Ondrej Duda ist Ursache und Symptom der Krise: Das Problem von Hertha BSC liegt in der Mitte
Der Zustand von Hertha BSC ist auch an der Leistung des Mittelfelds festzumachen. Immerhin ist Arne Maier wieder fit, Marko Grujic wird langsam stärker.
Unmittelbar nach der Pause gelang Ondrej Duda am vergangenen Wochenende seine vielleicht beste Aktion des Spiels. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC leistete sich ein Foul an der Seitenlinie, es war bereits sein drittes, und es erlaubte ihm, den Platz in Frankfurt noch halbwegs ehrenhaft zu verlassen. Drei Minuten später wurde Duda ausgewechselt, was Jürgen Klinsmann, Herthas Trainer, später ohne größere Probleme als Schutzmaßnahme verkaufen konnte. Ondrej Duda war akut von einem Platzverweis bedroht.
Früher oder später, vermutlich eher früher, hätte es den Slowaken ohnehin erwischt. Bei Herthas 2:2 gegen Eintracht Frankfurt am vergangenen Freitag hatte er mal wieder einen reichlich dezenten Auftritt hingelegt. Duda sucht weiterhin Form und Leichtigkeit, die ihn vor einem Jahr zu einer der überraschendsten Erscheinungen der Fußball-Bundesliga gemacht haben. In der Hinserie der Vorsaison kam er auf sieben Tore, in dieser Spielzeit ist ihm gerade mal ein Assist gelungen. Das war am ersten Spieltag.
Der Vorwurf der Schönspielerei ist haltlos
Number Ten haben sie Duda bei Hertha vor einem Jahr genannt: Er war tatsächlich eine große Nummer, zuständig für die Schönheit im Spiel seiner Mannschaft, die besondere ästhetische Note. Davon ist wenig geblieben. Duda ist inzwischen wieder das, was er schon in den beiden Jahren vor dem erstaunlichen Zwischenhoch war – ein Mitläufer. Bei Klinsmanns Debüt vor anderthalb Wochen zählte der 25-Jährige, erstmals in dieser Saison, nicht einmal zum Kader.
Ondrej Duda ist Ursache und Symptom für Herthas Zustand gleichermaßen. Der Mannschaft fehlt im Zentrum ihres Spiels die Leichtfüßigkeit, die Duda wie kein anderer aus dem Kader in seinen besten Momenten verkörpert. Was wiederum dazu führt, dass die Berliner am Rande der Abstiegszone jetzt erst einmal andere Qualitäten benötigen als Leichtfüßigkeit. „Wenn du unten drinsteckst, geht es nicht um Schönspielerei und Zauberfußball, sondern um Punkte“, sagt Jürgen Klinsmann.
Der Vorwurf der Schönspielerei wäre in der Tat haltlos, in dieser Hinsicht hat sich Hertha überhaupt nichts vorzuwerfen. Wobei Ondrej Duda dafür nicht allein die Verantwortung trägt. Das ganze Mittelfeld der Berliner, das eigentliche Kraftzentrum des Spiels, funktioniert in dieser Saison nicht so, wie es funktionieren sollte.
Nur in einer kurzen Phase, in der die Mannschaft noch unter Ante Covic dreimal hintereinander gewann, gab es so etwas wie Stabilität. Das lag unter anderem am Routinier Per Skjelbred, der bei eigenem Ballbesitz eine Art Libero gab und den Spielfluss in Gang hielt. Skjelbred, 32, fehlte in Frankfurt wegen muskulärer Probleme, ist am Samstag gegen Freiburg, den Überraschungsfünften der Liga, aber wohl wieder einsatzfähig.
Auch der lange Ausfall von Arne Maier hat sich eher nachteilig auf Herthas Spiel ausgewirkt. So jung Maier mit seinen 20 Jahren auch sein mag, so wichtig ist er für die Balance bei den Berlinern. „Der Junge ist im Kommen“, sagt Klinsmann. Am Wochenende blieb Maier in Herthas U 23 gegen Lok Leipzig über die komplette Spieldauer auf dem Platz. „Es war wichtig für Arne, dass er 90 Minuten durchgespielt hat“, erklärt Herthas Trainer. „Er braucht Minuten auf dem Platz, er braucht Wettkampf.“
Marko Grujic wirkte oft seltsam schlaff
Maier, Duda und Marko Grujic waren in der vergangenen Saison die Stammbesetzung in Herthas Mittelfeld: Der eine war monatelang verletzt, die beiden anderen suchten vergeblich ihre Form. Immerhin gibt es bei Grujic inzwischen deutliche Anzeichen der Besserung. In Frankfurt bereitete er das 1:0 vor, das 2:0 erzielte er selbst. Es waren für den Serben die ersten Torbeteiligungen seit dem vierten Spieltag. „Marko hat sich ein bisschen schwergetan, in die Saison reinzukommen“, sagt Klinsmann. „Aber er ist ein enorm wichtiger Spieler hier und genießt eine große Wertschätzung bei allen.“
Ähnlich wie Duda hat Grujic in der vergangenen Saison seinen Wert für Herthas Team eindrücklich nachgewiesen. Er besitzt strategische Fähigkeiten, hat einen guten Kopfball und Stärken sowohl in der Defensive wie in der Offensive. Klinsmann bescheinigt dem 23-Jährigen „einen sehr guten ruhigen Blick nach vorne: Er sieht die Lücken, die da auftauchen.“
In seinen besten Spielen hat Grujic in der vorigen Saison auf dem Platz eine beeindruckende Präsenz ausgestrahlt. In dieser hingegen wirkte er oft seltsam schlaff. „Wenn er einen Gang höher schalten kann, macht das einen Unterschied“, sagt Klinsmann. „Es ist enorm wichtig, dass Marko immer mehr in Bestform kommt. Davon lebt die Mannschaft.“