zum Hauptinhalt
Präsident Donald Trump setzt auf eine harte Gangart gegenüber dem Iran.
© Jonathan Ernst/Reuters

Amerikas Sanktionen: Donald Trumps Trugschlüsse in Sachen Iran

Die USA setzen harte Sanktionen gegen den Iran in Kraft. Amerika will die Mullahs zum Verhandeln im Atomstreit zwingen – das wird kaum gelingen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Christian Böhme

Es fällt schwer. Aber stellen wir uns das Unvorstellbare vor. Donald Trump, dieser notorische Schwindler und Scharfmacher, könnte richtig liegen mit seiner harten Gangart gegenüber dem Iran.

Was wäre, wenn Amerikas Sanktionen die Machthaber in Teheran dazu bewegten, über eine Neufassung des Atomabkommens und ein Ende ihres aggressiven Auftretens im Nahen Osten zu verhandeln? Dazu wird es in absehbarer Zeit kaum kommen. Doch das liegt nicht zwingend an der Grundidee des US-Präsidenten. Seine simple Rechnung: Baue maximalen Druck auf deine Gegner auf, dann werden sie über kurz oder lang kleinbeigeben und reden wollen.

Ein Unruhestifter in der Region

Im Fall des Iran hat dieses Instrumentarium bereits einmal gut funktioniert. Denn ohne die jahrelangen internationalen Strafmaßnahmen, hätten die Mullahs inklusive Präsident Hassan Ruhani vermutlich nie eingewilligt, über ihr Nuklearprogramm Gespräche zu führen. Das Paria-Dasein war auf Dauer nicht durchzuhalten. Sogar die Hardliner der Islamischen Republik hatten das eingesehen. Am Ende stand ein Vertragswerk, das den Iran zumindest einige Jahre von der Atombombe fernhalten soll.

Trump hat noch in einem anderen Punkt völlig recht: Die schiitische Theokratie ist ein Unruhestifter in der Region. Syrien, Irak, Libanon, Jemen – an vielen Orten versucht sie, mit aller Macht ihren Willen durchzusetzen. Und die Mullahs treten die Menschenrechte ihres Volkes mit Füßen. Und sie finanzieren Terrorismus. Dennoch wird der US-Präsident dieses Mal mit seiner Methode keinen nennenswerten Erfolg haben, sondern ungewollten Schaden anrichten.

Die Front gegen Teheran ist nicht geschlossen

Die Gründe dafür sind vielfältig. Das fängt schon bei der Front gegen Teheran an. Die ist alles andere als geschlossen. Der 2015 vereinbarte Nukleardeal resultierte vor allem aus Einmütigkeit. Russland, Frankreich, China, Großbritannien, Deutschland, die EU und die USA zogen an einem Strang. Das machte sie stark und den Iran nachgiebig.

Heute sieht das ganz anders aus. Außer Amerika will jeder der Unterzeichner an der Übereinkunft mit Teheran festhalten. Donald Trump fehlt es also an Verbündeten, von Israel und einigen Golfstaaten einmal abgesehen. Iran wiederum kann diese Situation nutzen, um den Westen weiter zu spalten. Und darauf verweisen, dass man anerkanntermaßen alle Auflagen befolge. Ob das stimmt oder nicht, spielt keine Rolle, so lange die Befürworter des Deals dem Glauben schenken. Der Nukleardeal - er ist ein Spaltpilz.

Feindbild Amerika. Einen Tag vor Inkraftreten der Sanktionen protestierten Tausende Iraner gegen die USA.
Feindbild Amerika. Einen Tag vor Inkraftreten der Sanktionen protestierten Tausende Iraner gegen die USA.
© Atta Kenare/AFP

Erschwerend kommt hinzu: Trump unterschätzt die Entschlossenheit seines Gegners. Das iranische Regime leistet nach eigener Lesart seit der Revolution 1979 dem Erzfeind Amerika erfolgreich Widerstand. Dass Washington nun wieder das Land in die Knie zwingen will, bestärkt gerade die ideologischen Hardliner in ihrem Hass auf den Westen und in ihrem fatalen religiös-politischen Sehnen, die Idee der schiitischen Revolution weltweit zu exportieren. Das macht den Iran zu einem Kontrahenten, der von einem ganz anderen Kaliber ist, als etwa Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.

Ein Volk, das leidet

Trotzdem wird die neue Sanktionsrunde Opfer auf iranischer Seite fordern. Da ist zum einen das 80-Millionen-Volk. Die meisten Iraner leiden schon heute unter der wirtschaftlichen Talfahrt ihres Landes. Arbeitslosigkeit und Armut sind groß, die Hoffnung auf einen Aufschwung und ein besseres Leben gering. Mit den Strafmaßnahmen wird sich die soziale und ökonomische Situation der Menschen nochmals verschärfen – auch wenn Trump beteuert, dass er keineswegs die einfachen Iraner treffen wolle.

Irans Präsident Hassan Ruhani ist politisch angeschlagen - wird er bald gestürzt?
Irans Präsident Hassan Ruhani ist politisch angeschlagen - wird er bald gestürzt?
© Timothy A. Clary/AFP

Auch seine Hoffnung, die Enttäuschten könnten die Herrscher stürzen, dürfte sich als Trugschluss erweisen. Der Machtapparat der Mullahs scheint nach wie vor gut zu funktionieren. Aber einen könnten Amerikas Strafmaßnahmen ernsthaft treffen: Hassan Ruhani.

Gerüchte über einen Putsch

Der Präsident ist fraglos ein Teil des Establishments. Doch der 69-Jährige gibt sich immerhin ein verhandlungswilliger Ansprechpartner. Nur: Seine Tage könnten gezählt sein.

Seit Monaten machen im Iran Gerüchte die Runde, Ruhani stehe vor dem Sturz, die allgegenwärtigen Revolutionsgarden wollten die Macht übernehmen. Käme es so, Trump hätte keinen mehr, mit dem er verhandeln könnte. Denn eines steht für fanatischen Paramilitärs fest: Das Regime muss geschützt werden. Und Gespräche mit Amerika wird es niemals geben.

Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.

Zur Startseite