Unser Countdown zum 50. Jahrestag: Die Geschichte der Mondlandung begann mit einer Serie von Desastern
Explodierende Raketen, nicht sendende Sonden – und immer war die Konkurrenz schneller: Bevor Apollo-Kapseln zum Mond flogen, gab es eine Pannenserie.
In den 10 Tagen vor dem 50. Jahrestag der Mondlandung veröffentlichen wir jeden Tag einen Artikel über das Weltereignis. Dies ist Folge Zwei, also in unserem Countdown die Nummer 9. Hier geht es zu Folge Eins.
Das frühe Weltraum- und Mondprogramm der Amerikaner war ein Desaster. Beziehungsweise eine Reihe von Desastern. Raketen explodierten anfangs oft und funktionierten selten. Und bis 1964 versuchte die Nasa mit sage und schreibe sechs „Ranger“-Sonden zum Mond zu kommen und vor dem geplanten Aufschlag Fotos von der Oberfläche zurückfunken zu lassen. Nichts klappte. Die ersten beiden kamen gar nicht bis zum Mond, weil die dafür vorgesehenen Raketenstufen nicht zündeten. Die nächste verfehlte das Ziel. „Ranger 4“ wiederum hatte einen Kurzschluss, „Ranger 5“ verhungerte auf dem Weg zum Erdtrabanten, weil sein Energiesystem ausfiel.
Etappensieg für "Luna 9"
Bei seinem Nachfolger klappte alles perfekt – außer, dass kurz vor Showdown die Kameras ausfielen. Kein einziges Bild aus Mondnähe kam zur Erde. Die Pannenserie löste zwei Untersuchungen durch den Kongress aus: Wie wollte man vor 1970 Menschen zum Mond und gesund zurückbringen, wenn nicht einmal der One-Way-Trip eines Blechkastens möglich zu sein schien? Erst im Juli 1964 funkte „Ranger 7“ mehr als 4000 Bilder bislang nie da gewesener Qualität nach Cape Canaveral in Florida. Dort stand damals noch das Mission-Control-Center, erst 1965 wurde es nach Houston in Texas verlegt. Die Aufnahmen zeigten auch, dass das Mondterrain hie und da für Landungen geeignet schien. Ein kleiner Trost war es für die Amerikaner bis dahin gewesen, dass auch die Kollegen – und Konkurrenten im „Space-Race“ – in der Sowjetunion nach den ersten Erfolgen nichts mehr zustande brachten: Schon 1959 war „Luna 2“ als erstes menschengemachtes Objekt auf dem Mond aufgeschlagen, drei Wochen später hatte „Luna 3“ sogar die ersten Bilder von der erdabgewandten Seite gesendet. Doch dann folgte eine Reihe von Fehlschlägen.
Im Januar 1966 aber gelang mit „Luna 9“ die erste weiche Mondlandung. Es war ein schwerer Schlag für die Nasa, denn weich landen sollten ja auch amerikanische Astronauten ziemlich bald – und vor irgendeinem Sowjetbürger auf jeden Fall. Aber auch hier hatte derlei bis dahin noch nicht einmal eine amerikanische Sonde geschafft.
Die Möglichkeit einer Landung
Am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena behalf sich der unter massivem Druck stehende Projektleiter Robert J. Parks mit Unmengen Zigaretten. Anders als amerikanische Raketen brannten die auch zuverlässig. Dann, im Mai 1966 und damit nur wenige Monate nach „Luna 9“, landete „Surveyor 1“ ebenfalls weich auf dem Mond und sandte 11 000 Fotos. Parks sagte, die Art der Landung zeige, dass eine solche auch für eine bemannte Fähre möglich sein müsse. Nach Kennedys Worten 1961 und 1962 war dies vielleicht der wichtigste Satz auf dem Weg zum großen Ziel.
Es folgten sechs weitere Surveyor-Missionen, vier davon erfolgreich. Von den fünf Flügen der „Lunar-Orbiter“ 1966 und 1967, die – wie der Name sagt – den Mond umkreisten, schlug keine einzige fehl. Die Erfolgsquote der Amerikaner stieg.
Schilde, die wackeln. Und Klappen, mit denen es nicht klappt
Auch die teilweise parallel laufenden bemannten Missionen klappten – zumindest einigermaßen. Während John Glenns erstem Orbitalflug eines Nicht-Sowjetbürgers im Februar 1962 lockerte sich der Hitzeschild. Bodencrew und Astronaut befürchteten, dass dieser lebenswichtige Schutz sich beim Wiedereintritt in die Atmosphäre ganz lösen könnte, was aus Glenn Asche gemacht hätte, aber zum Glück nicht passierte. Nach den Ein-Mann-Kapseln der „Mercury“-Reihe folgte das „Gemini“-Projekt. Es war darauf angelegt, zwei Männer für längere Zeit in den Orbit zu bringen und dort komplexe Manöver, wie sie für einen Mondflug nötig sein würden, erproben zu lassen. „Gemini 3“ startete nach zwei unbemannten Tests im März 1965. Die Sowjetunion war den USA aber erneut zuvorgekommen und hatte ein paar Tage vorher bereits das zweite mit mehr als einem Kosmonauten besetzte Woschod-Raumschiff gestartet. Aus dem hatte sich mit Alexej Leonow auch erstmals ein Mensch zu einem Weltraumspaziergang aufgemacht. Aber schon am 3. Juni tat es ihm Ed White gleich, der aus „Gemini 4“ ausstieg (Bild oben). Es folgten Gemini-Missionen, bei denen Rendezvous und Andockmanöver zwischen zwei Raumflugkörpern erfolgreich erprobt wurden.
Am wichtigsten war, dass das bemannte Programm vor „Apollo“ ohne fatale Rückschläge verlief. Doch nicht nur während Glenns Flug war es knapp. Bei einer Gemini-Kapsel fiel die Energieversorgung teilweise aus. Eine andere, mit Neil Armstrong an Bord, geriet bei einem Andockversuch außer Kontrolle und musste notwassern. Und ganz zu Anfang hatte sich Gus Grissom – vor Glenn zweiter Amerikaner im All – nach seinem nicht den Orbit erreichenden 16-Minuten-Flug 1961 schwimmend aus seiner gewasserten und sinkenden Mercury-Kapsel retten müssen.
Wie dieser glimpflich abgelaufene Unfall später entscheidend zur bis dahin größten Katastrophe der Raumfahrt beitrug und jenen Gus Grissom doch noch das Leben kostete, dazu mehr in der nächsten Folge.