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Da geht die Erde auf. Ein Nebenprodukt des ersten Mondfluges wurde zu seinem Markenzeichen: Das "Earthrise"-Foto.
© Bill Anders

Unser Countdown zum 50. Jahrestag: Die Entdeckung der Erde

Apollo 8 war der erste bemannte Flug zum Mond - und ein Hoffnungszeichen am Ende des Konfliktjahres 1968. Zum Star der Mission wurde aber eine blaue Kugel.

Unser Countdown begann am Tag "Minus 10" vor dem 50. Jahrestag des ersten Schrittes auf dem Mond. Jene erste Folge ist hier gestartet, ein Weltraumspaziergang zur zweiten ist hier möglich, die traurige dritte ist hier im Orbit.

Der legendäre Naturfotograf Galen Rowell nannte es das „einflussreichste Naturfoto aller Zeiten“. Es stammt allerdings von jemandem, der alles andere als ein Naturfotograf war, und wurde gemacht mit einer Hasselblad-Mittelformat-Kamera, die der irdischen Natur so fern war wie keine solche Kamera vorher. Interessiert hatte sich zuvor niemand für ein solches Motiv. „Es gab wirklich null Interesse an Bildern der Erde. Null!“, erinnerte sich der Astronaut Bill Anders später. Doch „Earthrise“, von ihm aufgenommen, hatte dann weltweit eine Wirkung, mit der niemand gerechnet hätte. Es ist bis heute eines der meistreproduzierten Fotos überhaupt.

"Da lag ich schrecklich falsch"

Die drei Astronauten waren im Dezember 1968 an Bord von Apollo 8 die ersten Menschen, die den Erdorbit verlassen und zum Mond reisen, ihn umkreisen und sicher zurückkehren sollten. Sie taten es. Es funktionierte. Auch die bangen Momente, als etwa das Raumschiff im Mond- und damit Funkschatten verschwand und dort eine Bremsrakete zünden musste, um in den Orbit einzuschwenken, endeten mit Erleichterung, Beifall und „Yeah-Yeah-Yeahs“ auf der Erde und im Weltraum.

Die Crew und deren Persönlichkeiten waren so ausgewählt, dass zumindest hinsichtlich des menschlichen Faktors ein störungsfreier Ablauf dieses bislang wichtigsten Experiments garantiert schien. Vor allem der Kommandant von Apollo-8, Air-Force-Pilot Frank Borman, war der Archetyp des „No-Bullshit“-Soldaten. Wäre es nach ihm gegangen, dann wäre nicht einmal eine Fernsehkamera für Übertragungen zur Erde an Bord gewesen. Und auch nichtwissenschaftliche Fotos vom Mond oder gar der Crew hielt er für verzichtbar. Denn die Mission hieß "to the moon and back". Sie galt es zu erfüllen, und nichts anderes. „Da lag ich schrecklich falsch“, sagte Bormann rückblickend in einer Dokumentation. Denn die Übertragungen machten aus dem streng wissenschaftlichen Projekt der drei Astronauten ein Projekt fast der ganzen Welt.

Live-TV aus dem All

Die Nasa hatte bereits bei Apollo 7 gute Erfahrungen mit Weltall-TV gemacht. Dort hatten sich die drei ansonsten wegen einer gemeinsamen unangenehmen Erkältung, Schlaflosigkeit und Überlastung sehr unleidlichen Astronauten vor der Kamera als perfekte, lächelnde Schauspieler erwiesen und waren zu Medienstars geworden. Das brachte ihnen sogar den Fernsehpreis Emmy ein. Also mussten auch Borman und seine Kollegen vor und hinter der Fernsehkamera aktiv werden.

Auf ihren Fernsehbildern taucht auf dem Weg zum Mond irgendwann die schon ziemlich entfernte Erde im Fenster auf. Selbst Borman kamen da Gedanken, „wie um alles in der Welt dieser kleine Ball existieren kann in diesem riesigen Universum aus Nichts.“ Es war der erste Auftritt der Erde als überraschender Hauptakteurin dieser Reise.

Wenig später, als die drei die ersten Menschen wurden, die den Mond umkreisten, machte Anders Fotos von der Mondoberfläche. Doch schon bald sei ihm der Job öde geworden: „Es war irgendwie so: Mach ein Foto von dem gottverdammten Krater und dann mach weiter beim nächsten.“ In den Originalaufnahmen aus der Weihnachtszeit 1968 hört man dann aber Anders’ Stimme alles andere als gelangweilt ein „Wow, ist das nicht wunderschön!“ rufen. Er schnappt sich die Kamera, macht Fotos von dem Schauspiel, das sich ihm bietet: Die Erde, ein Ball aus Blau, Weiß und kaum zu erahnenden Braun-, Rot- und Grüntönen geht über der unwirtlich-grauen Mondoberfläche auf. Das „Earthrise“-Foto entsteht.

"Der vierte Astronaut"

Es wird, durch den Kontrast zwischen kargem, leblosem Mond und kleiner, empfindlich erscheinender Erde bald zu einem ikonischen Bild, das den Planeten als die einzige, fragile Heimat einer einzigen, durch künstliche Grenzen zersplitterten Menschheit symbolisiert. James Lovell, der Dritte an Bord, nennt es rückblickend den „vierten Astronauten“, der mit Apollo 8 zur Erde zurückkehrte. Und am Ende eines besonders für die USA mehr als turbulenten Jahres 1968 mit Unruhen im Inland, der Tet-Offensive im Vietnamkrieg und den beiden Attentaten auf Robert Kennedy und Martin Luther King, war die Mission ein Hoffnungsschimmer weit über die Weltraumerkundung hinaus.

Apollo 8 sollte den Mond erkunden – und entdeckte dabei die Erde. Apollo 9 würde kurz darauf die komplette Ausrüstung im erdnahem Orbit testen. Apollo 10 funkte dann, als letzte Mission vor der geplanten ersten Mondlandung, Souvenirs zur Erde, die nicht jedem gefielen. Und endete fast in einer Katastrophe. Davon mehr in der nächsten Folge.

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