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Der Zoll beschlagnahmt auch in Deutschland immer öfter Stoßzähne und Elfenbeinprodukte.
© picture alliance / Paul Zinken/d
Exklusiv

Elfenbein-Handel: Tonnenschweres Geschäft

Elefantenstoßzähne werden immer öfter über Deutschland und Europa nach Asien verkauft. Das Umweltministerium drängt die EU jetzt, den Markt für Elfenbein komplett zu schließen.

Deutschland drängt die Europäische Union, ihre Elfenbeinmärkte zu schließen. Am Dienstag trifft sich in Brüssel eine Expertengruppe, um darüber zu beraten, wie die Ergebnisse der Artenschutzkonferenz Cites 2016 in Südafrika umgesetzt werden. Die Europäische Komission hat ein Regelwerk vorgelegt, welche Elfenbeinwaren noch gehandelt werden dürfen und welche nicht. Diese Vorgaben sind Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Umweltministerium, zu lasch. In einem ausführlichen Brief an den Generaldirektor Umwelt, Daniel Calleja Crespo, fordert er, den Export aus und den Handel innerhalb der EU noch schärfer zu kontrollieren. Das Schreiben liegt dem Tagesspiegel vor.

Flasbarth will nur noch drei Ausnahmefälle zulassen: fertiggestellte Elfenbeinprodukte, Antiquitäten und Musikinstrumente. Bei Klavieren werden teilweise noch immer Elfenbeintasten verbaut; alte, wertvolle Instrumente sind sehr häufig damit ausgestattet. Die EU-Kommission hatte dagegen vorgeschlagen, lediglich einen Wiederexport von Stoßzähnen und Roh-Elfenbein zu verbieten – innerhalb der EU will die Kommission auch einen Weiterverkauf von Elfenbein in unbearbeiteter oder bearbeiteter Form zulassen.

Legaler Handel als Deckmantel für Elfenbeinverkäufe

Das sieht nach einem marginalen Unterschied aus. Aber die globalen Erfahrungen mit erlaubten Elfenbeinverkäufen sind trotz des seit 1989 geltenden Moratoriums sind so niederschmetternd, dass Flasbarth daraus den Schluss gezogen hat, dass die Tore dicht geschlossen werden müssten. Es müsse „sichergestellt werden, dass illegales Elfenbein nicht innerhalb der EU oder aus der EU gehandelt wird“, schreibt er. Und weiter müsse erreicht werden, „dass der legale Handel nicht als Deckmantel für den illegalen Handel genutzt werden kann“.

Im Dezember haben China und Hongkong angekündigt, in diesem Jahr ihre heimischen Elfenbeinmärkte zu schließen. Damit würde der Handel auch in den größten Märkten für das Rohmaterial oder verarbeitete Waren verboten. Wann genau das Verbot in Kraft treten soll, ist zwar noch unklar. Doch die Ankündigung hat die EU unter Zugzwang gesetzt, zumal sie mit einem Aktionsplan gegen Wilderei versucht, Profil zu gewinnen.

Opposition und Tierschützer sehen noch Schlupflöcher

Steffi Lemke, in der grünen Bundestagsfraktion für Naturschutz zuständig, ist mit Flasbarths Vorstoß noch nicht zufrieden: „Auch wenn dieser Schritt längst überfällig ist, begrüße ich, dass die Bundesregierung jetzt endlich den Binnenmarkt für Elfenbein schließen will.“ Sie warnt allerdings davor, „neue Schlupflöcher durch sogenannte fertiggestellte Produkte“ zu eröffnen. „Dafür ist die Situation der afrikanischen Elefanten viel zu dramatisch“, sagt sie. Im vergangenen Jahr hat ein Elefantenzensus in Afrika ergeben, dass zwischen 2007 und 2014 etwa ein Drittel der noch lebenden Elefanten gewildert worden war. Jedes Jahr sterben zwischen 20 000 und 30 000 Elefanten wegen ihrer Stoßzähne. In Tansania sind die Bestände um 60 Prozent geschrumpft, in Zentralafrika ist die Lage noch dramatischer. Auch Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife geht die deutsche Position noch nicht weit genug. „Wir brauchen ein umfassendes Elfenbeinverbot, das den Namen auch verdient und alle Schlupflöcher schließt. Gerade Elfenbeinschnitzereien und angebliche Antiquitäten, die die Bundesregierung ausnehmen will, werden in der EU illegal angeboten“, kritisiert Freyer.

Europa wird zur Drehscheibe des illegalen Handels

Europa hat sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einer Drehscheibe für den Elfenbeinhandel entwickelt. Je mehr der Verfolgungsdruck in den Ursprungsländern steigt, desto mehr versuchen die Wilderer, ihre Handelsrouten zu verändern. In Kenia, Tansania und in Südafrika sind in den vergangenen fünf Jahren Rekordmengen an Stoßzähnen in Containern aufgespürt worden. Auch in den Empfängerländern China, Vietnam oder Malaysia beschlagnahmt der Zoll immer öfter auch große Mengen Elfenbein.

Das gilt aber auch für Europa. In Deutschland sind im vergangenen Jahr 1,2 Tonnen Elfenbein beschlagnahmt worden. Nachdem im Mai auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld 625 Kilogramm Elfenbein entdeckt worden waren, führte im August die Durchsuchung eines offenbar illegalen Schnitzbetriebes in der Nähe von Koblenz zur Entdeckung von weiteren 564 Kilogramm des Materials. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Cottbus waren im Dezember noch nicht abgeschlossen. Auf eine Kleine Anfrage von Steffi Lemke antwortete die Bundesregierung jedoch, dass in den Jahren von 2006 bis 2016 jedes Jahr Elfenbein beschlagnahmt wurde. Allerdings konnte sie nicht auflisten, um welche Mengen es genau ging.

Der Bestand legaler Elfenbeinvorräte sei jedenfalls zwischen 2007 und 2014 von 13,5 Tonnen Roh-Elfenbein auf 2,3 Tonnen zurückgegangen. Diese legalen Bestände sind in der Zeit vor dem Moratorium von Elfenbeinschnitzereien vor allem im Odenwald erworben worden.

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