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Die Holzpuppenköpfe fertigte ein französischer Zwangsarbeiter.
© Andreas Klaer

Serie zur Sonderausstellung im Potsdam Museum: Kunstwerk eines Unbekannten

In einer Sonderausstellung beleuchtet das Potsdam Museum die Stadtgeschichte der 1920er bis 1940er Jahre. Die PNN stellen einige Ausstellungsstücke vor. Teil 5: Kasperlepuppenköpfe von einem französischen Zwangsarbeiter.

Das Kasperl grinst verschmitzt, seine Wangen leuchten rot, auf dem Kopf trägt er eine Zipfelmütze aus Stoff. Der Teufel blickt grimmig, die Mundwinkel nach unten gezogen. Die blonde Gretel mit tiefroten Lippen lächelt anmutig, die Großmutter mit der tief gefurchten Stirn schaut eher besorgt aus und am Polizisten mit der grünen Kappe beeindruckt vor allem der enorme schwarze Schnurrbart: Die fünf Kasperlepuppenköpfe aus Holz sind kleine Kunstwerke. Dass sie auch Zeugnis eines der düstersten Kapitel in Potsdams Stadtgeschichte sind, ist auf den ersten Blick nicht zu vermuten.

Gefertigt wurden sie von einem französischen Zwangsarbeiter in den Arado-Flugzeugwerken in Babelsberg – ein privater Leihgeber habe sie zur Verfügung gestellt, berichtet Kuratorin Wenke Nitz. Die Puppen habe sein Vater, der in der Arado-Werbeabteilung arbeitete, von einem Zwangsarbeiter bekommen – als Dank dafür, dass er für den Mann Post an dessen Familie nach Frankreich überbracht habe. Über das Schicksal des Kunstschnitzers ist nichts bekannt, nicht einmal sein Name.

Tausende Zwangsarbeiter in Potsdam während des Zweiten Weltkriegs

Eines ist aber sicher: Er war einer von vielen. Während des Zweiten Weltkrieges gehörten Zwangsarbeiter oder „Fremdarbeiter“, wie sie damals genannt wurden, zum Alltag in Potsdam. Sie wurden in fast allen Betrieben eingesetzt, auch die Stadtverwaltung, die Schlösserverwaltung und viele Privathaushalte forderten „Fremdarbeiter“ über das Arbeitsamt an. 1944 waren nach Recherchen der Historikerin Almuth Püschel insgesamt 18 000 Zwangsarbeiter in mehr als 70 Potsdamer Lagern untergebracht.

In der Sonderausstellung im Potsdam Museum sind auch speziell für Zwangsarbeiter aufgelegte Deutsch-Wörterbücher zu sehen, die ein Licht darauf werfen, wie selbstverständlich deren Einsatz war. Die Menschen wurden aus der Sowjetunion, Frankreich, Polen und den Niederlanden nach Potsdam gebracht, als Kriegsgefangene oder Zivilisten. Verpflegung, Unterbringung und die zugeteilten Arbeiten wurden durch eine rassistisch dominierte Hierarchie geregelt, am unteren Ende standen die sowjetischen Kriegsgefangenen. Etwa 300 Todesfälle von Zwangsarbeitern sind in Potsdam nachweisbar.

Weitere Teile der Serie:

Teil 1: Neue Bilder für das Regattahaus

Teil 2: Krieger für die Geldbörse

Teil 3: Die "Raudaubande" aus Nowawes

Teil 4: Eine Trommel mit Geschichte

Teil 6: "Weihnachten 1941 fällt aus"

Teil 7: Massen auf dem Alten Markt

Teil 8: Hilfspakete über den Atlantik

Teil 9: Schallplatten aus Babelsberg

Die Sonderausstellung „Umkämpfte Wege der Moderne. Geschichten aus Potsdam und Babelsberg 1914-1945" ist noch bis 23. Juni im Potsdam Museum am Alten Markt zu sehen. Geöffnet dienstags, mittwochs und freitags 10 bis 17 Uhr, donnerstags 10 bis 19 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 5 Euro.

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