Vierte Niederlage in Serie für Union: Hoffnung, Ärger und eine Warnung
Der 1. FC Union versucht nach der Pleite in Wolfsburg, das Positive zu sehen. Dass es trotz solider Leistung nicht reichte, sorgt auch für Frust.
Christian Gentner lief mit einem bitteren Lächeln durch die Katakomben des Wolfsburger Stadions. „Ich weiß nicht, ob man da noch viel sprechen muss“, sagte der Mittelfeldspieler des 1. FC Union. „Ich kann mir vorstellen, dass vom gegnerischen Trainer wieder Lob für uns kommt, doch das wollen wir nicht hören.“ Nach der 0:1-Niederlage beim neuen Tabellenzweiten VfL Wolfsburg fühlten sich die Berliner stark an die Vorwoche erinnert. Auch gegen Eintracht Frankfurt hatten sie ordentlich mitgespielt, ohne sich dafür mit Punkten zu belohnen.
Und so sprach Gentner, mit 383 Bundesliga-Spielen der mit Abstand erfahrenste Union-Profi, auch eine ernste Warnung aus. „Wir wissen, dass viele Dinge gut sind, aber ich habe das letztes Jahr in Stuttgart schon erlebt: Du wirst gelobt und dir wird gesagt, so wie ihr spielt, könnt ihr gar nicht absteigen. Das dürfen wir uns nicht einreden.“ Schließlich ist auch den Berlinern das bittere Ende der Stuttgarter Saison in der Relegation noch gut in Erinnerung.
Es war eine sehr gemischte Stimmung nach der vierten Niederlage in Folge. Während Gentner mahnte, liefen viele Spieler wortlos und mit versteinerter Miene in die Kabine. Trainer Urs Fischer bemühte sich redlich, das Positive in den Mittelpunkt zu stellen. Das gelang so kurz nach dem Spiel allerdings nicht allen Berliner. Besonders Rafal Gikiewicz war sein Frust deutlich anzumerken. Der ehrgeizige Torwart war aufgrund des enttäuschenden Ergebnisses ohnehin schlecht gelaunt.
Als er dann auch noch zur Dopingprobe gebeten wurde, beklagte er sich lautstark, dass ihm nicht mal die Möglichkeit gegeben würde, sich bei den ungemütlichen Temperaturen ein trockenes Shirt anzuziehen. Eine Tür knallte, Gikiewicz holte sich trotz aller Warnungen des Dopingkontrolleurs etwas zum Überziehen und folgte diesem dann fluchend durch die Gänge. Es war für Union ein passendes Ende einer frustrierenden Dienstreise.
Nach anfänglichen Problemen hatten sich die Berliner gut auf den in allen Wettbewerben noch ungeschlagenen Europa-League-Teilnehmer eingestellt. Letztlich war der Wolfsburger Sieg aufgrund der klareren Torchancen verdient, viel fehlte Union allerdings erneut nicht zum Punktgewinn. „Man kann der Mannschaft in puncto Einsatz und Leidenschaft keinen Vorwurf machen, am Ende ist es aber auch eine Qualitätssache und in ein paar Momenten waren sie einen Tick abgezockter, einen Tick besser“, fasste Gentner das Spiel treffend zusammen.
Testspiel gegen Dynamo Dresden am Donnerstag
Das galt besonders für die Offensive. Während Unions Rückwärtsbewegung im ungewohnten 3-4-3-System über weite Strecken sehr solide funktionierte, ließen die Berliner in der Offensive oft die nötige Präzision vermissen. Der letzte Pass und die Laufwege im Strafraum passten zu selten, so wurden aus aussichtsreichen Möglichkeiten zu selten Schüsse auf das gegnerische Tor. Das bemängelte auch Fischer: „Unsere Möglichkeiten müssen reichen, um ein Tor zu erzielen, da hat uns die letzte Konsequenz gefehlt. Und wenn du keine Tore schießt, wird es schwierig. Wir sind noch nicht soweit, auswärts die Null zu halten.“
So gehen die Berliner zwar mit vielen Komplimenten und guten Ansätzen, aber ohne Punkte in die Länderspielpause. Dabei sei es wichtig, dass die Mannschaft vor allem die positiven Dinge mitnehme. „Die Jungs müssen einen klaren Kopf behalten. Das ist die größte Schwierigkeit und die Aufgabe eines Trainers“, sagte Fischer. In den anderthalb Wochen bis zum nächsten Spiel hat der Schweizer genügend Zeit, um an der Feinabstimmung zu feilen. Mit Sebastian Andersson (Schweden) und Christopher Trimmel (erste Nominierung für Österreich seit 2010) fehlen ihm zwei Stammspieler, dafür könnten die angeschlagenen Suleiman Abdullahi und Grischa Prömel nach der Länderspielpause wieder eine Option werden.
Leichter wird es dann mit Blick auf den Spielplan allerdings nicht. Zwar hat Union schon gegen fünf der sieben Europapokalteilnehmer gespielt, die nächsten Gegner sind aber alles andere als einfach. Nach dem Testspiel gegen Dynamo Dresden am kommenden Donnerstag (14 Uhr, Stadion An der Alten Försterei) kommt am 19. Oktober der stark gestartete SC Freiburg nach Berlin. Eine Woche später geht es zum FC Bayern und dann steht schon das Derby auf dem Programm. „Wir lassen uns nicht unterkriegen und brauchen auch mal ein bisschen Spielglück“, sagte Fischer. „Das ist gerade in unserer Situation wichtig.“
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