Zwei Spiele, acht Tore: Das sind schöne Probleme für Hertha BSC
Vor zwei Wochen noch klagte Herthas Trainer Bruno über die Harmlosigkeit seiner Mannschaft, inzwischen hat er in der Offensive ganz andere Möglichkeiten.
Peter Pekarik hat erst 33 Jahre alt werden müssen, um auch einmal mit einer solchen Frage konfrontiert zu werden. Ob er denn jetzt Torschützenkönig bei Hertha BSC werde, wollte der Reporter von Sky gleich nach dem Spiel seiner Mannschaft bei Werder Bremen wissen. Peter Pekarik gab die beste Antwort, die er geben konnte. Er lachte.
Der Slowake entdeckt gerade so etwas wie eine geheime Leidenschaft: das Toreschießen. Schon vor einer Woche, im Pokal bei Eintracht Braunschweig, hatte er getroffen. Am Samstag nun brachte er Hertha im Auftaktspiel der neuen Bundesligasaison bei Werder Bremen mit 1:0 in Führung. Nicht schlecht für einen gelernten Verteidiger, der zuvor in 207 Erst- und Zweitligaspielen seit 2009 exakt ein Tor erzielt hatte – im März 2017 zum zwischenzeitlichen 1:0 bei einer 1:3-Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim. „Er wird wirklich langsam zum Torjäger“, sagte Bruno Labbadia, Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten.
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In Herthas interner Torschützenliste nimmt Pekarik trotzdem nur Platz zwei ein, weil Dodi Lukebakio sogar schon dreimal getroffen hat. Und dass es für den Slowaken auf Dauer noch weiter nach vorne gehen wird, ist auch nicht unbedingt zu erwarten. Das liegt nicht nur an seiner Position, es liegt vor allem an den Spezialisten, die Hertha für dieses Fach beschäftigt. „Unsere Stürmer haben gute Qualitäten“, sagte Innenverteidiger Dedryck Boyata nach Herthas 4:1-Erfolg in Bremen. „Mit ihnen können wir viel erreichen.“
Es ist schon ein bisschen paradox. Noch vor zwei Wochen sah sich Bruno Labbadia mit zweifelnden Fragen nach der Befähigung seiner Offensive konfrontiert. Da hatte Hertha gerade 0:2 gegen den Zweitligisten Hamburger SV verloren und die dritte Testspielniederlage hintereinander ohne einen eigenen Treffer kassiert. Herthas Trainer selbst gab zu, dass das Angriffsspiel der Hertha „ein Stück zu harmlos“ sei. Zwei Pflichtspiele später ist davon keine Rede mehr. Sowohl gegen Braunschweig als auch gegen Werder traf Hertha je vier Mal.
„Die Offensive hat das mit der gesamten Mannschaft sehr, sehr gut gemacht“, sagte Labbadia nach dem Sieg in Bremen. „Natürlich freuen wir uns darüber, aber es wäre sehr einfach, wenn man nach zwei Spielen meint, es wäre alles schon gut.“ Besser war zumindest die Balance zwischen Abwehr und Angriff. Ließen die Berliner in Braunschweig fünf Gegentreffer zu, war es gegen Werder nur noch einer. „Ich hätte gern zu null gespielt“, sagte Herthas Trainer. „Das wäre schön gewesen.“
Die drei Offensiven kosteten 61 Millionen
Immerhin hat der Bundesligaauftakt gezeigt, dass die Wucht in der Offensive nicht zwingend auf Kosten der defensiven Stabilität gehen muss. Allerdings sind die beiden bisherigen Pflichtspiele auch noch kein letztgültiger Maßstab für Herthas wahre Stärke. Die Gegner waren ein Aufsteiger und ein Fast-Absteiger in die Zweite Liga. Werders Trainer Florian Kohfeldt sieht Hertha „von der individuellen Qualität in anderen Sphären“.
Für die drei Offensivspieler, die in Bremen starteten, Krzysztof Piatek, Matheus Cunha und Dodi Lukebakio, haben die Berliner seit dem vergangenen Sommer 61 Millionen Euro ausgegeben. Und nach gut einer Stunde kam dann der gerade erst für 15 Millionen Euro verpflichtete Jhon Cordoba für Piatek ins Spiel. Das sagt einiges über die Gewichtsklasse, in der Hertha BSC in dieser Saison unterwegs ist. In Bremen trafen Cunha, Lukebakio und ganz zum Schluss auch noch Cordoba. Piatek hingegen brachte es lediglich auf einen Lattentreffer.
Cordoba bringt Wucht und Tempo mit
Weil Jhon Cordoba erst drei Trainingseinheiten mit seinen Kollegen absolviert hatte, war er für Herthas Trainer noch keine Option für die Startelf. Das aber dürfte sich eher kurz- als mittelfristig ändern. Mit dem Transfer haben die Berliner ihr Portfolio in der Offensive noch einmal um eine neue Komponente erweitert. „Er hat Wucht, er hat Tempo, und er kann Tore schießen“, sagte Herthas Manager Michael Preetz über Cordoba.
Der Kolumbianer war gerade erst auf dem Feld, als er maßgeblich an der Entstehung des 3:0 durch Matheus Cunha beteiligt war. Mit dem Rücken zum Tor behauptete Cordoba den Ball am Mittelkreis gegen einen Bremer Verteidiger und eröffnete auf diese Weise Vladimir Darida die Möglichkeit, einen weiteren formidablen Pass in die Spitze spielen.
„Das sind genau seine Stärken“, sagte Labbadia über Cordobas Ballbehauptung im Mittelfeld. „Er bringt etwas mit, was wir momentan nicht haben: Das ist seine körperliche Präsenz.“ Dank seiner Verpflichtung hat Labbadia nicht nur personell, sondern auch taktisch ganz neue Möglichkeiten. Gegen Bremen ließ er seine Mannschaft erstmals seit seinem Amtsantritt in einem 4-4-2-System mit zwei Stürmern spielen.
Selbst wenn Labbadia an dieser Formation festhält, stehen ihm drei hochpreisige Kandidaten für nur zwei Plätze im Sturm zur Verfügung. Ein Blick in das Gesicht von Krzysztof Piatek bei seiner vergleichsweise frühen Auswechslung ließ erahnen, dass der Pole über die Entscheidung seines Trainer alles andere als amüsiert war. Er ließ auch erahnen, dass der Konkurrenzkampf gerade im Sturm auf Dauer durchaus ungemütlich werden könnte. Bruno Labbadia sagte: „Das wäre das geringste Problem.“