Liveticker zur Flüchtlingskrise: Bundestag verschärft das Asylrecht
Der Bundestag hat das Asylgesetz angenommen. CSU-Chef Horst Seehofer warnte vor einem "grandiosen" Scheitern Deutschlands in der Flüchtlingskrise. Die Ereignisse im Liveticker.
Der Bundestag berät derzeit abschließend über das Asylpaket der Regierung. Am späten Nachmittag kommen die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel mit Parlamentspräsident Martin Schulz zusammen. In Berlin ist am Morgen das ehemalige Gebäude der Landesbank als neue Erstaufnahmestelle eröffnet worden. Am Lageso in Moabit stehen nun beheizte Zelte für die durchgefrorenen Flüchtlinge. In diesem Ticker schildern wir die Entwicklung in Deutschland und Europa. Einen gesonderten Liveticker für die Flüchtlingskrise in Berlin finden Sie hier. Unsere Themenseite Flüchtlinge finden Sie hier.
13:30 Uhr - Asylgesetz mit großer Mehrheit angenommen: In namentlicher Schlussabstimmung votierten 475 Abgeordnete für das Asylpaket der großen Koalition. 68 stimmten dagegen, 57 enthielten sich. Das umfangreiche Gesetz aus dem Bundesinnenministerium hat zum Ziel, Asylverfahren zu beschleunigen und dafür zu sorgen, dass abgelehnte Asylbewerber das Land schneller verlassen als bislang. Dazu sind unter anderem Verschärfungen bei Abschiebungen und Einschränkungen bei den Sozialleistungen vorgesehen.
So sollen künftig wieder verstärkt Sachleistungen statt Bargeld ausgegeben werden. Abgelehnte Asylbewerber, die sich einer Ausreise verweigern, sollen gar keine Sozialleistungen mehr erhalten. Auf der anderen Seite sieht das Gesetz mehr Integrationsangebote für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive vor. Unter anderem sollen die Sprachkurse für Asylbewerber geöffnet werden.
Ein ebenfalls beschlossenes Gesetz aus dem Bundesfamilienministerium soll für eine Verbesserung der Lage minderjähriger Flüchtlinge sorgen. Unter anderem ist vorgesehen, dass künftig alle Länder unbegleitete Minderjährige aufnehmen müssen.
12:40 Uhr - Abstimmung läuft: Die Abstimmung über das neue Asylgesetz im Bundestag läuft. Es wird mit einer breiten Mehrheit gerechnet, wobei sich die Grünen wohl enthalten werden.
12:34 Uhr - Landkreistag fordert Einschränkung des Asylrechts: In der Debatte um eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen haben Kommunen jetzt auch eine Beschneidung des Asylrechts im Grundgesetz gefordert. Eine Änderung des Asylgrundrechts dürfe kein Tabu mehr sein, erklärten Landkreistag-Präsident Reinhard Sager und der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands, Hans-Günter Henneke, am Donnerstag in Berlin. Die Bundesregierung lehnt bislang eine Einschränkung des Asylrechts in der Verfassung klar ab.
Konkret schlägt der Deutsche Landkreistag vor, Menschen aus sicheren Herkunftsländern vom Geltungsbereich des grundgesetzlich zugesicherten Rechts auf Asyl auszunehmen. Da diese Antragsteller schon heute „faktisch niemals“ als Asylberechtigte anerkannt werden, „wird das Asylgrundrecht durch einen solchen Schritt in seiner Substanz nicht berührt“, heißt es in einem Positionspapier. Asylbewerber aus Staaten, die als sicher eingestuft wurden, könnten sich dann nicht mehr auf das Asylrecht berufen.
Der Landkreistag erklärte, man müsse so ehrlich sein und eingestehen, dass die im Asylpaket der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen nicht zu einer unmittelbaren Begrenzung des Zuzugs führen werden. Das Paket sieht eine Reihe von Verschärfungen vor, um dafür zu sorgen, dass abgelehnte Asylbewerber das Land schneller wieder verlassen.
12:12 Uhr - Seehofer erhält Unterstützung aus der SPD: Der Lüneburger SPD-Oberbürgermeister Ulrich Mädge hat die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung scharf kritisiert und die Forderungen von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ausdrücklich unterstützt. „Ich stelle fest, dass im Bund die Realität noch nicht angekommen ist. Da gibt es einen, der sie offen anspricht, der auch mit seinen Bürgermeistern und Landräten spricht, und das ist Horst Seehofer“, sagte der amtierende Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetages dem Radiosender NDR-Info. Anders als seine SPD forderte Mädge Transitzonen an den Grenzen, eine Begrenzung des Nachzugs von Familienangehörigen und schnellere Asylverfahren. „„Wir schaffen das“ und „Weiter so“ - das reicht nicht aus“, sagte er mit Blick auf die Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). „Ich erwarte auch, dass mal jemand sagt: „Ich habe mich geirrt!“, wie wir das auch täglich machen müssen.“
Zur Not müsse Merkel nationale Maßnahmen ergreifen, wenn die Frage nicht europäisch zu lösen sei. „Man man muss wirklich darüber nachdenken, ich sage es so platt, ob jeder, der aus einem Zelt in der Türkei kommt, auch Verfolgter ist im Sinne unseres Grundgesetzes“, sagte der Lüneburger Oberbürgermeister. Die rot-grüne Regierung Niedersachsens forderte er auf, der Verschärfung des Asylrechts am Freitag im Bundesrat zuzustimmen.
11.33 Uhr - "Wer Flüchtlinge hasst, hasst auch Deutschland": Thomas de Maizière wendet sich zum Ende seiner Rede auch gegen Hetze, die sich gegen Flüchtlinge richtet. "Menschen, die Flüchtlinge hassen, hassen in Wahrheit auch unser Land", sagt der Bundesinnenminister. Und wer Galgen zeige, ergänzt er hinsichtlich der letzten Pegida-Demonstration in Dresden, verlasse "den Boden für Dialog". Der Auftritt des Ministers im Bundestag gerät insgesamt kraftvoller, als de Maizière in den letzten Wochen noch zu erleben war.
11.20 Uhr - Fernduell Merkel - Seehofer: Als Horst Seehofer um kurz nach zehn zu seiner Regierungserklärung im bayerischen Landtag ansetzte, war Angela Merkel schon durch. Die Bundeskanzlerin sprach sich erneut gegen eine Abschottung aus, das sei eine Illusion (siehe die Einträge zu Merkels Erklärung etwas weiter unten im Ticker). Horst Seehofer wiederum wiederholte seine Forderung nach einer "Begrenzung der Zuwanderung". Der Bund müsse die Kommunalpolitiker endlich hören. (Ausführliches zu Seehofers Regierungserklärung ebenfalls etwas weiter unten) . Damit macht Seehofer weiter Druck auf Merkel, wenngleich die bayerischen Störfeuer für die Kanzlerin derzeit gar nicht das größte Problem sind, sondern eher die Kritik in ihrer Partei. Am Mittwochabend musste sie sich harte Worte bei einer Regionalkonferenz der CDU in Sachsen anhören.
11.17 Uhr - "Es sind auch unsere Sorgen", sagt de Maizière: Der Bundesinnenminister geht nun auf die beiden Aspekte des Asylpaketes ein, das gleich zur Abstimmung gestellt werden soll. Härte und Zuwendung gehören gleichermaßen dazu. "Wir setzen auf eine konsequente Rückführung der Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive", sagt er. Wer nicht kooperiere, bekomme keine Leistungen. Aber die andere Seite des Pakets sei: Wer eine Bleibeperspektive habe, solle schneller integriert werden, arbeiten können und schneller eine längerfristige Unterkunft bekommen. "Sprache und Arbeit sind die besten Mittel für Integration." Zugleich geht er auf Bedenken aus der Bevölkerung ein. "Die Sorgen werden größer", sagt de Maizière. "Das dürfen wir auch aussprechen. Es sind auch unsere Sorgen, nicht nur die Sorgen der Bevölkerung." Klar sei die Erkenntnis: "Die Zahl derer, die in diesem Jahr zu uns kommen, ist einfach zu hoch. Und ich kenne niemanden, der das ernsthaft bestreitet." Keine Maßnahme alleine könne dem entgegenwirken, nur ein ganzes Paket. Weder völlige Abschottung, noch eine völlige Öffnung würden eine Lösung herbeiführen. "Es ist eine Frage des Maßes."
10.59 Uhr - "Wollen Sie, dass geschossen wird?": Eine Kurzintervention des Linken-Abgeordneten Klaus Ernst bringt zusätzliche Schärfe in die Debatte. Er will von Hans-Peter Friedrich wissen, wie er sich die Grenzsicherung angesichts der schieren Menge an Flüchtlingen, die nach Europa wollen, konkret vorstellt. "Wollen Sie denn irgendwann, dass geschossen wird an den Grenzen?", fragt Ernst. "Wo hören Sie auf?" Der CSU-Politiker weist das zurück. "Sie sind ein Radikaler", antwortet er Ernst. Dessen Behauptung sei "unsäglich". Die Sicherung der Grenzen sei "ein staatsrechtliches Thema", beteuert Friedrich (zur juristischen Seite lesen Sie hier ein Interview mit dem Staatsrechtler und CDU-Politiker Rupert Scholz). "Wir müssen in der Lage sein, unsere Grenze zu schützen." Auf die Frage, wie das konkret geschehen solle, geht Friedrich allerdings nicht ein.
10.52 Uhr - Friedrich für vorsichtige Gespräche mit Türkei: Man müsse der Türkei finanziell helfen, um die Flüchtlingskrise bewältigen zu können, sagt Friedrich. Aber er warnt davor, gleichzeitig wieder über einen EU-Beitritt der Türkei zu sprechen. Dafür sei diese Frage von zu grundsätzlicher Bedeutung. Außerdem solle man sich Afrika zuwenden, "bevor sich die Afrikaner auf den Weg machen, alle nach Europa kommen zu wollen".
10.48 Uhr - Transitzonen "notwendiges Stoppsignal": Im Gegensatz zum Koalitionspartner SPD bezeichnet Friedrich die Transitzonen nicht als "Haftlager", sondern verteidigt sie als "notwendiges Stoppsignal an unseres Grenzen".
10.45 Uhr - CSU fordert "Reduzierung des Zustroms auf das verkraftbare Maß": Die CSU im Bundestag vertritt nun Hans-Peter Friedrich am Rednerpult. "Alle wollen helfen, nur einige haben andere Vorstellungen als andere, wie man helfen kann." Die Frage sei, wie viele Flüchtlinge verkraftbar seien. "Wir können nur so viele aufnehmen, wie wir auch integrieren können, ohne unsere Kultur, ohne Identität zu gefährden." Implizit verteidigt Friedrich auch die Vorbehalte der osteuropäischen Nachbarn gegen feste Verteilquoten. Jedes Land entscheide in seiner eigenen Souveränität. "Sie brauchen nicht unseren moralischen Zeigefinger." Friedrich fordert eine "Reduzierung des Zustroms auf das verkraftbare Maß". Es müsse nun erreicht werden, die Außengrenzen Europas "lückenlos zu schützen" - und zwar "nicht irgendwann, nicht nächstes Jahr, auch nicht irgendwann in Monaten, sondern jetzt". Wenn das nicht gelinge, "wird uns nichts anderes übrig bleiben, als wieder unsere nationalen Grenzen zu schützen".
10.36 Uhr - Kauder attackiert Grüne: Während Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Lokalpolitiker der Grünen in Baden-Württemberg für das Asylpaket plädierten, weil sie im konkreten Handeln vor Ort Verantwortung spürten, bräuchten die Grünen im Bundestag diese Veranwortung nicht zu übernehmen. Aber: "Das hätte ich eigentlich von Ihnen erwartet." Die Union habe in Zeiten der Opposition bei bedeutenden Entscheidungen auch mit der Regierung gestimmt. "Enthaltung hat mit Verantwortung in schwerer Zeit nichts, aber auch gar nichts zu tun", hält Kauder den Grünen-Abgeordneten vor. Und zum Ende seiner Rede: "Es steht viel auf dem Spiel, nämlich dass sich Europa in einer schwierigen Zeit als handlungsfähig erweist."
10.29 Uhr - Kauder verteidigt Türkei-Reise Merkels: Alles andere, als mit der Türkei zu sprechen, sei „Politikverweigerung“, antwortet Kauder auf die Kritik an dem am Wochenende geplanten Besuch Angela Merkels bei Staatspräsident Erdogan.
10.27 Uhr - CDU für gemeinsame Sicherung der europäischen Außengrenzen: Angesichts der nie gekannten Flüchtlingszahlen müsse man die Flüchtlingspolitik in Europa „neu sortieren“, gibt Kauder zu bedenken. „Schengen kann nur funktionieren, wenn jeder die Außengrenze sichert, die er hat.“ Für viele Staaten sei das aber bei so vielen Flüchtlingen nicht mehr zu leisten. Deshalb sei eine gemeinsame Verantwortung Europas für die Grenzsicherung nötig. „Wir sind bereit mitzuhelfen, dass dieses Europa seine Außengrenzen sichern kann.“
10.22 Uhr - Volker Kauder sieht Europa am Scheideweg: Von der Bewältigung der Flüchtlingsfrage hänge das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union ab, sagt CDU-Fraktionschef Volker Kauder. „Wenn jetzt keine richtige Antwort kommt, dann werden sich viele fragen: Was für einen Sinn hat dieses Europa überhaupt noch?“ Europa müsse erkennen, „dass man nicht im Kleinteiligen groß sein kann, aber im Großen kleinteilig.“
10.10 Uhr - Horst Seehofer macht weiter Druck auf Angela Merkel: Während in Berlin im Bundestag debattiert wird, richtet CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer weiter scharfe Kritik Richtung Angela Merkel. Er wiederholt in seiner Regierungserklärung vor dem bayerischen Landtag die Forderung, Zuwanderung zu begrenzen. "Wenn wir keine Grenzen setzen, wird uns die Bevölkerung die Grenzen setzen durch Entzug des Vertrauens." Deutschland werde ohne eine Begrenzung "grandios scheitern". Und eine Begrenzung sei auch kein Widerspruch zum Asylanspruch bedrohter Menschen.
Seehofer berichtete von Treffen mit Landräten in Bayern, die an der Grenze ihrer Belastbarkeit seien und nicht verstünden, was da in Berlin passiere. "Die Kommunalpolitiker müssen in Berlin endlich gehört werden", fordert er. Von Beschlagnahmung von Wohnraum sei schon die Rede bei seinen Kommunalpolitikern, weil sie täglich improvisieren müssten, um die große Zahl von Flüchtlingen zu bewältigen. "Das wird es mit uns aber nicht geben", sagt Seehofer. In der Flüchtlingspolitik, so Seehofer weiter, fehle derzeit jede Ordnung. "Es gilt kein Vertrag mehr, und kein Gesetz. Der Rechtsstaat muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden." Das Dublin-Verfahren müsse wieder zum Tragen kommen. Es sei völlig offensichtlich, dass durch die Außerkraft-Setzung der Regeln eine Sogwirkung entstanden sei, die zu dem nun großen Andrang von Flüchtlingen geführt habe. Angela Merkel hatte diese Regeln mit ihrem politischen Kurs der offenen Grenze letztlich außer Kraft gesetzt.
10.09 Uhr - Grüne kritisieren Umgang mit der Türkei: Die Rolle der Türkei bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise polarisiert. Thomas Oppermann hat soeben noch die Gespräche mit der Türkei verteidigt. Katrin Göring-Eckardt mahnt hingegen an, nicht zu viele Zugeständnisse zu machen, um nicht die Kurden aus dem Blick zu verlieren. "Herrn Erdogan muss man klar sagen, was europäische Werte sind", sagt sie für die Grünen. Es dürfe keinen "Rabatt in der Frage der Menschenrechte geben".
10.01 Uhr - Oppermann gegen "Grenzhaftlager": Sichere Außengrenzen seien nicht gleichzusetzen mit Abschottung, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann. Deutschland werde auch weiterhin in großer Zahl Flüchtlinge aufnehmen. "Mittelfristig" brauche man aber ein europäisches Asylverfahren mit Rechtsschutz vor europäischen Gerichten. Zwar plädiere die SPD für bessere Grenzkontrollen. "Aber Grenzhaftlager für Tausende von Flüchtlingen - das wird mit uns nicht zu machen sein", sagt Oppermann im Hinblick auf die Debatte um Transitzonen an deutschen Grenzen (hier finden Sie Hintergrundinformationen zu diesem Thema). Im Übrigen wirbt er für größere Anstrengungen bei der Integration, angesichts der Alterung der Bevölkerung in Deutschland stelle die Aufnahme von Flüchtlingen auch eine Chance dar.
9.51 Uhr - Bundeskanzlerin soll Türkei-Reise absagen: Angesichts des Umgangs mit den Kurden könne die Türkei nicht zum sicheren Herkunftsland erklärt werden, betont Wagenknecht. Sonst sei das eine "humanitäre Bankrotterklärung". Dann wendet sich die Linken-Politikerin direkt an die Bundeskanzlerin: "Sagen Sie Ihre Türkei-Reise ab!" Ein Besuch in dieser Situation wäre "nichts anderes als direkte Wahlkampfhilfe für Erdogan". Wagenknecht stößt nicht auf die ungeteilte Aufmerksamkeit des Plenums. Zwischendurch sieht Bundestagespräsident Norbert Lammmert sich sogar genötigt, Abgeordnete und Regierungsmitglieder ums Zuhören zu bitten. Wagenknecht wirft der Bundesregierung vor, im Land "Spannungen und Überforderung gesät" zu haben und damit Pegida zum Aufschwung zu verhelfen. Ihr Appell: "Nehmen Sie endlich Ihre Verantwortung wahr!"
9.39 Uhr - Wagenknecht verurteilt Flüchtlingspolitik als "Armutszeugnis": Eine Politik der Abschottung von Außengrenzen sei ein "Armutszeugnis" für Europa", kritisiert die neue Fraktionsvorsitzende der Linken gleich zu Beginn. Sie spricht von einem "Konjunkturprogramm für Stacheldrahthersteller". Statt Fluchtursachen zu bekämpfen, würden Waffenexporte nach Saudi-Arabien verdreifacht. Deutschland mache "glänzende Geschäfte" mit den Fluchtursachen.
9.33 Uhr - Merkel wirbt um Zustimmung: Nach einer knappen halben Stunde beendet Angela Merkel ihre Rede. Sie wirbt um Zustimmung für das Asylpaket: "Enthalten ist keine Option." Mit lang anhaltendem Applaus quittieren die Abgeordneten der Regierungsfraktionen die Erklärung der Kanzlerin. Jetzt kommt die Erwiderung der neuen Oppositionsführerin: Sahra Wagenknecht.
9.22 Uhr - "Die Türkei spielt eine Schlüsselrolle": Die Türkei spielt laut Angela Merkel eine "Schlüsselrolle" in der Flüchtlingspolitik. Die Flüchtlingsströme ließen sich nichts ordnen und eindämmen ohne die Türkei einzubinden. Sie werde das am Wochenende bei ihrem Besuch in der Türkei ansprechen - aber auch die Menschenrechtslage werde eine Rolle bei ihren Gesprächen spielen.
Merkel betont auch, dass in Europa alle ihren Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise leisten. Dafür gab es den bisher längsten Applaus - sieht man mal vom ersten Applaus zur Begrüßung ab.
9.11 Uhr - "Abschottung eine Illusion": Angela Merkel spricht sich in ihrer Regierungserklärung gegen eine Politik der geschlossenen Grenzen ausgesprochen. "Abschottung ist in einer digitalisierten und globalisierten Welt eine Illusion und keine Alternative". Sie verteidigt das neue Asylgesetz, das nach der Debatte vom Bundestag beschlossen werden soll. Anschließend muss es noch vom Bundesrat verabschiedet werden. Das Gesetz regelt eine schnellere Abschiebung von Flüchtlingen aus sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten" und es soll unter anderem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) besser ausstatten, um mit der weiter steigenden Zahl von Flüchtlingen besser umzugehen. Aber die Maßnahmen auf nationaler Ebene reichten nicht aus, es brauche eine europäische Lösung.
9.05 Uhr - Ein Lächeln zum Start: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird mit viel und langanhaltendem Applaus empfangen. Sie kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Kein Wunder, bläst ihr derzeit doch eher heftiger Gegenwind aus ihrer eigenen Partei entgegen.
8.57 Uhr - Regierungserklärung der Bundeskanzlerin erwartet: Angela Merkel wird in wenigen Minuten zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU, die ab dem Nachmittag in Brüssel zusammenkommen wollen, eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben. Dabei geht es natürlich um die Flüchtlingskrise. Ab 10.45 Uhr soll der Bundestag dann über das Asylpaket der Regierung entscheiden.
8.54 Uhr - Die Zelte sind aufgebaut. Die beheizten Zelte auf der Brachfläche neben dem Lageso-Gelände sind geöffnet. Nur: In einem der beiden Zelte sitzen gerade einmal 40 Flüchtlinge. Vor dem Lageso-Haus hingen: eine Schlange von 150 Menschen.
8.50 Uhr - Asylpaket für Peter Altmaier keine Abkehr von Willkommenshaltung: Kanzleramtsminister Peter Altmaier, neuerdings auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, hat das Asylpaket als "Meilenstein" bezeichnet. Es bedeute nicht, dass die Bundesregierung von ihrer Willkommenshaltung abrücke und auf Abwehr umschalte, sagte Altmaier am Morgen auf NDR Info. Es gehe vielmehr darum, Menschen, die nicht schutzbedürftig seien und aus sicheren Herkunftsländern kämen, schneller zurückzuführen. "Um das zu erreichen, werden wir Anreize senken, Taschengeld in Sachleistungen ausbezahlen, und wenn sich jemand weigert, obwohl der Ausreisetermin feststeht, der muss damit rechnen, dass er keine Sozialleistungen mehr bekommt", sagte Altmaier. Er verteidigte auch das Vorhaben, Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten einzustufen: "Diese Länder sind Demokratien und Rechtsstaaten und Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union und deshalb sagen wir, das sind sichere Staaten."
8.39 Uhr - Thomas de Maizière verteidigt sich im Morgenmagazin: Der Bundesinnenminister steht für seinen Umgang mit der Flüchtlingskrise seit Wochen in der Kritik - zumal er selbst zuletzt Kritik am Verhalten von Flüchtlingen geäußert hatte. Soeben hat er sich im ZDF-Morgenmagazin verteidigt. "Die Wahrheit auszusprechen in einer nüchternen Weise, ist Aufgabe eines Innenministers", sagte de Maizière. Er wies den Vorwurf zurück, der AfD in die Hände zu spielen. Zugleich verurteilte er scharfe Stellungnahmen wie die Darstellung eines Galgens bei einer Pegida-Demonstration in Dresden. "Es gibt Grenzen der Debatte", sagte de Maizière im Hinblick auf Hassparolen. Die Asylreformen, die der Bundestag am Vormittag beschließen soll, wertete er als "Gesamtpaket", das "greifen" werde.
8.19 Uhr - Sarah Connor beherbergt Flüchtlinge: Sängerin Sarah Connor hat eine syrische Flüchtlingsfamilie bei sich zu Hause aufgenommen. Eine 39-jährige Frau aus Aleppo lebe seit über vier Wochen zusammen mit ihren fünf Kindern in der Einliegerwohnung in ihrem Haus, schreibt die in Berlin lebende Musikerin in einem Essay für „Die Zeit“. Sie habe eigentlich nicht vorgehabt, dies öffentlich zu machen, schreibt die 35-Jährige, die selbst Mutter von drei Kindern ist. „Doch Boulevardmedien haben es nun getan.“ Daher erzähle sie die Geschichte selbst, um die syrischen Flüchtlinge und ihre eigene Familie „vor Spekulationen, Gerüchten und womöglich auch Anfeindungen zu schützen“. Sie bitte darum, die Privatsphäre der Gastfamilie zu respektieren. Sie habe keine politische Lösung, und auch sie sei besorgt. „Aber ich kann nicht so tun, als wüsste ich nicht von dem Leid der Menschen, die hier Zuflucht suchen.“
8.01 Uhr - Wo sind eigentlich die Flüchtlinge? Bundesallee 171, Wilmersdorf, Nässe und Kälte vor der Lageso-Außenstelle. Die Mitarbeiter in der einstigen LBB-Bank sollen Ordnung in das Chaos bringen, hier findet die Erstregistrierung statt (in den Zelten am Lageso in der Turmstraße findet nur eine Vorregistrierung statt). Nur: Draußen vor dem Haus stehen Sicherheitsleute, Verwaltungsmitarbeiter, Polizisten - und kein Flüchtling. "Gegen halb neun geht es los", heißt es. Die Absperrgitter stehen bereit, um den erwarteten Menschenandrang zu ordnen.
7.58 Uhr - Linken-Fraktionschef wirft Regierung Staatsversagen vor: Die Linkspartei erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. "Wir haben ein Staatsversagen", sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch im ZDF-Morgenmagazin. "Was gelaufen ist in den letzten Wochen und Monaten, war doch Chaos", fügte er hinzu. Das Asylpaket enthalte einige Punkte, "mit denen wir auch einverstanden sind", sagte Bartsch. So müssten etwa Asylverfahren beschleunigt und geordnet werden. "Aber die Grundrichtung ist meines Erachtens falsch", sagte Bartsch. Die Linke werde das Paket daher im Bundestag ablehnen und sich auch in Ländern mit Regierungsverantwortung dagegen stemmen. Lesen Sie hier die Kernpunkte des Asylpakets.
7.41 Uhr - So funktioniert die neue Berliner Registrierungsstelle: Um 8 Uhr öffnet heute im alten Landesbank-Gebäude in Wilmersdorf eine neue Aufnahmestelle für Flüchtlinge. Das neue Verfahren: Am Lageso in Moabit soll nur noch eine "Kurzregistrierung" mit Terminvergabe für Wilmersdorf erfolgen. Per Shuttlebus soll es dann in eine Notunterkunft gehen, nach einigen Tagen von dort zur vollständigen Registrierung zur Wilmersdorfer Außenstelle. Von dort kommen Flüchtlinge schließlich in längerfristige Unterkünfte. Auch das Bundesamt für Migration und die Arbeitsagentur sind in Wilmersdorf vertreten. Im Idealfall erhalten Syrer innerhalb eines Tages eine Anerkennung plus Arbeitserlaubnis und Hilfe bei der Jobsuche. So lautet zumindest der Plan. Hier haben wir die Details für Sie aufgeschrieben.
7.18 Uhr - Lehrerverband fordert Migranten-Quote für Schulklassen: Der Deutsche Philologenverband plädiert für eine Begrenzung des Migrantenanteils in Schulklassen. Nur so könne die Integration der Flüchtlinge gelingen, sagte der Vorsitzende des Verbands, Heinz-Peter Meidinger, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Donnerstag. "Schon wenn der Anteil von Kindern nicht deutscher Muttersprache bei 30 Prozent liegt, setzt ein Leistungsabfall ein", sagte er. "Dieser wird ab 50 Prozent dramatisch." Meidinger unterstrich zwar die Notwendigkeit von "Willkommens- oder auch Sprachlernklassen" für Flüchtlingskinder. Es wäre nach seiner Ansicht aber "fatal", wenn diese zu 100 Prozent aus Flüchtlingskindern bestehenden Klassen auch in den Regelklassen der verschiedenen Schularten wieder auflebten. Dies fördere Parallelgesellschaften. Der Philologenverband vertritt etwa 90.000 Gymnasiallehrer.
7.05 Uhr - 2000 neue Mitarbeiter fürs BaMF: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) soll 2000 neue Stellen zugeteilt bekommen. Das will der Haushaltsausschuss des Bundestag einem "Bild"-Bericht zufolge für 2016 beschließen. In diesem Jahr ist bereits eine Aufstockung um 1000 Mitarbeiter zugesagt.
(mit dpa, AFP)