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Streit ums Kreuz. Das Berliner Neutralitätsgesetz untersagt das Tragen religiöser Symbole.
© dpa
Update

Schule in Berlin-Wedding: Lehrerin darf keine Kette mit Kreuz tragen

Der Streit um religiöse Symbole bei Lehrkräften geht weiter. Nun wurde einer evangelischen Lehrerin untersagt, eine Kette mit Kreuz zu tragen.

Das Berliner Neutralitätsgesetz gilt nicht nur für Trägerinnen muslimischer Kopftücher: An einer Schule im Wedding darf eine Lehrerin ihre christliche Kreuzkette nicht mehr sichtbar tragen. Untersagt wurde ihr das von der Schulleitung. Das bestätigte Konsistorialpräsident Jörg Antoine in der vergangenen Woche bei der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).

Rechtsbeistand für Lehrerin möglich

Die Lehrerin hatte sich vor einiger Zeit an den Pankower Pfarrer Karsten Minkner gewandt. „Weil es sich um ein seelsorgerisches Gespräch handelte, möchte ich weder ihren noch den Namen der Schule nennen“, sagt der Pfarrer auf Nachfrage. Er trug den Fall vergangene Woche der Landessynode vor. Minkner wollte wissen, wie die Evangelische Kirche Lehrer mit solchen Problemen unterstützt und ob die Lehrerin gegebenenfalls rechtlichen Beistand bekommen könnte. Das wurde laut dem Pfarrer bejaht.

Pauschales Kopftuchverbot ist rechtswidrig

Die Dienstanweisung der Schulleitung sei mit dem Berliner Neutralitätsgesetz begründet worden, so Minkner. Das Gesetz verbietet es Lehrern und Beamten, im Dienst religiöse Symbole oder Kleidungsstücke zu tragen – ganz egal welcher Religion. Seit 2005 gilt dieses Gesetz, 2015 erklärte das Bundesverfassungsgericht aber ein pauschales „Kopftuchverbot“ an öffentlichen Schulen für rechtswidrig: Nur wenn es eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden gebe, dürfe das Tragen religiöser Symbole verboten werden.

Evangelische Kirche hält Neutralitätsgesetz für rechtswidrig

Das Neutralitätsgesetz hat schon mehrfach Aufregung verursacht, betroffen schienen bisher jedoch meist muslimische Frauen, mehrere hatten geklagt und zum Teil Recht bekommen. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu muslimisch motivierten Kopftüchern hält die Evangelische Kirche das Neutralitätsgesetz für verfassungswidrig und eine Überarbeitung für dringend notwendig. Auch der Berliner Bischof Markus Dröge betonte: „Wir setzen uns für die Freiheit ein, ein Kreuz zu tragen.“ Dies sollte auch bei einer Novelle des Neutralitätsgesetzes berücksichtigt werden.

Gesetz muss neu diskutiert werden

Dass das Berliner Gesetz nicht verfassungskonform sei, hält Regina Kittler, Sprecherin für Schule und Kultur der Linksfraktion, für falsch. Das sei auch vom Senat geprüft worden. „Aber ob das Gesetz noch den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen entspricht, muss diskutiert werden. Die Debatte darüber beginnt gerade erst“, sagt Kittler. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) twitterte hingegen Dienstagabend, das Kreuzverbot zeige nach den Kopftuch-Urteilen erneut „die Zweifelhaftigkeit des Neutralitätsgesetzes“. Bettina Jarasch, zuletzt Landesvorsitzende der Grünen und religionspolitische Sprecherin, setzt darauf, in Zukunft Einzelfälle konkret zu prüfen – anstatt eines Gesetzes, das für alle Schulen und alle Religionen pauschal gelte. „Berlin braucht kluge Einzelfall-Lösungen statt pauschaler Verbote“, sagt sie.

Fall der Lehrerin muss geprüft werden

Im Fall der christlichen Lehrerin ist die Prüfung bisher schwierig. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte am Dienstag, dass bisher zu wenig über den konkreten Fall bekannt sei. Auch der Senat kenne weder den Namen der Schule noch der Lehrerin, er sei auch nicht über die Umstände informiert. Das Neutralitätsgesetz gelte in Bezug auf alle Religionen. „Gegen ein Schmuckstück habe ich aber nichts“, sagte Scheeres mit Blick auf das Kreuz. Sie verwies auf eine Handreichung ihrer Verwaltung für Schulen, in der beschrieben sei, was zur Einhaltung des Neutralitätsgesetzes zu beachten sei.

Viele Fragen in dem Fall sind noch offen: Hat die Schulleitung zu heftig reagiert oder genau richtig? Handelte es sich bei dem Kreuz-Anhänger um ein besonders hervorstechendes christliches Symbol oder könnte es auch als Schmuckstück gewertet werden? Warum wendet sich die betroffene Lehrerin an einen Pfarrer und nicht an den Personalrat? Den anstehenden Recherchen zu diesem Fall stehen aber – neben der Verschwiegenheit des Pfarrers – einige christliche Feiertage mit Ferien im Weg.

Gesetze gelten für alle oder für niemanden. Wer auf Neutralität nur dann pocht, wenn es um Religionssymbole des Islam geht, ist schlicht und ergreifend scheinheilig.

schreibt NutzerIn sonofnyx

Wir sind in einem christlich orientierten Land. Dies ist Teil unserer Kultur. Eine Lehrerin repräsentiert als Vorbild auch die kulturellen und religiösen Bestandteile des Heimatlandes.

schreibt NutzerIn Forlorn

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