Serie zur Sonderausstellung im Potsdam Museum: Hilfspakete über den Atlantik
In einer Sonderausstellung beleuchtet das Potsdam Museum die Stadtgeschichte der 1920er bis 1940er Jahre. Die PNN stellen einige Ausstellungsstücke vor. Teil 8: DRK-Paketschein von 1943.
Der Weltkrieg tobte, aber die Post funktionierte, sogar über den Atlantik hinweg: Das legt der Paketschein des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) nahe, eines der Exponate, die der Förderverein des Potsdam-Museums zur aktuellen Sonderausstellung beigetragen hat. Adressiert ist er an die Lagerleitung im Camp Forrest in Tennessee, USA, abgesendet am 25. Februar 1943, vom amerikanischen Zoll als gebührenfrei abgestempelt. Das DRK-Präsidium befand sich zu dieser Zeit in Potsdam-Babelsberg, am heutigen Universitätscampus Griebnitzsee.
Der Hauptsitz des gleichgeschalteten DRK entstand am Griebnitzsee
Nun ist an einem Paket mit Hilfslieferungen für Kriegsgefangene im Ausland durch das DRK zunächst einmal nichts Ungewöhnliches. Aber die 1921 gegründete Wohlfahrts- und Hilfsorganisation war zur NS-Zeit gleichgeschaltet und Teil des NS-Systems. Davon zeugt auch das neue Logo, das man bei genauem Hinsehen auf dem Paketschein entdeckt: Auf dem roten Kreuz sitzt ein Adler mit Hakenkreuz auf der Brust. „Er hat sich das rote Kreuz regelrecht gekrallt“, beschreibt es Kuratorin Wenke Nitz.
In Griebnitzsee wurde für das DRK ab 1939 ein neuer Hauptsitz gebaut – mit „Führerbalkon“ und mehr als 180 Büroräumen. Beim Bau kamen auch Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge zum Einsatz, sie lebten in einer Baracke am heutigen Standort der Universitätsbibliothek, wo eine Gedenktafel an ihr Schicksal erinnert. 1943 wurde der Neubau fertig. Heute studieren dort angehende Juristen und Wirtschaftswissenschaftler.
Die Hilfsorganisation war von NS-Getreuen dominiert
Auch personell war das DRK seinerzeit von NS-Getreuen dominiert. Prominentes Beispiel ist der NS-Verbrecher Ernst-Robert Grawitz, der 1937 zum DRK-Präsidenten aufstieg. Zu ihm hat Markus Wicke vom Förderverein des Potsdam Museums geforscht. Grawitz hatte als „Reichsarzt der SS“ die Personalhoheit über die Todeslager, entschied, er war hauptverantwortlich für grausame Menschenversuche der NS-Ärzte an den Häftlingen. Auch das sogenannte Euthanasieprogramm zur Tötung von kranken Menschen hat er befürwortet.
Grawitz lebte in Babelsberg, in der heutigen Karl-Marx-Straße 59. Dort nahm er sich und seiner Familie im April 1945 das Leben – er zündete zwei Handgranaten unter dem Küchentisch.
Weitere Teile der Serie:
Teil 1: Neue Bilder für das Regattahaus
Teil 2: Krieger für die Geldbörse
Teil 3: Die "Raudaubande" aus Nowawes
Teil 4: Eine Trommel mit Geschichte
Teil 5: Kunstwerk eines Unbekannten
Teil 6: "Weihnachten 1941 fällt aus"
Teil 7: Massen auf dem Alten Markt
Teil 9: Schallplatten aus Babelsberg
Die Sonderausstellung „Umkämpfte Wege der Moderne. Geschichten aus Potsdam und Babelsberg 1914-1945" ist noch bis 23. Juni im Potsdam Museum am Alten Markt zu sehen. Geöffnet dienstags, mittwochs und freitags 10 bis 17 Uhr, donnerstags 10 bis 19 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 5 Euro.
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