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Brandenburg wählt einen neuen Landtag.
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Wahl in Brandenburg: Ein neuer Landtag für die Mark

Landtagswahl in Brandenburg. Das Land ist das am dynamischsten wachsende Bundesland in Ostdeutschland. Was bewegt die Märker und was kommt auf die neue Regierung unter dem möglicherweise neuen alten Ministerpräsidenten Dietmar Woidke zu?

Brandenburg, die „Streusandbüchse“, wie die Mark oft genannt wurde, hat einen neuen Landtag gewählt. Das Land, das die Metropole und deutsche Hauptstadt Berlin umschließt, ist im Aufbruch. Und im Umbruch. Der alte und neue Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat in der Wahlperiode bis 2019 viele Aufgaben zu lösen, egal ob er nun weiter mit den Linken oder doch mit der CDU regiert. Wo steht Brandenburg nach dieser Wahl?

Warum gewinnt hier immer die SPD?
Zwar haben die Sozialdemokraten alle Landtagswahlen seit 1990 gewonnen, doch sind Wahlen für die Genossen kein Selbstläufer mehr. Die Vorsprünge der SPD werden knapper. Die letzte Bundestagswahl, und die Kommunalwahl im Frühjahr auch, verlor die SPD. Trotzdem profitieren die Sozialdemokraten immer noch von einer strukturellen Vormachtstellung. Manches ähnelt der CSU in Bayern. Das Fundament wurde in den Nachwendejahren unter dem damaligen „Landesvater“ Manfred Stolpe (1990 bis 2002) gelegt und unter seinem ebenso populären Nachfolger Matthias Platzeck (2002 bis 2013) ausgebaut. Mit dem Selbstverständnis und Anspruch als „Brandenburg-Partei“ versteht es die SPD trotz aller Krisen und Staatspartei-Symptome am erfolgreichsten, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme und die spezielle Mentalität der Märker aufzunehmen. Dabei ist es mit 6500 Mitgliedern ein kleiner Landesverband. Flügel, rechts oder links, gibt es keine. Und auch fast keine öffentlich ausgetragenen innerparteilichen Auseinandersetzungen. Selbst die Machtwechsel, von Manfred Stolpe zu Matthias Platzeck (2002) oder aus der Not von Platzeck zu Dietmar Woidke (2013), gingen glatt über die Bühne, zügig, professionell, ohne Querelen und Nachfolgekämpfe. Berliner Verhältnisse sind in Brandenburgs SPD undenkbar. Oder wie Platzeck mal sagte: „Wir konzentrieren unsere Energie auf das, worauf es ankommt.“

Warum hat es die CDU hier so schwer?
Der größte Feind der märkischen CDU, so war es eigentlich immer seit 1990, ist die märkische Union selbst. Dass unter dem jetzigen Partei- und Fraktionschef Michael Schierack die Reihen nunmehr bereits seit zwei Jahren geschlossen sind, ist in der Geschichte des Landesverbandes eine Ausnahme. Im Adenauer-Haus wird das honoriert. Kanzlerin Angela Merkel half anders als in der Vergangenheit den märkischen Christdemokraten im Wahlkampf massiv. Schierack ist der elfte Landesvorsitzende der CDU, die sich nach 1990 lange Zeit in Intrigen aufrieb. Eine erste Konsolidierung gelang zwar dem damaligen CDU-Chef und Innenminister Jörg Schönbohm, der die Partei von 1999 bis 2007 führte. Als der abtrat, zerlegte sich die Union zunächst über die Nachfolge. Später driftete sie mit der Landesvorsitzenden Saskia Ludwig (2009 bis 2012) in Richtung Fundamentalopposition, was erst Schierack korrigierte. Allerdings holt die Union auf. Und zwar nicht nur im Süden, wo sie traditionell stark ist. Inzwischen stellt die CDU fünf der achtzehn Landräte und Oberbürgermeister, sie gewann im Mai 2014 die Kommunalwahl, holte im Oktober 2013 bei der Bundestagswahl neun von zehn Direktwahlkreisen, ein Indiz für personelle Erneuerung. Sie hat kompetente, jüngere Landespolitiker wie den Landtagsabgeordneten Henryk Wichmann aus der Uckermark, der durch zwei Filme von Andreas Dresen über Brandenburgs Grenzen hinaus bekannt wurde.

Sind die Märker Wahlmuffel?

Die auch diesmal sich abzeichnende geringe Wahlbeteiligung mag mit einer gewissen Behäbigkeit, Geruhsamkeit, auch politischem Desinteresse vieler Brandenburger zusammenhängen. Für ein Flächenland im Osten ist das jedoch nicht untypisch. Bei Landtagswahlen war die Wahlbeteiligung nie besonders hoch. Ausnahme war die letzte 2009, die am gleichen Tag wie die Bundestagswahl stattfand. Nach Umfragen sind die Brandenburger insgesamt ganz zufrieden mit ihrer Lebenssituation, identifizieren sich mit dem Land.

Die Wahlbeteiligung in Brandenburg ist eher niedrig.
Die Wahlbeteiligung in Brandenburg ist eher niedrig.
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Wo steht Brandenburg?
Man kann von einem Wirtschaftswunder sprechen. Brandenburg ist eines der dynamischsten Länder in Ostdeutschland, ja in der Bundesrepublik. Bei Rankings war das Land mehrfach Wachstumssieger. Die Kaufkraft ist die höchste in Ostdeutschland. Die Steuereinnahmen sprudeln, was den Haushalt entlastet. 62 Prozent werden selbst erwirtschaftet, höchster Wert im Osten. Die Arbeitslosigkeit liegt bei neun Prozent, ist damit so niedrig wie nie und niedriger als in Berlin, aber immer noch höher als in Sachsen oder Thüringen. In den Neunzigern lag sie noch um die 20 Prozent, in einigen Regionen – ohne den zweiten Arbeitsmarkt gerechnet – sogar bei bis zu 40 Prozent. Heute gibt es hochmoderne Industrie, wie Bombardier, den Flugzeugmotorenhersteller Rolls-Royce, Chemie in Schwarzheide oder Schwedt, die Gewerbegebiete am Autobahnring. Für Entlastung sorgt Berlin, wohin täglich 190 000 Brandenburger zur Arbeit pendeln und nach einer Studie jeder sechste Euro Brandenburgs verdient wird. 80 000 Berliner haben dagegen Jobs in Brandenburg. Allerdings nehmen die Probleme mit der Entfernung von Berlin zu, die Arbeitslosigkeit ist in den ferneren Regionen höher, die Löhne sind dort geringer. Wie gerade eine Studie belegte, besteht ein krasses Armutsgefälle zwischen Speckgürtel und Randregionen.

Was dominierte im Wahlkampf?
Beherrschende Themen waren innere Sicherheit, Bildung, marode Landesstraßen, in der Lausitz auch der Streit um die Zukunft der Braunkohle. Ob SPD, CDU oder Linke – alle versprechen mehr Lehrer, mehr Polizisten sowie höhere Investitionen. Besonders in den Grenzregionen zu Polen, in Frankfurt an der Oder und den kleinen Städten wie Forst, Schwedt und Eisenhüttenstadt, hat die Kriminalität seit dem Wegfall der Grenzkontrollen 2007 deutlich zugenommen, vor allem Diebstähle von Autos, Baumaschinen und Traktoren. Im Berliner Umland wiederum, ob in Kleinmachnow oder Falkensee, geschehen 62 Prozent aller Wohnungseinbrüche im Land. Die Polizei ermittelt Täter nur selten, obwohl Brandenburg mit 8200 Polizisten eine höhere Polizeidichte hat als fast alle anderen Länder. Die Polizeireform, bei der bis 2019 die Landespolizei auf 7000 Stellen schrumpfen sollte, wurde von Ministerpräsident Woidke bereits gestoppt. Der Krankenstand der Polizei ist der höchste in Deutschland, mit 38 Fehltagen je Polizist. Das Bildungssystem Brandenburgs ist nach wie vor schlechter als in Sachsen oder Thüringen, obwohl die Startbedingungen 1990 gleich waren. Im Frühjahr gestand die umstrittene Bildungsministerin Martina Münch (SPD) ein, dass landesweit einige tausend Schüler auf den Halbjahreszeugnissen in bestimmten Fächern keine Noten bekommen hatten – weil der Unterricht ausgefallen war.

Was muss die Regierung Woidke tun?

Brandenburg steht gerade in den nächsten Jahren vor enormen Herausforderungen, vor Umwälzungen und nötigen Reformen – strukturell, wirtschaftlich, demografisch, finanziell.

Dauerproblem Dauerbaustelle: Der geplante Hauptstadtflughafen BER.
Dauerproblem Dauerbaustelle: Der geplante Hauptstadtflughafen BER.
© dpa

In den Berlin-fernen Regionen leben immer weniger Menschen, im Speckgürtel wächst die Bevölkerung rasant. Öffentliche Gelder werden mit dem Auslaufen des Solidarpaktes und sinkenden Brüsseler Mitteln knapper, müssen um so punktgenauer investiert werden: ins Umland, wo neue Schulen, Kitas und Sozialwohnungen benötigt werden, und in die an Entvölkerung leidenen Randregionen: Hier muss das Land vor allem Grundstandards der Daseinsvorsorge sichern, da sonst noch mehr junge Leute abwandern. Eine Kreisreform ist überfällig, da es zu viele Landkreise gibt. Zusammenlegungen sind nicht populär. Hauptprobleme für die Wirtschaft sind der Fachkräftemangel und die steigenden Strompreise, die höher sind als anderswo in Deutschland und weiter steigen – eine Folge der vielen neuen Windparks, Brandenburg ist bundesweiter Spitzenreiter – und des bisherigen Umlagesystems. In der Kooperation mit Berlin gibt es Defizite und viele Reibungsverluste, da müsste mehr passieren.

Welche Auswirkungen hat die Wahl auf den Pannen-Flughafen BER in Schönefeld?
Für das neue Potsdamer Parlament bleibt der BER die größte Erblast – finanziell und politisch. Der 450-Millionen-Euro- Anteil des Landes an der zuletzt auf den Weg gebrachten Milliardenspritze der Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund muss vom jetzt gewählten Landtag beschlossen werden. Wegen der extremen Kapazitätsengpässe am neuen, aber zu kleinen, falsch geplanten Airport kommen auf den Steuerzahler die nächsten Ausgaben zu. Mehdorn hat sie bereits auf kurzfristig 800 Millionen Euro, mittelfristig weitere 1,4 Milliarden Euro beziffert. Ob wegen der Kosten, Fluglärm, Nachtflügen, nötigen Erweiterungen – der in Brandenburg liegende Schönefelder Airport wird eine Großbaustelle für die Regierungspolitik in Potsdam bleiben, auch nach der von Mehdorn angepeilten Eröffnung im Jahr 2016. Offen ist ist deshalb, ob Regierungschef Dietmar Woidke nun doch in den Aufsichtsrat geht, was er bislang verweigerte.

Thorsten Metzner

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