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Das Wohngebiet liegt rechts und links eines Boulevards. Am Blockdammweg oben sind eine Schule und Geschäfte vorgesehen. Ein Grünstreifen setzt sie vom Wohngebiet ab. Nahe des hufeisenförmigen Gebäudes im südlichen Bereich ist eine Kita geplant.
© Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur

Neubaugebiet in Karlshorst: "Die Schule wird schon mal der Knaller"

Beim Bau der Parkstadt Karlshorst gehen Bezirk und Investor neue Wege. Bezahlbar und schön sollen die 1000 Wohnungen werden.

Das Areal ist trist, ein verkommenes Gewerbegebiet in Karlshorst, wo sich auch heute noch die gigantischen Hallen des VEB Maschinenbauhandel erstrecken. Der gesamte Ostblock wurde von hier aus beliefert, das Gebäude hätte man sogar aus dem All sehen können, sagt Dietmar Nöske vom Stadtplanungsamt Lichtenberg

Nöske sieht jetzt schon das neue Wohngebiet Parkstadt Karlshorst vor sich und redet sich in Begeisterung: „Das ist einmalig“, sagt er, und meint die Zusammenarbeit von Bezirk, Investor und Architekten für bezahlbare Wohnungen mit guter Architektur. „Wo gibt’s das sonst?“, fragt Nöske rhetorisch.

In der Weißenhofsiedlung in Stuttgart beispielsweise, einst von Mies van der Rohe geplant. Oder im Berliner Reformwohnungsbau, der die Weiße Stadt in Reinickendorf, die Hufeisensiedlung in Britz oder die Gartenstadt Falkenberg hervorbrachte. An solche Vorbilder will man in Karlshorst anknüpfen. 1000 Wohnungen sollen hier entstehen.

Ein Anger wie auf dem Dorf

Dafür ist der Masterplan des Architekturprofessors Klaus Theo Brenner schon fertig. Es ist nicht sein erster. Brenner hat Masterpläne unter anderem für die Rummelsburger Bucht, die Gartenstadt Karlshorst und die Wasserstadt Spindlersfeld entworfen. „Gefasste Räume, wie man sie aus der historischen Stadt kennt“ sollen am Blockdammweg entstehen, sagt er.

Der Architekt Klaus Theo Brenner hat den Masterplan entwickelt.
Der Architekt Klaus Theo Brenner hat den Masterplan entwickelt.
© Manfred Thomas

Vertieft man sich in den Plan, treten diese Räume hervor: Am Blockdammweg die Schule und das kleine Geschäftszentrum, dahinter ein Grüngürtel, an dem sieben Stadtvillen liegen. Ein breiter Boulevard teilt das Wohngebiet von Nord nach Süd. Rechts und links liegen die Wohnhäuser, die sich zu einer Blockrandbebauung zusammenschließen. In der Mitte der Längsseiten springen die Gebäude zurück und lassen Raum für einen Anger, der als öffentlicher Grünbereich ausgebildet wird.

Die Häuser – keine Riegel, jedes soll als einzelnes erkennbar sein – bilden einen Hof, wo privaten Gärten jeweils einem Haus zugeordnet sind. Die besondere Qualität der Grünflächen und die einprägsame Struktur sollen dazu beitragen, dass sich die Bewohner mit der Siedlung identifizieren, sie als ihr Zuhause annehmen, sagen Brenner und Nöske.

Berliner Rationalisten entwerfen die Häuser

Die Häuser werden drei- bis viergeschossig sein, dazu kommt noch ein zurückgesetzes Dachgeschoss. Klaus Theo Brenner hat schon ein Materialkonzept für die Fassaden entwickelt: Sockel aus Backstein und Putz in unterschiedlichen Farben, der die Häuser unterscheidbar macht.

Gebaut wird zunächst zwischen Hönower Wiesenweg und Blockdammweg. Eine Weiterentwicklung auch westlich des Wiesenwegs ist möglich.
Gebaut wird zunächst zwischen Hönower Wiesenweg und Blockdammweg. Eine Weiterentwicklung auch westlich des Wiesenwegs ist möglich.
© TSP/Gitta Pieper-Meyer

Neben Brenners Büro werden drei weitere die Schule, Häuser und Einkaufszentrum entwerfen: Höhne Architekten, Eckert Negwer Suselbeek und Eingartner Khorrami. Sie gehören zu den Berliner Rationalisten, eine Schule, die für ein ruhiges, zurückhaltendes Erscheinungsbild steht. Dass der Bezirk dem Investor die Architekten vorschlug und dieser akzeptierte, gehört für Dietmar Nöske zu den Besonderheiten der Parkstadt Karlshorst.

Der Baubeginn ist für 2018 vorgesehen, die Fertigstellung für 2021

Das zukünftige Baugebiet "Parkstadt Karlshorst". Im Hintergrund das Funkhaus an der Nalepastraße, links im Vordergrund die Hallen des VEB Maschinenbauhandel. Bereits abgerissen ist das ehemalige Furnierwerk des VEB Holzveredelung, das auf der freien Fläche stand.
Das zukünftige Baugebiet "Parkstadt Karlshorst". Im Hintergrund das Funkhaus an der Nalepastraße, links im Vordergrund die Hallen des VEB Maschinenbauhandel. Bereits abgerissen ist das ehemalige Furnierwerk des VEB Holzveredelung, das auf der freien Fläche stand.
© Susanne Ehlerding

Erhalten bleibt die Gartenarbeitsschule im Südosten des Wohngebiets. „Umweltbildung brauchen wir wirklich“, sagt Baustadtrat Wilfried Nünthel (CDU). Am Rande des beplanten Gebiets könnten einmal weitere Wohnungen gebaut werden. Der Masterplan macht dazu schon Vorschläge. Nur der Neubau einer Kita am südlichen Rand steht schon fest.

Bei der Vorstellung des Projekts klopften sich alle ein bisschen auf die Schulter: Helmut Kunze vom Investor Bonava, der bis vor Kurzem noch NCC hieß, Ableger eines schwedischen Konzerns. Bausenator Andreas Geisel (SPD), der das Gebiet „überregional bedeutsam“ findet, weil hier das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung durchexerziert werde. Und Thomas Schäfer von Stromnetz Berlin, der dafür sorgen will, dass die bestehende 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung rechtzeitig in der Erde verschwindet.

Ende 2017 soll der Bebauungsplan verabschiedet sein, der Baubeginn ist für 2018 vorgesehen und die Fertigstellung für 2021.

Die Preise stehen noch nicht fest

Auf die Gretchenfrage nach den Kosten der Wohnungen konnte Helmut Kunze noch keine Antwort geben. Fest steht allerdings schon, dass im Rahmen der kooperativen Baulandentwicklung 25 Prozent der Wohnungen zu einer Kaltmiete von 6,50 Euro angeboten werden. Aber: „Alle Wohnungen unterliegen demselben Qualitätsanspruch“, stellte Klaus Theo Brenner klar. „Dass ein Riss durch das Wohngebiet geht, soll nicht sein.“

Und auch nicht, dass in Berlin die Mittelschicht vergessen wird, sagt Andreas Geisel: „Wenn wir die aus dem Blick verlieren, machen wir etwas falsch.“ Allerdings wird es neben den 250 Sozialwohnungen nur etwa 250 weitere Mietwohnungen geben, sagte Helmut Kunze auf Nachfrage. Der Rest werde dann wohl als Eigentumswohnungen angeboten werden, um die Sozialmieten gegenzufinanzieren.

Ehrlichstraße soll Tempo-30-Zone werden

Offen ist noch die Frage nach der Finanzierung der Schule. Auch hier wollen Investor und Bezirk ein Beispiel geben: Die Bonava soll die Schule selbst bauen und dazu Mittel im Rahmen der kooperativen Baulandentwicklung zur Verfügung stellen. Das Land Berlin würde dann „den wahrscheinlich größeren Rest finanzieren“, sagte Wilfried Nünthel.

Mit dieser Art von Kooperation müssten aber Finanzverwaltung und Abgeordnetenhaus einverstanden sein. Sie hätte den Vorteil, dass die Schule schon fertig sei, wenn der Wohnungsbau beginnt, sagte Wilfried Nünthel. Ein privater Investor, so die Erwartungshaltung, ist nun mal schneller als die Bauverwaltung.

Dass das neue Modell gelingt, glaubt Dietmar Nöske ganz fest: „Die Schule wird schon mal der Knaller.“ Karlshorst als der am stärksten wachsende Stadtteil Lichtenbergs profitiere auf jeden Fall durch Schule, Kita und die hinzukommenden Einzelhandelsflächen, sagt Bezirksbürgermeisterin Birgit Monteiro (SPD).

Neben dem benachbarten Prinzenviertel wird die Parkstadt Karlshorst die Gegend weiter aufwerten. Ein Problem der heutigen Anwohner dürfte schon bald ausgeräumt sein: Die Ehrlichstraße, die von der Treskowallee zum Wohngebiet führt, solle als Tempo-30-Zone ausgewiesen werden, kündigte Geisel an.

Am Montag 4. Juli um 19 Uhr wird das Projekt in der Aula der HTW an der Treskowallee 8 vorgestellt.

Susanne Ehlerding

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