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Blumen zur Erinnerung. Eine Gedenktafel für Zwangsarbeiter wurde gestern an der Universitätsbibliothek auf dem Campus Griebnitzsee enthüllt. Etwa 100 Häftlinge sollen hier zwischen Juli 1944 und März 1945 zur Zwangsarbeit verpflichtet worden sein.
© Andreas Klaer

Von Jana Haase: 100 Häftlinge am Griebnitzsee

Gedenktafel für Zwangsarbeiter enthüllt: Madstop kritisiert Erinnerungskultur

Babelsberg - Sie sind bis heute namenlos: Etwa 100 Häftlinge sollen im Jahr 1944 auf dem damaligen Areal des Deutschen Roten Kreuzes in Griebnitzsee zur Zwangsarbeit verpflichtet worden sein. An das Schicksal dieser Häftlinge, das die Historikerin Almuth Püschel bereits vor vier Jahren öffentlich gemacht hat, erinnert seit gestern eine Gedenktafel am Gebäude der Universitätsbibliothek auf dem Campus Griebnitzsee. Vor etwa 30 Interessenten enthüllten Hannes Püschel vom Bündnis Madstop und der VVN- BdA Brandenburg (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) sowie Uni-Kanzlerin Barbara Obst-Hantel am Nachmittag die Tafel.

Eine Außenstelle des Konzentrationslagers Sachsenhausen, das „Außenkommando Griebnitzsee“, hat sich nach den Recherchen von Almuth Püschel zwischen Juli 1944 und März 1945 auf dem heutigen Uni-Gelände befunden. Die Häftlinge seien „hinter Stacheldraht gefangen und von der SS bewacht“ worden und mussten für die Tiefbaufirma „Polensky und Zöllner“ arbeiten, heißt es auf der Tafel. Sie sollen unter anderem Luftschutzanlagen für das damals in Griebnitzsee ansässige Präsidium des gleichgeschalteten Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und die Potsdamer Zivilbevölkerung errichtet haben. Die Gedenktafel aus Metall wurde von der Uni auf Initiative von Madstop und VVN-BdA finanziert und ersetzt ein Provisorium, das vor vier Jahren errichtet wurde.

„Die Universität Potsdam hat als solche nicht wirklich Geschichte“, betonte Uni-Kanzlerin Barbara Obst-Hantel: „Geschichte haben aber die Standorte.“ Eine Veröffentlichung über die Historie aller drei Unistandorte sei momentan in Planung: Der Historiker Jürgen Angelow, außerplanmäßiger Uni-Professor, habe ein entsprechendes Manuskript erarbeitet, das mit Hilfe der Landeszentrale für politische Bildung publiziert werden soll.

Das alternative Bündnis Madstop kritisierte indes die Erinnerungskultur an Zwangsarbeit in Potsdam. Dass es bisher lediglich am abgelegenen Ort in der Großbeerenstraße eine Gedenktafel gibt, bewertet Madstop in einem gestern veröffentlichten Flugblatt als „Abschieben der ungeliebten Vergangenheit“. Zwangsarbeiterlager hätten sich auch in der Innenstadt befunden, auch die Stadtverwaltung hätte zum Beispiel in den Verkehrsbetrieben selbst Zwangsarbeiter ausgebeutet, heißt es weiter. Das Bündnis plant im Mai mehrere Veranstaltungen zum Thema „Zwangsarbeit“: So spricht Almuth Püschel am 20. Mai um 19 Uhr an der Fachhochschule Potsdam am Alten Markt zum Thema „Zwangsarbeit in Potsdam und deren Aufarbeitung“.

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