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Hat allen Grund zum Jubeln. Herthas Per Skjelbred blüht derzeit auf.
© Soeren Stache/dpa

Covics Eingriffe greifen: Hertha BSC ist heiß wie Per Skjelbred

Gegen Düsseldorf lieferte Hertha erneut ein ganz anderes Bild ab als noch vor zwei Wochen. Daran haben drei Spieler einen entscheidenden Anteil.

Das Thermometer zeigte nur noch neun Grad, als Per Skjelbred mit freiem Oberkörper seinen Outdoor-Arbeitsplatz verließ und im Kabinengang des Berliner Olympiastadions verschwand. Ein paar Minuten später tauchte er wieder auf, diesmal mit einer Trainingsjacke bekleidet. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC kehrte noch einmal in den Innenraum zurück, und als er kurz darauf ein zweites Mal durch die Mixed-Zone lief, tat er das erneut mit blankem Oberkörper.

Unabhängig davon, dass der Norweger möglicherweise ein anderes Kälteempfinden besitzt: An diesem Abend war Per Skjelbred einfach heiß gewesen. Heiß von der ersten Minute an, heiß bis zum Schlusspfiff. Und heiß offenbar noch darüber hinaus. So wie auch der Rest seiner Mannschaft, die gegen Fortuna Düsseldorf einen überzeugenden 3:1-Erfolg errungen hatte und damit zum ersten Mal nach drei Jahren wieder drei Siege hintereinander in der Fußball-Bundesliga feiern konnte. „Es war ein rundum gelungener Tag für uns“, sagte Trainer Ante Covic.

Solche Tage häufen sich gerade. Nach dem verkorksten Saisonstart mit nur einem Punkt aus vier Spielen hat der Trainerneuling die Mannschaft nicht nur in gesicherte Gefilde geführt; es ist auch immer deutlicher zu sehen, für welchen Fußball Covic stehen will. „Ich glaube, dass wir uns stetig steigern“, sagte er. „Wir kommen langsam dahin, dass wir bei eigenem Ballbesitz auch Gefahr ausstrahlen. Die Mannschaft glaubt an sich.“

Hertha hatte in der Tat ein ganz anderes Bild abgeliefert als noch vor zwei Wochen gegen den Aufsteiger SC Paderborn, als die Mannschaft ihren Vorsprung mit zittrigen Knien ins Ziel rettete. „Wir sehen besser und besser aus“, sagte Torhüter Rune Jarstein. Hertha gewann beeindruckende 63 Prozent der Zweikämpfe, lief dazu fünf Kilometer mehr als die Düsseldorfer.

Kapitän Vedad Ibisevic erklärte den offenkundigen Wandel im Auftreten des Teams mit der Unerklärlichkeit des Fußballs. „Wenn’s läuft, läuft’s.“ Für den Geschmack von Ante Covic war das ein bisschen zu einfältig. „Ein Trainer sollte schon in der Lage sein, zumindest ansatzweise einiges zu erklären“, sagte er. Wichtig sei, dass man die schweren Gedanken vertrieben habe und dass die Mannschaft an das glaube, was sie tue. „Das macht sie im Moment zweifelsohne.“

Formstark unter sich. Per Skjelbred (r.) und Javairo Dilrosun überzeugen bei Hertha BSC.
Formstark unter sich. Per Skjelbred (r.) und Javairo Dilrosun überzeugen bei Hertha BSC.
© Soeren Stache/dpa

Covic hätte auch seine Eingriffe als Trainer als Gründe für den Erfolg anführen können. Wirkte er am Anfang noch wie ein Suchender, der im laufenden Prozess nach der passenden Besetzung und der richtigen taktischen Formation fahndete, so kann er sich inzwischen auf ein halbwegs tragfähiges Konstrukt verlassen. „Wir haben uns relativ stabil in der Formation gezeigt“, sagte Covic. Vorne profitiert die Mannschaft zunehmend von der Spielfreude des Holländers Javairo Dilrosun, der zu Saisonbeginn ebenso verletzt fehlte wie Dedryck Boyata in der Abwehr.

Seit seiner Genesung war Dilrosun jedem seiner vier Einsätze an mindestens einem Tor beteiligt, dazu hat er in den jüngsten drei Spielen stets getroffen. Und in der Innenverteidigung hat Boyata den Holländer Karim Rekik verdrängt, der zuletzt mehr und mehr zu einem Unsicherheitsfaktor geworden war. Der Belgier Boyata ist eine echte Persönlichkeit, standhaft und respekteinflößend. In den ersten drei Saisonspielen ohne ihn kassierte Hertha im Schnitt 2,66 Gegentore; seitdem er in der Startelf steht, liegt der Schnitt nur noch bei einem – und das 1:2 in Mainz fiel erst, als Boyata bereits ausgewechselt war.

Aber auch die anderen personellen Veränderungen, die Covic vorgenommen hat, erzielten den erwünschten Effekt. Es sind Veränderungen, die nicht zwingend auf der Hand lagen. So darf sich Per Skjelbred nach langer Zeit und ein bisschen unerwartet mal wieder als Stammspieler fühlen. Nach sieben Spieltagen kommt er nun schon auf fünf Einsätze und insgesamt 364 Spielminuten. Die erreichte er in der vergangenen Saison erst am 15. Spieltag. Deshalb wurde es auch eher geschäftsmäßig zur Kenntnis genommen, als der 32 Jahre alte Norweger im Frühling seinen Vertrag noch einmal um ein Jahr verlängerte: Na ja, schaden wird es wohl nicht. Inzwischen aber hat sich Skjelbred auf der Sechserposition als echter Stabilitätsfaktor herausgestellt.

Skjelbred beginnt wie Manni, der Libero

Gegen Düsseldorf begann er wie Manni, der Libero. Bei eigenem Ballbesitz nahm Skjelbred eine Position weit hinter den beiden Innenverteidigern ein. „Der Ansatz war, einen Spieler mehr im Aufbauspiel zu haben, damit wir flach rauskommen, ohne permanent den Torwart einbeziehen zu müssen“, erklärte Covic. „Wir hatten viele gute Passagen aus dem hinteren Bereich, ohne lange Bälle spielen zu müssen.“ Nicht zuletzt dank Skjelbred.

Auch Vladimir Darida, 29, zählte zuletzt zu den eher vergessenen Helden vergangener Tage – und hat ebenfalls in nicht unerheblichem Maße zu Herthas Aufschwung beigetragen. Wie schon in Köln lief der Tscheche für den zuletzt blassen Ondrej Duda als Zehner auf – und nach Auftritten wie diesem gibt es für Trainer Covic keinen Grund, die alte Ordnung wiederherzustellen. Darida bereitete ein Tor vor, traf zudem zum ersten Mal seit mehr als zweieinhalb Jahren wieder selbst und wies auch sonst in allen Bereichen herausragende Wert auf: Dass er am meisten von allen Spielern gelaufen war (13,55 Kilometer), ist eher normal. Aber Darida führte auch die Sprintwertung an, hatte die meisten intensiven Läufe absolviert und die meisten Torschüsse abgegeben.

Dass die personellen Maßnahmen funktionieren, dass Vedad Ibisevic nach seinen beiden Jokertoren in Köln auch als Startelfspieler wieder traf, all das stärkt die Glaubwürdigkeit des Trainernovizen Covic. „Jeder Trainer hat gewisse Vorstellungen, macht sich seine Gedanken, welche Umstellungen er vornimmt“, sagte Ante Covic. „Wenn diese Umstellungen greifen, wächst auch der Glaube an den Trainer an der Seitenlinie.“

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