CDU-Regionalkongress in Schkeuditz: Gegenwind für Flüchtlingspolitik von Angela Merkel
Der Streit über den Umgang mit den Flüchtlingen hört nicht auf. Mehr als 100 CDU-Politiker kritisieren inzwischen den Kurs von Angela Merkel.
Für ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik erntet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zunehmend Kritik aus den eigenen Reihen. Und auch die Umfragewerte werden immer schlechter. Die Union rutschte in dem am Mittwoch veröffentlichten Wahltrend von "Stern" und RTL mit 38 Prozent auf den niedrigsten Wert dieses Jahres. Zudem fordern laut "Bild"-Zeitung inzwischen mehr als 120 CDU-Politiker, die Grenzen für Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zu schließen.
Laut "Bild" entwickelte sich der Brief, in dem Merkel zu einer Kurswende in der Flüchtlingspolitik aufgefordert wird, inzwischen zu einem "Kettenbrief". Die Grenzschließung solle "zumindest praktiziert werden, solange die Schengen-Außengrenzen faktisch offen sind und die anderen Schengen-Staaten ihren europarechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen", zitierte die Zeitung aus dem Brief, den in der vergangenen Woche erst 34 CDU-Politiker unterzeichnet hatten. Medienberichten zufolge soll es bei der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion am Dienstag hoch her gegangen sein. Merkel sei von mehreren Innenpolitikern scharf kritisiert worden.
Auch bei einem Regionalkongress der CDU im nordsächsischen Schkeuditz wurde Merkel am Mittwochabend scharf attackiert. Teilnehmer der Zukunftskonferenz mit den Landesverbänden von Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen warfen der CDU-Bundesvorsitzenden Versagen vor. Weite Teile der Bevölkerung könnten Merkels „Wir schaffen das“ nicht mehr hören, sagte einer der knapp 1000 Teilnehmer. Ein anderer sprach von einer drohenden „nationalen Katastrophe“, sollte der Zuzug nicht gestoppt werden. Auf einem Plakat war zu lesen: „Flüchtlingschaos stoppen - Deutsche Kultur + Werte erhalten - Merkel entthronen“.
Merkel verteidigt sich
Merkel hatte ihren Kurs zum Auftakt der Konferenz noch einmal verteidigt. Das Recht auf Asyl und auf Schutz vor Bürgerkrieg und Verfolgung sei ein Recht, das prinzipiell jedem Menschen zustehe, sagte die Kanzlerin. Menschen mit Bleibeperspektive müsse auch eine Perspektive in Deutschland geboten werden. Zugleich müssten die Menschen, die nicht bleiben könnten, in ihre Heimat zurückgeführt werden. Hier könne man noch besser werden, sagte die Kanzlerin
Ohnehin hält der Streit über den Umgang mit der Flüchtlingskrise in den beiden Regierungsfraktionen an. Auch die Abstimmung des Bundestags über das Asylpaket an diesem Donnerstag wird daran nichts ändern. Erwartet wird zwar, dass sowohl CDU und CSU als auch SPD mit großer Mehrheit dem Asyl-Gesetzentwurf zustimmen. Das jedenfalls darf man nach den Beratungen der Fraktionen am Dienstag erwarten. Im Hintergrund jedoch schwelt die Frage, ob überhaupt und mit welchen Mitteln die Zahl der Ankommenden begrenzt werden kann. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte dem Sender N24, neben "viel Übereinstimmung" sei auch ein "Dissens" deutlich geworden "insbesondere bei der Beantwortung der Frage, schaffen wir es denn wirklich, wenn die Zugangszahlen so bleiben, wie sie seit August sind". Merkel habe "ihren Kurs erläutert und deutlich gemacht, dass sie dabei bleiben wird."
Wer positioniert sich wie?
Das Asylpaket hatte die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten im September vereinbart, um die Asylverfahren zu beschleunigen, den Kommunen mehr Geld zukommen zu lassen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Versorgung der Flüchtlinge und ihre Integration zügig vorangehen kann. Zudem geht es um die Begrenzung von Asylanträgen aus Staaten des Westbalkan durch deren Einordnung als sichere Herkunftsländer.
Beide Regierungsfraktionen und die dahinter stehenden Parteien ringen derweil um ihre weitere Positionierung – etwa in der Frage, wie in Zukunft Flüchtlinge verlässlicher registriert und unberechtigte Anträge zügiger abgewiesen werden können. Die Unions-Idee der Schaffung von Transitzonen ist zwar von der SPD- Spitze zurückgewiesen worden, was die Abgeordneten der Fraktion einhellig begrüßten. Die Arbeit an dem entsprechenden Gesetzentwurf geht jedoch weiter. Die Gefahr von Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern einer Zuzugsbeschränkung in der SPD ist also nicht gebannt. In der Union sammeln sich derweil zahllose Briefeschreiber, die wechselseitig die Position von Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik unterstützen oder ablehnen. Nach einer kontroversen Debatte in der Fraktion sahen sich Innenpolitiker wie Wolfgang Bosbach und Thomas Strobl am Mittwoch genötigt, die Kanzlerin öffentlich zu unterstützen.
Zu Berichten, der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl habe Merkel vor einer "Regierungsabwahl" gewarnt, sagte Bosbach, Uhl habe die Stimmung an der Basis geschildert und auf sinkende Umfragewerte hingewiesen. Zudem habe Uhl gefordert, dass die Regierung sich das Vertrauen der Bevölkerung erhalten müsse. (mit AFP)