach dem Unfall, den Kongress-Untersuchungen und Spezialisten-Reports dazu, sei dagegen mit nie dagewesener Konzentration, maximalem Einsatz und Fokus auf Sicherheit weitergearbeitet worden. Dass Apollo offenbar diesen Schock und drei tote Raumfahrer brauchte, um letztlich erfolgreich sein zu können, ist vielleicht die größte Ironie.
Sicherheitsproblem Luke
Eine andere Tatsache im Zusammenhang mit diesem Unfall steht dem allerdings kaum nach: Die drei Astronauten hätten sich wahrscheinlich retten können, hätte ihr Raumfahrzeug eine schnell zu öffnende Luke gehabt. Bei der Nasa hatte man sich aber bewusst gegen einen solche entschieden. Warum? Eine ähnliche Luke hatte sich bei der Wasserung der Mercury-Kapsel des zweiten Amerikaners, der es bis ins All geschafft hatte, unbeabsichtigt geöffnet. Und dieser war deshalb fast ertrunken. Jener zweite Amerikaner im All war Gus Grissom gewesen, den diese Entscheidung dann an jenem Tag im Januar 1967 letztlich das Leben kostete.
Eine weitere Ironie der Geschichte von Apollo 1 ist, dass das Feuer so verheerend brannte, weil in den Kapseln statt normaler Luft 100prozentiger Sauerstoff verwendet wurde – jenes Element also, das so sehr für das Leben steht wie kein anderes. Schon für den ersten Tod eines Raumfahrers überhaupt war mit Sauerstoff stark angereicherte Luft mitverantwortlich gewesen: Im März 1961 unterzog sich Valentin Bondarenko, mit 24 Jahren jüngstes Mitglied des sowjetischen Kosmonauten-Kollektivs, einem Ausdauertest in einer Druckkammer. Ein in Alkohol getränkter Wattebausch entzündete sich an einer heißen Kochplatte, auf der der junge Mann hatte Tee kochen wollen. Bondarenko versuchte, dass Feuer mit seinem Ärmel zu löschen, der sich sofort lichterloh entzündete. Am Ende war Bondarenkos Kleidung an seinem Körper komplett verbrannt. Der behandelnde Arzt, Wladimir Goliakowski, berichtete später, Juri Gagarin, der drei Wochen danach zum ersten Menschen im All werden sollte, habe an Bondarenkos Bett auf der Intensivstation des Moskauer Bodkin-Krankenhauses gewacht.
Opfer der Raumfahrt
Der junge Mann starb nach einigen Stunden an seinen Verbrennungen dritten Grades. Bis heute sind, soweit bekannt, 30 Raumfahrerinnen und Raumfahrer tödlich verunglückt. 18 starben bei Raumflügen, die anderen meist beim Training. Donn Eisele, dessen Schulter ihn aus der Apollo-1-Crew kugelte, war letztlich an Bord von Apollo 7 dann doch bei der ersten bemannten Mission des Mondprogramms dabei. Nach seiner Nasa-Karriere wurde er Geschäftsmann. Er starb 57-jährig auf einer Geschäftsreise an einem Herzinfarkt.
Vielleicht nicht ironisch, aber ikonisch ist ein Foto, das kurz nach Eiseles Flug während der ersten bemannten Reise zum Mond entstand. Es ist allerdings ein Bild, auf dem der Mond nur eine Nebenrolle spielt. Mehr dazu in der nächsten Folge.