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Spielt er, oder spielt er nicht? Herthas Piatek.
© AFP

Neuzugang Jhon Cordoba hofft auf Einsatz: Zwei Stürmer bei Hertha BSC in der Startelf? Eine Frage der Choreographie

Neben Piatek hat Hertha BSC mit Cordoba nun einen zweiten Stoßstürmer – für Trainer Labbadia kein Problem.

Bruno Labbadia ist schon so lange im Fußball tätig, dass er viele Moden hat kommen und gehen sehen. Als Labbadia in der Jugend anfing, trug der Rechtsaußen die 7 auf dem Rücken, der Mittelstürmer die 9 und der Linksaußen die 11. Irgendwann wurden aus drei Stürmern zwei und schließlich nur noch einer, wobei das wiederum die Renaissance der Links- und Rechtsaußen zur Folge hatte, die zwischenzeitlich auf der Roten Liste der bedrohten Arten standen.

Eins, zwei oder drei? Diese Frage könnte sich Bruno Labbadia, der Trainer von Hertha BSC, künftig häufiger stellen müssen, nachdem der Klub in dieser Woche für 15 Millionen Euro den Kolumbianer Jhon Cordoba vom 1. FC Köln verpflichtet hat. Einen wuchtigen und dynamischen Angreifer, einen echten Stoßstürmer. Den zweiten neben Krzysztof Piatek, für den der Berliner Fußball-Bundeligist erst im Winter 23 Millionen Euro ausgegeben hatte.

Beide haben den Anspruch, von Anfang an zu spielen. Aber geht das überhaupt, wenn beide ähnliche Stärken haben und sich vor allem in ähnlichen Räumen bewegen? Für Bruno Labbadia ist diese Frage nicht neu. Er kennt sie schon aus Wolfsburg, seiner vorherigen Station als Trainer. Auch da hatte er zwei Stürmer mit klaren Startelfambitionen, zum einen den kantigen Holländer Wout Weghorst, zum anderen den kantigen Westfalen Daniel Ginczek, die sich in ihrer Art, ihrer Statur und ihren Vorlieben sogar noch mehr ähnelten.

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Also, geht das? „Ich sehe wenige Pärchen, die nicht zusammenpassen“, sagt Labbadia. „Wenn die Spieler clever und bereit sind, ist das definitiv möglich. Wenn sie nicht bereit sind, dann wird der Bessere spielen. Ganz einfach.“ Es hat ja schon 1970 bei der WM in Mexiko funktioniert, als alle Welt davon ausging, dass es unmöglich sei, Gerd Müller und Uwe Seeler gemeinsam aufzubieten. Müller wurde mit zehn Treffern Torschützenkönig, Seeler traf als hängende Spitze drei Mal – und überzeugte vor allem als Vorbereiter.

Wenn Hertha BSC an diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) mit dem Auswärtsspiel bei Werder Bremen in die neue Saison der Bundesliga startet, muss Labbadia die Grundsatzfrage – ein Stürmer oder zwei? – vermutlich noch nicht abschließend beantworten. Cordoba sagt zwar: „Ich habe beide Varianten schon gespielt. Beide sind gut.“

Aber vermutlich wird er in Bremen erst einmal nicht in der Startelf stehen. Am Mittwoch hat er zum ersten Mal in Berlin trainiert. „Es ist schwer zu sagen, ob es schon Sinn macht“, gibt Labbadia zu. „Er kennt gewisse Abläufe nicht.“ Aber gerade bei einem System mit zwei Mittelstürmern brauche es Zeit, um die richtige Abstimmung hinzubekommen, die Laufwege perfekt zu choreographieren, erklärt Herthas Trainer.

Labbadia: "Wir sind nicht von einem System abhängig"

Damals in Wolfsburg hat er Ginczek und Weghorst auch nicht von Anfang an gemeinsam aufgeboten. Ginczek war zunächst Back-up für Weghorst. Erst als es nicht richtig lief beim VfL, rang sich Labbadia zu einschneidenden Veränderungen durch und stellte vom 4-3-3 auf ein 4-4-2 mit Raute im Mittelfeld um, um beide Stürmer spielen zu lassen.

Auch für Herthas Kader wäre das eine Möglichkeit, zumal in Bremen Javairo Dilrosun, der als Außenstürmer eher für ein 4-3-3-System taugt, mit Oberschenkelproblemen ausfällt. Vor Lucas Tousart als Sechser könnten Maximilian Mittelstädt (links) und Vladimir Darida (rechts) die Halbpositionen besetzen und auf der Zehn Matheus Cunha spielen.

„Wir sind nicht von einem System abhängig. Wir haben zwei, drei Systeme im Kopf, die ineinanderfließen können“, sagt Labbadia. „Aber die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, die soll immer gleich sein.“ Aktiv, offensiv und nach vorne gerichtet nämlich. Tatsächlich hat sich Labbadia in seinen ersten Monaten bei Hertha als recht undogmatisch erwiesen. Bei seinem Debüt im Mai wollte er seine Mannschaft eigentlich in seinem bevorzugten 4-3-3-System spielen lassen. Als er jedoch merkte, dass seine Spieler damit fremdelten, beließ er es einfach beim gewohnten 4-2-3-1.

„Ich habe mir die Systeme des Trainers angeschaut“, hat Jhon Cordoba diese Woche gesagt. „Sie sind dazu geeignet, dass man Tore erzielt. Das hat mir sehr gut gefallen.“ Im Idealfall nimmt Cordoba seinem Nebenmann Piatek nichts weg. Im Idealfall profitiert der Pole sogar von seinem Nebenmann, der mit seiner Präsenz einen Teil der Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Wir brauchen das auch: dass wir noch mehr Leute haben, die Tore schießen können“, sagt Bruno Labbadia. „Jhon ist so einer.“

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