Kampf gegen Rechts verschlafen: Vorschlag der SPD zu rechten Sonderermittlern stößt auf Kritik
SPD-Fraktionschef Raed Saleh schlägt im Kampf gegen Rechts Sonderermittler in allen Bundesländern vor. Seine Idee stößt auf Kritik.
Der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh plädiert für Sonderermittler auf Länderebene, um besser gegen rechte Gewalt und rechten Terror vorgehen zu können. „Ich glaube, dass wir uns im Kampf gegen Rechts besser organisieren müssen“, sagte der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus der Deutschen Presse-Agentur. „Deshalb schlage ich vor, dass es in allen Bundesländern Sonderermittler im Kampf gegen Rechts geben soll und dass die Auseinandersetzung mit rechtsextremen und rechtsradikalen Strukturen damit auch ein Gesicht bekommt.“
Der SPD-Politiker sagte: „Mein Eindruck ist, dass wir den Kampf gegen Rechts in den letzten Jahren verschlafen haben und dass auf unsere Gesellschaft ein großes Problem zurollt, wenn wir jetzt nicht klare Grenzen aufzeigen.“ Es brauche eine Null-Toleranz-Politik gegen „die rechten Hassprediger, die rechten Gewalttäter, die rechten Terroristen“. Der Vorschlag provoziert bei der Opposition deutliche Kritik.
Ein schwerbewaffneter mutmaßlicher Rechtsextremist hatte am Mittwoch versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen und die dort anwesenden Gläubigen zu attackieren. Nachdem das scheiterte, erschoss er zwei Menschen vor der Synagoge und in einem Döner-Imbiss. Am Wochenende gab es deutschlandweit Demonstrationen aus Solidarität mit den Opfern und aus Protest gegen Antisemitismus und Gewalt.
Saleh regt an, Berlin solle mit der Schaffung einer Sonderermittlerstelle vorangehen. Die Sonderermittler sollten den Innenbehörden zugeordnet sein und im ständigen Austausch miteinander stehen. Es brauche schnelle Kommunikationswege im Kampf gegen Rechts, so der SPD-Politiker.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek weist darauf hin, dass ihre Fraktion bereits im September eine ähnliche Idee unterbreitet und einen Sonderermittler für Berlin zur Aufklärung rechter Anschläge angeregt habe. „Herr Saleh hat unseren Vorschlag aufgegriffen, und das begrüßen wir sehr“, sagte Kapek am Montag.
Grünen fordern, Konsequenzen zu ziehen
Nach Halle sei es aber wichtig, noch weitergehende Konsequenzen zu ziehen. Es gebe in Berlin immer noch zu viele jüdische Einrichtungen, die nicht ausreichend geschützt seien. „Ich finde, dass wir das im Rahmen der Haushaltsberatungen jetzt auch berücksichtigen müssen, dass ein ausreichender Schutz gegen antisemitischen Übergriffe überall und zu jeder Zeit gewährleistet sein muss.“
FDP will keine "Sonderstaatsanwälte"
Kritik kam von Seiten der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus: „Einzelne Personen nach politischer Vorgabe zur Strafverfolgung herauszupicken, ist nicht rechtsstaatlich“, teilte der FDP- Innenpolitiker Marcel Luthe am Montag mit. „Recht muss überall gleichermaßen durchgesetzt werden, gegen rechts- wie linksextremistische Straftäter, Islamisten und jeden anderen Feind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.“ Nötig seien keine „Sonderstaatsanwälte“, sondern eine gut ausgestattete Staatsanwaltschaft, die ihre Aufgaben überall erfüllen könne.
CDU-Fraktionschef Burkard Dregger forderte vor diesem Hintergrund „eine Wende und Neubewertung der Sicherheitspolitik in unserer Stadt“. Salehs Forderung sei ein Misstrauensvotum gegen die Polizei, als würde sie nicht gegen rechte Gewalttäter ermitteln. „Wir halten das für falsch“, argumentierte Dregger.
CDU fordert statt Sonderermittlern, Sicherheitsbehörden zu stärken
Vorschläge für Sonderermittler verfehlten das eigentliche Ziel. „Wir brauchen in Deutschland neben Polizei und Verfassungsschutz keine dritte Ermittler-Ebene, sondern wir müssen unsere Sicherheitsbehörden personell, technisch und rechtlich stärken, um den Schutz zu erhöhen.“
AfD-Rechtsexperte Marc Vallendar hält den Vorstoß des SPD-Fraktionschefs ebenfalls für falsch: „Zum einen vermengt Saleh wieder einmal die Begriffe. Die politische Rechte, zu der auch die AfD gehört, ist legitimer Teil jeder Demokratie, repräsentiert den bürgerlichen Teil unserer Gesellschaft und ist über jeden Terror- oder Gewaltverdacht erhaben.“
Diesen Teil der demokratischen Gesellschaft mit einem Sonderermittler verfolgen zu wollen, habe diktatorische Züge. „Notwendig ist selbstverständlich der Kampf gegen jede Form von politischem und religiösem Extremismus. Doch auch hier wäre die Einsetzung eines Sonderermittlers unsinnig und letztlich blinder Aktionismus.“ (dpa)