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SPD-Fraktionsvorsitzender Raed Saleh im Berliner Abgeordnetenhaus.
© Paul Zinken/dpa
Update

Raed Saleh reagiert auf AfD-Immobilienpläne: „Wir brauchen keine Faschisten in Spandau“

Die AfD hat ein Gebäude in Spandau besichtigt und hält dieses als Bundesgeschäftsstelle für geeignet. Im Bezirk regt sich Widerstand.

Am Tag ihres Bekanntwerdens hat SPD-Fraktionschef Raed Saleh Überlegungen der AfD, in Spandau eine Immobilie für die Unterbringung von Bundes- und Landesgeschäftsstelle zu erwerben, eine klare Absage erteilt. „Spandau sagt ganz deutlich: Die AfD ist uns hier ausdrücklich nicht willkommen. Wir brauchen keine Faschisten in Spandau“, erklärte Saleh im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Saleh bezog sich damit auf einen am Montag veröffentlichten Bericht des Tagesspiegels. Darin waren interne Mails des AfD-Bundesgeschäftsführers Hans-Holger Malcomeß zitiert worden. Aus ihnen geht hervor, dass Mitarbeiter der Partei am 4. September ein Gebäude in der Spandauer Wilhelmstraße besichtigt hatten. In einer am Abend desselben Tages unter anderem an den Berliner AfD-Landeschef Georg Pazderski verschickten Mail bezeichnete Malcomeß die Räumlichkeiten als „geeignet“. Ebenfalls in die Marktakquise eingebunden: Vier weitere, von Malcomeß „Ansprechpartner für Marktrecherche“ genannte Mitglieder der AfD-Abgeordnetenhausfraktion.

Saleh, Vorsitzender des Spandauer SPD-Kreisverbands und seit seinem sechsten Lebensjahr im Bezirk verwurzelt, stört sich vor allem am Standort des Gebäudes, das die AfD für die Einrichtung ihrer Bundes- und Landesgeschäftsstelle zumindest in Betracht gezogen hat. Erbaut wurde dieses auf dem Grundstück, das bis 1987 das ehemalige Kriegsverbrechergefängnis beherbergt hatte. Darin mussten die im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess verurteilten Nazis, die nicht zum Tode verurteilt wurden, ihre Strafe absitzen.

Der wohl prominenteste Insasse: Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Nach seinem Selbstmord im Jahr 1987 wurde das Gebäude abgerissen, dennoch entwickelte sich das Gelände in den vergangenen Jahren zu einer Art Pilgerstätte bekennender Rechtsextremisten. „Perfide und fast schon makaber“ nannte Saleh die Überlegungen der AfD, ausgerechnet dort als Mieter oder gar Käufer aufzutreten. Paul Fresdorf, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus und geborener Spandauer, erklärte: „Es ist beschämend und abstoßend, dass sich bei der AfD kein eigenes Störgefühl bei dem Gedanken entwickelt, die Parteizentrale mutmaßlich auf das Gelände des ehemaligen Kriegsverbrechergefängnisses an der Wilhelmstraße in Spandau zu verlegen. Der politische Anstand scheint völlig verloren und die Masken fallen.“

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Ähnlich äußerte sich Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD). „Mehr als geschmacklos“, nannte er die Besichtigung eines für die Nutzung als AfD-Bundesgeschäftstelle „alles andere als akzeptablen Ort“. Die Meldung habe er „mit Entsetzen zur Kenntnis genommen“, erklärte Kleebank.

Er und Saleh erinnerten an das Vorhaben, den an das Grundstück angrenzenden Platz in „Platz der Weißen Rose“ umzubenennen. Dieser, von der Bezirksverordnetenversammlung im Oktober 2018 beschlossene Schritt, soll Anfang des kommenden Jahres umgesetzt werden. Laut Saleh werde er damit wieder „in demokratische Hände“ gelegt.

Unklar ist, inwiefern AfD und die Unternehmensgruppe Klingsöhr, der das 2018 errichtete Gebäude gehört, nach der Besichtigung in Verhandlungen getreten sind. Der Geschäftsführer des Immobilienunternehmens, Stefan Klingsöhr, erklärte dazu: „Grundsätzlich behandeln wir Verhandlungen über die Vermietung oder den Verkauf unserer Immobilien vertraulich.“

Anlass für die Bestrebungen der AfD, eine eigene Immobilie zu erwerben, sind große Probleme bei der Anmietung von Räumen - auf Bundes- wie auf Landesebene. Die AfD Berlin hatte zuletzt große Mühe, einen geeigneten Veranstaltungsort für den am 9. November anstehenden Landesparteitag zu finden. Dieser soll jetzt in Brandenburg stattfinden.

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