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Marvin Plattenhardt, 25, kam vor drei Jahren vom 1. FC Nürnberg zu Hertha BSC. Er durchlief die Nachwuchsmannschaften beim DFB und gewann in diesem Jahr mit dem A-Team den Confed-Cup.
© Paul Faith/AFP

Hertha-Spieler Marvin Plattenhardt: „Unter Pal Dardai habe ich mich super entwickelt“

Marvin Plattenhardt vor dem Spiel gegen Schalke 04 über Professionalität im Fußball, seine Rolle bei Hertha BSC und Rückennummern in der Nationalmannschaft.

Herr Plattenhardt, stimmt es eigentlich, dass Sie in Plattenhardt geboren sind?

Gute Frage. Die Ortschaft Plattenhardt gibt es auf jeden Fall.

Aber Plattenhardt steht nicht als Geburtsort in Ihrem Pass.

Nein, da steht Filderstadt. Das Krankenhaus, in dem ich zur Welt gekommen bin, ist in Filderstadt-Bonlanden, direkt an der Grenze zu Plattenhardt.

Und da kommt Ihre Familie her?
Ja, so ist es. So etwa im 13. Jahrhundert sind unsere Vorfahren dann aber von Plattenhardt nach Esslingen umgesiedelt.

Im Moment sind wahrscheinlich Sie der Berühmteste aller Plattenhardts.

Ja, das kann man so sagen. Gerade ist schon einiges los, viel Action.

Wie werden Sie in Ihrer Heimat wahrgenommen, seitdem Sie Nationalspieler und Confed-Cup-Sieger sind?

Seit dem Sommer war ich gar nicht mehr zu Hause. Aber ich weiß, dass die Leute sich freuen und sehr stolz sind.

Was wird da erst los sein, wenn Sie nächstes Jahr mit zur Weltmeisterschaft nach Russland dürfen?! Haben Sie sich denn heute schon auf die WM vorbereitet?

(Lacht) Bis dahin sind es ja noch ein paar Monate.

Aber der Bundestrainer erwartet schon jetzt eine seriöse Vorbereitung.

Er hat einige Sachen angesprochen, die ihm wichtig sind, Dinge, auf die wir Spieler achten sollen. Auf den Körper und die Ernährung. Natürlich habe ich das im Hinterkopf. Aber das ist nicht neu für mich, und ich bin sowieso keiner, der plötzlich irgendwelchen Blödsinn macht. Ich bin eher der ruhige Typ, lebe schon immer professionell und weiß auch meinen Körper wertzuschätzen.

Sie haben schon vor dem Confed-Cup die Erfahrung gemacht, wie es ist, mit der Nationalmannschaft einen großen internationalen Titel zu holen.

Sie meinen die U-17-EM? Ja, das ist schön. Aber auch schon lange her.

Acht Jahre.

Sehen Sie! Trotzdem vergisst man das nicht. So etwas bleibt haften. Einige Spieler von damals – Mustafi, ter Stegen, Götze, Leno – sind ja jetzt auch bei der A-Nationalmannschaft dabei. Außerdem kenne ich die Abläufe. Im Großen und Ganzen fühle ich mich gut gerüstet.

Ist es ein Problem, dass man nach einem solchen Titel mit unrealistischen Erwartungen konfrontiert wird?

Auch wenn wir damals noch extrem jung waren, hatte ich das Ziel, mal in der Bundesliga oder sogar in der Nationalmannschaft zu spielen. Aber dafür musst du dich mit 17, 18, 19 auch voll auf den Fußball konzentrieren. Das sind die entscheidenden Jahre. Du kannst eben nicht dauernd Party machen oder bis in die Morgenstunden mit deinen Jungs unterwegs sein. Ich war damals schon im Internat beim 1. FC Nürnberg. Da hatte ich meine Ruhe.

Sie haben das Ziel nie aus den Augen verloren?

Nie. Aber es kann eben nicht immer gut laufen. Du kannst dich verletzen. Oder dein Trainer steht eher auf einen anderen Spieler, wie das am Anfang hier bei Hertha der Fall war. Ich habe trotzdem weiter so gearbeitet wie zuvor. Du machst das ja im Endeffekt für dich selbst – nicht für den Trainer, damals Jos Luhukay. Da bin ich dann schon ehrgeizig genug. Und es hat sich ja dann auch alles ins Positive gewendet.

Es ist vermutlich einfacher, mit der Nationalmannschaft Weltmeister zu werden, als mit Hertha einen Titel zu holen.

Das sagen Sie! Natürlich ist die Nationalmannschaft eine echte Marke. Aber Hertha muss sich auch nicht verstecken. Unsere Mannschaft ist fleißig. Wir haben zweimal hintereinander eine überragende Saison gespielt. Der Verein ist im Kommen, er wird sich weiter entwickeln. Wir sind da sehr positiv gestimmt.

Wie unterscheidet sich Ihr Spiel bei Hertha von dem in der Nationalmannschaft?

In der Nationalmannschaft muss ich eigentlich wie ein Offensivspieler agieren, ganz vorne stehen und die Laufwege in den gegnerischen Sechzehner machen. Das ist schon eine Umstellung. Aber ich glaube, dass ich das in nächster Zeit, wenn ich weiterhin dabei bin, hinbekommen werde. Zumal ich ja auch bei Hertha mit unserem Trainer in diese Richtung arbeite. Ich möchte mich zeigen, mich verbessern. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Das ist ein Prozess.

Die Mitspieler sind auch andere, Toni Kroos zum Beispiel. Hilft das, wenn man jemanden wie Kroos an seiner Seite weiß?

Auf jeden Fall. Es ist schon gut, einen Spieler neben sich zu haben, der eigentlich kaum Fehlpässe spielt, der dich absichert, wenn du so offensiv unterwegs bist. Das gilt auch für die beiden Innenverteidiger Mats Hummels und Jerome Boateng. Gegen Nordirland hat mir das die nötige Ruhe gegeben, weil ich wusste: Okay, da hinten sind zwei, die eigentlich nichts durchlassen. Bei Hertha ist das ähnlich, wobei ich da selbst etwas stärker defensiv ausgerichtet bin.

Welches Feedback bekommen Sie vom Bundestrainer?

Der Bundestrainer hat direkt nach den Spielen gar nicht die Zeit, mit jedem Spieler zu reden. Aber sonst gibt es einen regelmäßigen Austausch mit ihm oder auch den Co-Trainern.

Der Bundestrainer ist ja häufiger in Berlin. Vielleicht laufen Sie ihm hier mal über den Weg.

Ich hab’ seine Handynummer. Vielleicht ruf ich ihn mal an, dann können wir uns verabreden (lacht).

"Die Nationalmannschaft ist ein anderes Level als die Bundesliga"

Bei Hertha BSC trägt Marvin Plattenhardt die Nummer 21. Wenn er im kommenden Sommer mit Thomas Müller zur WM fahren sollte, ist ihm die Trikotnummer egal.
Bei Hertha BSC trägt Marvin Plattenhardt die Nummer 21. Wenn er im kommenden Sommer mit Thomas Müller zur WM fahren sollte, ist ihm die Trikotnummer egal.
© Annegret Hilse/dpa

Kaum sind Sie Nationalspieler, hat Hertha Ihren Vertrag verlängert – obwohl der alte noch bis 2020 lief. Das kann kein Zufall sein.

Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. Ich habe mich hier in den vergangenen Jahren super entwickelt. Daher: Warum nicht verlängern?

Zumal es sich vermutlich auch – im Wortsinne – bezahlt macht, wenn man Nationalspieler ist?

Natürlich, da muss man nicht um den heißen Brei herumreden. Das ist doch überall so. Anderseits wird man auch noch mehr gefordert, muss noch mehr Verantwortung übernehmen. Die Nationalmannschaft ist noch einmal ein anderes Level als die Bundesliga.

Welchen Anteil hat Pal Dardai daran, dass Sie Nationalspieler geworden sind?

Einen sehr großen. Bevor er kam, saß ich ein halbes Jahr lang komplett auf der Tribüne. Seitdem Pal Dardai Cheftrainer ist, habe ich eigentlich jedes Spiel gemacht. Unter ihm habe ich mich super weiterentwickelt. Auch weil ich vom ersten Training nicht nur sein Vertrauen, sondern auch seine Stärke gespürt habe. Die hat er an mich weitergegeben. Einen Riesendank dafür.

Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als er Ihnen vor seinem Trainerdebüt gesagt hat, dass Sie in der Startelf stehen?

Ich habe es kurz vor dem Spiel erfahren. In der Mannschaftssitzung in Mainz. Hätte er es mir schon am Tag vorher gesagt, hätte ich mir vielleicht einen Kopf gemacht. So war dafür gar keine Zeit. Und es hat ja auch ganz gut geklappt. Wir haben 2:0 gewonnen – danach war ich drin.

Wie haben Sie sich als Fußballer in diesen zweieinhalb Jahren verbessert?

Defensiv brennt bei mir wenig an. Ich hoffe, das bleibt auch so. Aber im Offensivspiel habe ich ein, zwei Schritte nach vorne gemacht. Und auch meine Standards habe ich ein bisschen verschärft. Aber das ist ja normal, dass man mit dem Alter wächst, dass einem die Erfahrung hilft und man reifer wird. Sportlich habe ich schon einen großen Schritt gemacht.

Wann haben Sie gemerkt, dass man es als Linksverteidiger vielleicht ein bisschen leichter hat, in die Nationalmannschaft zu kommen? Bei der WM 2014, als Benedikt Höwedes dort aushelfen musste?

Ich habe schon in der B-Jugend, als es in der Jugend-Bundesliga richtig los ging und es wirklich interessant wurde, mit meinem Vater darüber geredet. Er hat immer gesagt: „Du bist Linksfuß, davon gibt es nicht so viele, die werden gesucht.“ Das Bodenständige, das Sportliche habe ich sowieso von meinen Eltern mitbekommen. Das ist eine große Gabe und Hilfe. Alles andere muss sich entwickeln. Das ist ein Reifeprozess. Den habe ich erfolgreich bestanden.

Waren Sie immer linker Außenverteidiger?

Ich habe lange links im Mittelfeld gespielt, eine Saison sogar im Sturm. Beim SSV Reutlingen war die Position frei geworden, weil der vorherige Linksverteidiger den Verein verlassen hat. Mein Trainer hat mir gesagt: „Du spielst jetzt links hinten. Du kriegst sogar dieselbe Nummer.“ Die 21, die ich immer noch habe. „Und du wirst auch eine gute Saison spielen.“ So bin ich Linksverteidiger geworden. Ich bin mit der Position gut zurechtgekommen. Ich war sehr zufrieden, der Trainer auch. So hat es sich dann entwickelt.

Und nächstes Jahr bei der WM bekommen Sie dann auch die Nummer 21?

Langsam! Wenn ich die Einladung bekäme und dabei sein sollte, dann wäre es mir völlig egal, welche Nummer ich auf dem Rücken habe. Gerade hatte ich die 3, davor die 5 – vielleicht bekomm' ich das nächste Mal die 10. Wer weiß? (lacht)

Das Gespräch führten Stefan Hermanns und Michael Rosentritt.

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