Handelsstreit China contra USA: Trumps Zollkrieger
Die USA und China ringen um die Vormachtstellung im Welthandel. Nun kommt es zum Treffen der Präsidenten beim G20-Gipfel. Setzen sich Amerikas Hardliner durch?
Die Situation ist angespannt. Die beiden größten Wirtschaftsnationen liefern sich seit Monaten einen Handelsstreit, der auch die Weltwirtschaft bremst. Nun treffen die Präsidenten der USA und Chinas am Rande des G20-Gipfels in Buenos Aires aufeinander.
Ob sich Donald Trump und Xi Jinping dabei zumindest auf einen Waffenstillstand einigen können, ist offen. Klappt das nicht, könnten die USA am 1. Januar bereits verhängte Sonderzölle auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden Dollar anheben – von zehn auf 25 Prozent. Schlimmstenfalls könnten die Amerikaner sogar alle Warenimporte aus China im Wert von insgesamt mehr als 500 Milliarden Dollar mit Zöllen belegen.
In der US-Regierung ist ein Streit über den Umgang mit China ausgebrochen. Es gibt die „Falken“, die auf eine Konfrontation hinarbeiten, und die „Tauben“, die an Kompromiss und Verständigung interessiert sind. Derzeit sieht es danach aus, als ob die China-Falken die Oberhand gewinnen. Das sind sie.
Donald Trump
Da ist zum einen der US-Präsident selbst. Donald Trump sei besessen von China, heißt es in Washington. Und vor allem mit dem Defizit, das der Handel zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten aufweist: 2017 exportierten die USA nach China Waren im Wert von 130 Milliarden Dollar, dagegen stehen Importe aus China im Wert von 505 Milliarden.
Dieses gigantische Ungleichgewicht wurmt Trump, empfindet er es doch als Blamage, wenn amerikanische Güter weniger attraktiv sind als andere – und schon gar solche aus der kommunistisch geführten Volksrepublik China. Schon 2011 schrieb er in seinem Buch „Time to get tough: Making America #1 Again“: „Die Führung Chinas ist nicht unser Freund.“
Im Gegenteil, das Ziel Chinas sei es, die USA zu ruinieren, Jobs zu klauen, die US-Technologie zu stehlen und den amerikanischen „Way of Life“ zu zerstören. Bei einer Kundgebung in Indiana während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 erklärte er: „Wir können es nicht weiter zulassen, dass China unser Land zerstört.“ Und er zeigte sich überzeugt davon, dass die USA einen Handelskrieg mit China gewinnen würden – vor allem mit der Waffe hoher Einfuhrzölle.
Die Politik seiner beiden Vorgänger, George W. Bush und Barack Obama, China einzubinden, in der Hoffnung, dass sich das Land öffnet, hält er für gescheitert. China ist für ihn ein strategischer Wettbewerber, den es kleinzuhalten gilt.
Statt mit dem Land über Probleme zu sprechen, wird nun bestraft, wenn sich die Volksrepublik nicht an die Regeln hält. Und das geht weit über die wirtschaftlichen Beziehungen hinaus. Der anfängliche Flirt mit Xi, den er in sein Golfresort einlud und mit ihm das „schönste Stück Schokokuchen der Welt“ verspeiste, hat sich abgekühlt, auch wenn Trump den chinesischen Präsidenten immer wieder als „großartigen Freund“ bezeichnet. Am Samstagabend treffen sich beide in Buenos Aires zu einem informellen Abendessen. Ausgang offen.
Mike Pence
Die 40-minütige Rede des Vizepräsidenten am 4. Oktober gilt als endgültige Kehrtwende im Verhältnis zu China. Was Mike Pence vor dem konservativen Washingtoner Thinktank Hudson Institute ausbreitete, hatte es in sich.
Pence prangerte die wirtschaftliche und „militärische Aggression“ Pekings an, das „keine friedlichen Absichten“ habe, kritisierte das „Orwellsche System“ in China, mit dem das Regime seine Bürger überwacht, und die Verfolgung ethnischer und religiöser Minderheiten im eigenen Land. Außerdem behauptete Pence, Peking betreibe die Ablösung Trumps, dessen entschlossenes Vorgehen China fürchte.
„Was die Russen machen, verblasst gegenüber dem, was die Chinesen machen“, sagte er mit Blick auf eine angebliche Einmischung in den US-Kongresswahlkampf. Das Weiße Haus sehe in Peking nun einen Rivalen und werde alles daransetzen, dass die Regierung ihr Verhalten ändere – sowohl im Aus-, als auch im Inland. Eine radikale Abkehr von Obamas Politik, der das aufstrebende Land besser in das internationale System einbinden wollte.
Pences Worte klangen für viele Beobachter wie die Ankündigung eines neuen Kalten Krieges. Dass daraus auch ein richtiger Krieg werden könnte, nimmt er offenbar in Kauf. Im Inselstreit im südchinesischen Meer, bei dem Washington Chinas Nachbarstaaten unterstützt, kam es kurz vor der Rede fast zu einem Zusammenstoß von Kriegsschiffen beider Nationen. Genau dort würden die USA nun ihre Patrouillen verstärken, sagte Pence und drohte: „Wir werden nicht zurückweichen.“
John Bolton
Trumps Nationaler Sicherheitsberater ist der Oberfalke in der Regierung, härter tritt keiner auf. John Bolton sprach sich für einen Angriff auf den Iran aus, spekulierte über einen Erstschlag gegen Nordkorea und plädierte dafür, die Vereinten Nationen finanziell austrocknen zu lassen.
Internationale Verträge lehnt der Mann mit dem markanten Schnauzbart als Zeichen von Schwäche ab. Seit langem fordert er auch einen härteren Umgang mit China, das er für gefährlich hält. Bolton ist ein ideologischer Konservativer und gilt als ausgesprochen Taiwan-freundlich.
Taiwan sieht sich als eigenständiges Land, wird aber von China beansprucht. International wird Taiwan von vielen Ländern nicht offiziell anerkannt, die USA empfinden sich als Schutzmacht des Inselstaats. Die Regierung Trump lässt daran keinen Zweifel.
Bolton wird auch zugetraut, dass er einen militärischen Konflikt in Kauf nehmen würde, um seine Ziele zu erreichen. Gerne zitiert er das römische Sprichwort: Willst du Frieden, bereite dich auf den Krieg vor.
Mike Pompeo
Mike Pompeo, der schon nach gut einem Jahr den von Trump als zu moderat empfundenen Rex Tillerson als Außenminister ablöste, gilt ebenfalls als Taiwan-freundlich und teilt auch ansonsten viele der Ansichten Boltons. Pompeo war Mitglied der Tea-Party-Bewegung, ist streng konservativ und scheut nicht vor Auseinandersetzungen zurück.
Sein zuweilen aggressives Auftreten macht den Diplomaten um ihn herum häufig das Arbeiten schwer. Als CIA-Chef hatte Pompeo China als „ebenso gefährlichen Gegner wie Russland“ bezeichnet, gegen den sich die USA wehren würden.
Peter Navarro
Schon alleine die Aufsätze des Handelsberaters des Weißen Hauses sprechen Bände. „Death by China: Confronting the Dragon“ heißt eines seiner Bücher, zu einem anderen mit dem Titel „The Hundred-Year Marathon: China’s Secret Strategy to Replace America as the Global Superpower“ hat er als Autor beigetragen.
Der Wirtschaftsprofessor tritt auf wie ein Populist. Gerade erst hat er für Aufsehen gesorgt, weil er US-Konzernchefs in scharfen Worten dazu aufforderte, sich nicht in die Handelsgespräche zwischen den USA und China einzubringen.
„Wenn diese unbezahlten ausländischen Agenten dieser Art von Diplomatie nachgehen – angeblicher Diplomatie –, schwächen sie lediglich diesen Präsidenten und seine Verhandlungsposition“, sagte Peter Navarro Anfang November bei einer Rede am Center for Strategic and International Studies in Washington. Navarro, der kein Kabinettsmitglied ist, ist einer der wichtigsten Köpfe hinter Trumps Handelsstrategie.
Auch er ist wie sein Chef überzeugt, dass China die vergangenen beiden Jahrzehnte schamlos auf Kosten der USA gelebt hat, dass eine aggressive Handelspolitik Fabrikarbeiter-Jobs wieder zurück in die USA bringen wird und dass das amerikanische Handelsdefizit eine Gefahr für die nationale Sicherheit ist.
Wie der einstige Trump-Berater Steve Bannon, mit dem er immer noch engen Kontakt pflegen soll, behauptet er, dass nicht die USA einen Handelskrieg begonnen haben, sondern dass dieser schon seit Jahren stattfindet.
Robert Lighthizer
Trumps Handelsbeauftragter im Kabinett zählt ebenfalls seit Jahrzehnten zu den China-Falken in der US-Politik. Er kennt sich mit der Materie aus: Bereits in den Achtzigerjahren diente er Ronald Reagan als stellvertretender Handelsbeauftragter.
Wie Navarro sieht er Handelsdefizite als große Bedrohung und will erreichen, dass die chinesische Politik sich grundsätzlich ändert. „China stiehlt unsere Technologie“, erklärte er jüngst in einem Interview mit dem TV-Sender Fox News. „Wenn wir unsere Innovationen nicht verteidigen können, verlieren wir unseren Vorsprung.“
Geht es nach ihm, sind die beiden größten Volkswirtschaften künftig weniger miteinander verflochten. Letztlich will er Chinas Aufstieg bremsen und erreichen, dass Unternehmen, Arbeitsplätze und Fabriken wieder zurück in die USA verlagert werden. Von ihm ist wenig Entspannung zu erwarten.
Wilbur Ross
Trumps Handelsminister schließt gerade die mit Spannung erwartete Studie ab, mit der untersucht werden soll, ob der Import von Autos die nationale Sicherheit der USA bedroht. Seit Mai geht Wilbur Ross dieser steilen These nach, die Amerikas Handelspartner empört.
Bestätigen die Ergebnisse die Ausgangsthese, könnte Trump schon bald Zölle auf importierte Autos beschließen. Unter Berufung auf den Schutz der nationalen Sicherheit hatte Trump bereits Zölle auf Stahl und Aluminium verhängt.
Schon Anfang 2000 hatte sich Ross mit Chinas Stahlproduzenten angelegt. Eigentlich gilt der Milliardär Ross, ein großer Bewunderer der chinesischen Kultur, als deutlich weniger konfrontativ als Navarro und Lighthizer. Aber seit seinem Eintritt in die US-Regierung hat er sich mehr und mehr den Falken angeschlossen.