Berliner Kopftuchverbot: Keine umfangreiche Prüfung der juristischen Fragen
Der Senat hat entschieden, dass das Berliner Kopftuchverbot nicht verfassungswidrig ist. Umfassend geprüft hat er die Frage nicht.
Monatelang hat die Berliner Senatsverwaltung für Inneres darüber gebrütet, ob nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Änderungsbedarf beim pauschalen Kopftuchverbot für Lehrerinnen besteht. Das Ergebnis: Das sei „nicht zwingend“, obwohl die Karlsruher Richter Pauschalverbote ohne konkrete Gefährdung des Schulfriedens für unverhältnismäßig halten.
Nach Tagesspiegel-Recherchen gab es jedoch gar keine umfangreiche Prüfung der juristischen Fragen. Vielmehr verständigte man sich in der Behörde auf eine vierseitige Stellungnahme für den Senat, die im Wesentlichen wiedergibt, was im einschlägigen „Neutralitätsgesetz“ des Landes Berlin steht: Das Gesetz behandele alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen unterschiedslos und enthalte Ausnahmen vom Verbot, etwa für Berufsschulen und Schulen „besonderer pädagogischer Prägung“. Daher hätten Lehrerinnen mit Kopftuch die Möglichkeit, auf diese Schulen auszuweichen.
Manche Ausführungen fehlen ganz
Ansonsten hofft die Innenverwaltung darauf, dass die Verfassungsrichter in einem neuen Fall anders als bisher entscheiden könnten. Dazu verweisen sie auf die „abweichende Meinung“ zweier Richter bei deren letztem Urteil in der Sache Anfang des Jahres. Ausführungen zum Problem der Verhältnismäßigkeit von Pauschalverboten, die den Kern des Karlsruher Urteils bilden, fehlen in der Stellungnahme ganz. Als Rechtsgutachten liegt der Innenverwaltung nur eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Parlamentsdiensts vor – die kommt allerdings zu dem Schluss, dass die Berliner Regelung verfassungsrechtlich unhaltbar ist.
Wie berichtet hat jetzt eine Lehrerin Klage wegen des Verbots erhoben. Sie wollte nicht an Berufsschulen oder Schulen mit „besonderer Prägung“ arbeiten, sondern im allgemeinen Grundschuldienst. Bei der zentralen Bewerbungsrunde war sie nach eigenen Angaben auf ihr Kopftuch angesprochen worden, das sie für den Job jedoch nicht ablegen wollte. Daraufhin lehnte die Schulverwaltung sie ab, zunächst ohne Begründung. In einer späteren Stellungnahme wurde auf das Neutralitätsgesetz verwiesen.
Inwiefern ist das Neutralitätsgesetz verfassungsgemäß
Für eine Konkurrentenklage, mit der die Bewerberin sich eine Einstellung hätte erstreiten können, war die Zeit abgelaufen. Deshalb verlangt die Klägerin jetzt Schadenersatz wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Sie sei wegen ihrer Religion diskriminiert worden. Das Verfahren wird im April vor dem Arbeitsgericht verhandelt.
Das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit „Inssan“ und das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg unterstützen die Frau bei ihrer Klage. Nun müsse sich „erstmals ein Berliner Gericht mit der Frage auseinandersetzen, ob und inwiefern das Neutralitätsgesetz verfassungsgemäß ist“, teilten die Vereine am Donnerstag mit. Das Karlsruher Urteil, das sich im konkreten Fall gegen das Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen richtete, müsse umgesetzt und das Berliner Verbot gestrichen werden. In Nordrhein-Westfalen wurde inzwischen der entsprechende Passus gestrichen.
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