Marvin Plattenhardt im Interview: "Hertha BSC hat großes Potenzial"
Marvin Plattenhardt über die Einladung zum Confed-Cup, die langen Minuten vor seiner Einwechslung und die neue Saison mit Hertha.
Herr Plattenhardt, am Mittwochabend hat Hertha BSC im Trainingslager einen Mannschaftsabend auf einer Berghütte abgehalten. Wie war’s?
Sehr witzig, die Atmosphäre war super.
Salomon Kalou und Vedad Ibisevic hatten angekündigt, für das Team zu rappen. Kalou wollte die Beatbox geben, Ibisevic den Sänger.
Jeder musste etwas Musikalisches zum Besten geben, die Jungs haben das gut gemacht. Solche Aktionen gehören natürlich dazu: Wenn man ein paar Tage aufeinandersitzt und viel trainiert, braucht man ein bisschen Spaß und Abwechslung. Nach allem, was ich bisher so gesehen und vom Lauftrainingslager in Bad Saarow gehört habe, ist die Stimmung im Team wirklich super.
In Bad Saarow waren Sie noch nicht dabei …
… weil ich zuvor mit der Nationalmannschaft zum Confed-Cup reisen durfte. Dadurch hat sich in der Vorbereitung alles verschoben: Als meine Teamkollegen bereits geackert haben, war ich im Urlaub. Dort habe ich zwar ein paar Laufeinheiten gemacht, aber in den ersten Trainingseinheiten bei Hertha habe ich natürlich gemerkt, dass ich ein bisschen Nachholbedarf habe. Aber jetzt bin ich wieder auf einem guten Stand. Ich bin generell auch kein Typ, der von heute auf morgen seine Fitness verliert.
An welches Erlebnis bei der Nationalmannschaft erinnern Sie sich besonders gern?
Zunächst an den Moment, als ich zum ersten Mal die Einladung bekommen habe. Ich hatte vorher ja in einigen U-Nationalteams gespielt, aber die Nominierung für die A-Mannschaft war ganz eine besondere Auszeichnung. Die Zeit in Russland war dann auch sensationell: das ganze Umfeld, die Reisen, die Hotels, alles super organisiert. So konnten wir uns voll und ganz auf die sportliche Aufgabe konzentrieren. Die Krönung war natürlich der Sieg im Finale. Ich war sehr zufrieden mit dieser Zeit und hoffe, dass ich in Zukunft häufiger dabei sein kann.
Bis Sie zum ersten Mal im Nationaltrikot auf dem Platz standen, verging allerdings eine gefühlte Ewigkeit.
Sie meinen die Szene aus dem Dänemark-Spiel, oder? Nach Jonas Hectors Verletzung sollte ich eingewechselt werden und stand schon an der Seitenlinie bereit. Dann dauerte es aber minutenlang, bis der Ball im Seitenaus landete und das Spiel unterbrochen war. Ich habe die ganze Zeit auf die Stadionuhr geschaut und mich gefragt: Komme ich überhaupt noch rein? Am Ende hat es immerhin drei, vier Minuten und ein paar Ballkontakte gereicht.
Gab es nach dem Confed-Cup ein abschließendes Feedback von Bundestrainer Joachim Löw?
Einzelgespräche gab es nicht. Nach dem Finale ging ja alles ruckzuck, weil wir Spieler in den Sommerurlaub gegangen sind. Dafür hat Joachim Löw vor der ganzen Mannschaft ein Fazit gezogen. Aber sehen Sie mir bitte nach, dass ich auf die Details nicht näher eingehen möchte.
Sie sind der erste deutsche Nationalspieler bei Hertha BSC seit Arne Friedrich, seit neun Jahren also. Was bedeutet Ihnen das?
Eine ganz schön lange Zeit, oder? Für mich ist es eine große Ehre. Dafür will ich mich auch nochmal beim Verein und meinen Kollegen bedanken. Ohne die Jungs und die guten Leistungen der letzten zwei Jahre wäre das so sicherlich nicht zustande gekommen.
Als Sie im Sommer 2014 nach Berlin gewechselt sind, lagen ziemlich turbulente Jahre hinter Hertha BSC. Der Verein gehörte eher ins untere Tabellendrittel als in den Europapokal. Warum haben Sie sich trotzdem für Berlin entschieden?
Ich hatte auch andere Angebote, stimmt. Was ich bei den Gesprächen mit Michael Preetz und dem damaligen Trainer Jos Luhukay herausgehört habe, fand ich sehr positiv, es hat mein Bauchgefühl bestätigt. Im Nachhinein hat sich das dann allerdings anders dargestellt.
Unter Jos Luhukay haben Sie fast nie gespielt. Der Trainerwechsel hin zu Pal Dardai muss ein echter Segen für Sie gewesen sein.
Ich wusste auch vorher, dass ich mich in Berlin weiterentwickeln kann, dass der Verein im Kommen ist. Aber es stimmt: Mit dem Trainerwechsel ging es für mich blitzschnell nach oben, ich habe dann fast jedes Spiel gemacht und das Vertrauen bekommen, das man als junger Spieler braucht. Der neue Trainerstab hat dafür gesorgt, dass wir einen guten Teamgeist entwickeln und jeder seine Aufgaben kennt. Ohne das Trainerteam hätten wir das nie so hinbekommen.
Genau so ist Hertha BSC in den letzten Jahren auch auf dem Platz aufgetreten: geschlossen, laufstark, als Einheit, die weit mehr ist als die Summe ihrer Einzelspieler.
Es hat allerdings auch ein paar Wochen und Monate gebraucht, bis wir die Spielzüge und das Konzept verinnerlicht hatten. Das hat sich nachträglich ausgezahlt: Ich glaube, viele waren wirklich überrascht, dass wir so lange ganz vorn mitgespielt haben und am Ende auf einem Europapokalplatz gelandet sind.
In den letzten Jahren gab es unter den Bundesligisten einige abschreckende Beispiele, für die sich der Europapokal eher als Fluch denn als Segen erwiesen hat, manche gerieten sogar in akute Abstiegsgefahr. Was muss Hertha BSC tun, um dieses Szenario zu verhindern?
Wir Spieler wissen, was uns in den englischen Wochen erwartet: Wir werden viel unterwegs sein, das ist sicherlich keine einfache Aufgabe. Aber wir haben uns als Mannschaft über Jahre entwickelt, können uns auf gewachsene Strukturen verlassen. Außerdem haben wir uns gut verstärkt, glaube ich. Die neuen Spieler haben sich gut eingeführt, wir haben es ihnen auch leicht gemacht. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wir eine gute Runde spielen. Unsere Mannschaft hat auf jeden Fall großes Potenzial.
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