Umweltverbrechen: Das Milliardengeschäft mit den Nashörnern
Ein Kilogramm Horn bringt in Vietnam bis zu 60.000 Dollar. Deshalb wird auf Nashörner Jagd gemacht. Durch das Wildern werden die Bestände dramatisch reduziert.
Nach einem kurzen Fußmarsch mit einem Ranger in den Busch sind es keine 50 Meter mehr zu einem jungen Breitmaulnashorn und seiner kleinen Schwester. Im sambischen Mosi-oa-Tunya-Nationalpark, nicht weit von den Viktoria-Fällen entfernt, werden die verbliebenen vier Nashörner 24 Stunden am Tag bewacht. Im Nachbarland Simbabwe in den Matobo Bergen werden die wenigen Spitzmaulnashörner inzwischen von einem Metallzaun geschützt, den die Tourismusunternehmen der Region bezahlt haben. In Simbabwe sind trotzdem im vergangenen Jahr 50 Nashörner gewildert worden, im Jahr zuvor waren es halb so viele.
2015 sind nach Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN in ganz Afrika 1338 Nashörner getötet worden, um ihre Hörner abzuhacken und vor allem in Vietnam zu Preisen von etwa 60.000 Dollar pro Kilogramm zu verkaufen. Ein Kilogramm Nashorn bringt auf dem Schwarzmarkt mehr als ein Kilogramm Gold oder Diamanten. Dagegen haben die Nashörner kaum noch eine Chance. Nach Schätzungen der Nashorn-Expertengruppe der IUCN gibt es nur noch zwischen 19.600 und 21.000 Breitmaulnashörner und 5000 bis 5400 Spitzmaulnashörner.
Den Elefanten geht es kaum besser. Anfang der 70er Jahre zogen noch gut 1,3 Millionen Elefanten durch die Savannen und Wälder Afrikas. Inzwischen ist keine halbe Million mehr übrig. In den Jahren seit 2008 sind mehr als 100 000 Elefanten wegen ihrer Stoßzähne getötet worden. Die Waldelefanten Zentralafrikas sind akut vom Aussterben bedroht. Und im Selous-Nationalpark in Tansania könnte 2022 kein Elefant mehr übrig sein, wenn die Wilderer nicht aufgehalten werden, hat das Beratungsunternehmen Dalberg im Auftrag der Umweltstiftung WWF kalkuliert.
Nichts hält die Wilderer auf
Nichts scheint den Handel stoppen zu können. Dabei hat China ein Handelsmoratorium für Elfenbein erlassen. China ist der größte Markt für Elfenbein. Die USA, die Europäische Union und ein Dutzend afrikanischer Staaten haben sich verpflichtet, mehr zu tun, um den kriminellen Netzwerken das Handwerk zu legen.
Tatsächlich hat es mehr Verhaftungen, Beschlagnahmen und Verurteilungen gegeben. Dennoch gelingt es Zoll- und Polizeibehörden in Afrika, Asien und Deutschland als wichtigem Transitland für Elfenbein aus Zentralafrika offenbar nicht, das Geschäft so zu stören, dass es gefährlich und weniger lukrativ würde. Das UN-Umweltprogramm Unep und die internationale Polizeibehörde Interpol schreiben in ihrem aktuellen Bericht über Umweltverbrechen, dass die Weltgemeinschaft bisher lediglich 20 bis 30 Millionen Dollar im Jahr ausgibt, um die Verbrechen zu stoppen.
Das Geschäft ist lukrativ und risikolos
Zwischen sieben und 23 Milliarden Dollar verdienen kriminelle Netzwerke und Terrorgruppen allein mit dem Verkauf von Elfenbein, Nashorn oder dem meist gehandelten Lebewesen: dem Schuppentier. Etwa eine Million der Ameisen fressenden Tiere – es gibt acht Arten, vier in Afrika und vier in Asien – sind in den vergangenen zehn Jahren getötet worden. Die Schuppen werden in der chinesischen Medizin verwendet, das Fleisch gilt als prestigeträchtiges Luxusprodukt in China und Vietnam. Die Schuppentiere hat das auf die Rote Liste der aussterbenden Arten gebracht.
Insgesamt schätzen Unep und Interpol den Markt für Umweltverbrechen auf 91 bis 258 Milliarden Dollar im Jahr. Er sei im Vergleich zu 2014 noch einmal um 26 Prozent gewachsen, schreiben Christian Nellemann und sein Autorenteam in dem Report. Das lukrativste Geschäft ist demnach der illegale Handel mit Holz mit einem Volumen von 50 bis 152 Milliarden Dollar.
Das Geschäft mit der illegalen Entsorgung von Elektronikschrott vorwiegend aus Europa, der in Asien verklappt wird, liegt bei etwa 3,75 Milliarden Dollar. Illegale Fischerei bringt den Syndikaten elf bis 24 Milliarden Dollar ein. Die Unterhaltung illegaler Mienen ist mit zwölf bis 18 Milliarden Dollar ebenfalls lohnend. Den internationalen Kleinwaffenhandel mit einem Umsatz von rund drei Milliarden Dollar stellt das Umweltverbrechen längst in den Schatten. Noch mehr Geld fließt nur im Drogen- und Menschenhandel und bei der Fälschung von Medikamenten oder Markenprodukten.
Terroristen finanzieren sich mit Umweltverbrechen
Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock sagte: „Umweltverbrechen wachsen in einem alarmierenden Tempo.“ Der scheidende Unep-Chef Achim Steiner betonte, dass Interpol und Unep sich zusammengetan hätten, um das Ausmaß der Umweltverbrechen ins Bewusstsein zu bringen. „Die enormen Geldsummen aus diesen Verbrechen halten Netzwerke organisierter Kriminalität im Geschäft und tragen zu Konflikten bei.“ Da hat Steiner die sudanesische Miliz Dschandschawid aus Darfur und die somalische Terrororganisation Al Schabaab im Blick. Die Dschandschawid verdienen ihr Geld mit Elfenbeinhandel. Al Schabaab finanziert sich über den illegalen Holzkohlehandel.