Ministererlaubnis für Miba und Zollern: Der Fall wird zeigen, wie ernst Altmaier seine Industriestrategie meint
Die Mittelständler Miba und Zollern wollen fusionieren. Kartellamt und Monopolkommission lehnen das ab. Nun muss der Wirtschaftsminister selbst entscheiden.
In der Diskussion um die von ihm skizzierte Nationale Industriestrategie gerät Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) unter Zugzwang. Grund dafür sind die Miba AG aus Österreich und die Zollern GmbH und Co. KG aus Sigmaringen. Die beiden Mittelständler wollen ihre Gleitlager-Aktivitäten zusammenlegen, um so im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben. Das Bundeskartellamt hatte die Fusion im Januar untersagt. Was zunächst nicht weltbewegend klingt, ist in der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage allerdings höchst pikant.
Denn es ist keine drei Monate her, dass Altmaier ankündigte, mit seiner Nationalen Industriestrategie einen neuen Weg einschlagen zu wollen. Angesichts des globalen Wettbewerbs, so die Grundthese des Ministers, brauche es sogenannte "Europäische Champions". Also Unternehmen, die groß genug sind, um es mit Konkurrenten aus China und den USA aufzunehmen. Um diese zu schaffen, müssten große Fusionen forciert und mit einem Fonds, wenn nötig, sogar staatlich unterstützt werden.
In der Wirtschaft stieß er damit auf heftige Kritik. Zahlreiche Verbände sahen in den vorgeschlagenen Maßnahmen einen zu großen Eingriff der Politik in die Marktwirtschaft. Anstatt die Wettbewerbsposition europäischer Unternehmen zu stärken, so der Tenor, würden solche Champions den Wettbewerb innerhalb Europas schwächen und im Endeffekt zu höheren Preisen führen. Dass Altmaier auf seiner Agenda sogar eine Änderung des europäischen Wettbewerbsrechts zugunsten von Großfusionen hat, trug nichts zur Besänftigung der Kritiker bei.
Monopolkommission rät von Ministererlaubnis ab
Nun hat Altmaier mit Miba und Zollern plötzlich einen konkreten Fall auf dem eigenen Schreibtisch, in dem er sich an seinen Worten messen lassen muss. Denn die beiden Unternehmen gaben sich mit dem "Nein" des Kartellamtes nicht zufrieden. Sie beantragten eine Ministererlaubnis. Mit diesem Instrument kann der amtierende Wirtschaftsminister einen vom Kartellamt untersagten Zusammenschluss doch noch genehmigen, "wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist". So steht es in Paragraph 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
Das Bundeswirtschaftsministerium gab daraufhin ein Gutachten bei der Monopolkommission in Auftrag. Am Donnerstag veröffentlichte die Kommission ihre Einschätzung. Und auch sie empfiehlt Altmaier, die Ministererlaubnis nicht zu erteilen. "Die beteiligten Unternehmen erreichen hohe gemeinsame Marktanteile", heißt es in der Begründung. Diese lägen deutlich oberhalb der Schwellenwerte, ab der von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen sei. "Mit dem Zusammenschluss würden dem Gemeinschaftsunternehmen Verhaltensspielräume für Preiserhöhungen entstehen."
Das Bundeskartellamt hatte den Zusammenschluss mit der Begründung untersagt, dass er zu einer erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs bei Gleitlagern mit großem Bohrungsdurchmesser führen würde. Die Monopolkommission ging nun auch darauf ein, dass Miba und Zollern damit argumentieren, technologisches Know-How und Innovationspotential in Deutschland zu halten. Hierzu merkte sie an, dass der Erhalt von Know-how "nur dann einen Gemeinwohlvorteil darstellen kann, wenn dieses einen besonders hohen Wert für die Gesellschaft besitzt und nicht alleine den Antragstellern zugute kommt". Dies seit jedoch nicht der Fall.
Auch dass eine Fusion der beiden Firmen eine bessere Position im internationalen Wettbewerb einräumen würde, würde nur dann für eine Ministererlaubnis sprechen, wenn dadurch das Gemeinwohl in Deutschland profitieren würde. Diese Kausalität hätten Miba und Zollern allerdings auch nicht ausreichend dargelegt.
Kartellrecht nicht mehr zeitgemäß?
Miba und Zollern sehen das naturgemäß anders. "Das deutsche Kartellrecht , mit seinem nationalen Fokus auf Deutschland geht an der globalen wirtschaftlichen Realität vorbei und kann in einer sich dynamisch verändernden, globalisierten Welt keine Einzelfallgerechtigkeit mehr herstellen", teilen beide Unternehmen in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Sie "vertrauen nun darauf, dass der Minister den Antrag prüfen und eine Entscheidung für den Mittelstand fällen wird".
Im Bundeswirtschaftsministerium will man zur Einschätzung der Monopolkommission nichts sagen. Die Stellungnahme sei eingegangen, teilt ein Sprecher auf Nachfrage mit. Das Ministerium könne den Inhalt des Gutachtens während des laufenden Verfahrens aber nicht kommentieren.
Eine Ministererlaubnis ist in Deutschland selten. Seit diese Maßnahme 1973 gesetzlich festgeschrieben wurde, wurde sie 22 mal beantragt. Miba und Zoller wären Nummer 23. Erteilt wurde die Erlaubnis neun Mal. So zuletzt 2016 im Fall Kaiser's-Tengelmann. Hier setzte sich der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) über das Veto der Monopolkommission hinweg und erlaubte den Verkauf an Edeka und Rewe. Im Fall von Miba und Zollern soll nach den Willen der Unternehmen am Ende eine Gemeinschaftsfirma mit rund 300 Millionen Jahresumsatz stehen. Daran würde Miba 74,9 Prozent halten, Zollern 25,1.