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Per Skjelbred kennt sich mit Fahrradreparaturen aus.
© picture alliance/dpa

Herthas Per Skjelbred hat große Pläne: "Ich möchte Feuerwehrmann werden"

Völlig out und doch wieder da: Per Skjelbred ist für Hertha BSC extrem wichtig. Ein Gespräch über Fahrradreifen, das Älterwerden und Pläne nach der Karriere.

Per Skjlebred, 32, war norwegischer Nationalspieler. 2014 kam er vom Hamburger SV zu Hertha BSC. Seither gilt er als zuverlässiger Mannschaftsspieler bei den Berlinern.

Herr Skjelbred, für den Fall, dass mein Fahrrad kaputt geht …
Her damit! Kein Problem. Ich weiß zumindest, wo ich das Fahrrad hinbringen könnte.

Am Anfang der Woche waren Sie mit Ihren Mannschaftskollegen Niklas Stark und Alexander Esswein in einer Behinderten-Fahrradwerkstatt, um Einblicke in andere Berufsfelder zu bekommen. Haben Sie nur zugeschaut oder selbst Hand angelegt?
Zugeschaut und mitgemacht. Ich weiß jetzt, wie man am besten und schnellsten einen Fahrradschlauch wechselt. Eigentlich sollte das jeder können. Aber kaum jemand kann es. Das wollte ich lernen, und das habe ich geschafft.

Wären Sie ein guter Handwerker geworden, wenn es mit dem Fußball nicht geklappt hätte?
Mein Plan war immer, Feuerwehrmann zu werden. Eigentlich ist er das immer noch. Aber letztes Jahr gab es in meiner Heimatstadt Trondheim 7000 Bewerber für 20 Stellen. Männer, Frauen, fünfzig- fünfzig. Das zeigt, wie groß das Interesse an diesem Beruf ist.

In Norwegen scheint es deutlich größer zu sein als hier in Deutschland.
Das zeigt den Respekt, den wir vor der Arbeit der Feuerwehrleute haben. Für mich ist es ein bisschen wie im Fußball.

Inwiefern?
Löschen ist ein Mannschaftssport. Ohne deinen Mitspieler, deinen Kollegen, stirbst du. Es ist so heiß, du musst so viele schwierige Dinge machen, weißt nicht, was dir bevorsteht, wenn du als Erster in ein brennendes Haus gehst. Was passiert, wenn das Dach einstürzt? Da ich ein paar Feuerwehrleute in Trondheim kenne, durfte ich ein paar Mal zuschauen und ein wenig mitmachen. Ich finde es klasse, was Feuerwehrleute leisten und auch vom Kick und vom Adrenalin her finde ich das einfach geil.

Wären Sie für den Job nicht schon zu alt?
Wahrscheinlich ja. Leider. Ich glaube, man muss unter 30 und Handwerker sein. Handwerker wissen am besten, wo die Schwachstellen eines Hauses sind. Da habe ich leider überhaupt keine Erfahrungen. Außerdem müsste ich noch tausend Kurse belegen. Aber von der körperlichen Leistung her könnte ich schon mithalten.

Trotzdem brauchen Sie noch einen Plan B für die Zeit nach dem Fußball.
Vermutlich ist das so. Mit Kindern zu arbeiten, kann ich mir auch gut vorstellen. Im Jugendfußball zum Beispiel. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt, die ich gerne an Jungs und Mädchen weitergeben würde, um sie voranzubringen.

Haben Sie schon einen Zeitpunkt im Kopf, wann Sie als Fußballer aufhören wollen?
Nein. Ich glaube, das geschieht auf ganz natürliche Weise. Irgendwann sagt dir dein Körper: Es geht nicht mehr. Oder der Kopf. Das reicht auch.

Grund zur Freude. Per Skjelbred hat sich bei Hertha mal wieder zum Stammspieler gemausert.
Grund zur Freude. Per Skjelbred hat sich bei Hertha mal wieder zum Stammspieler gemausert.
© dpa

Zuletzt sah es so aus, als sei dieser Punkt doch noch etwas weiter entfernt.
Das würde ich so nicht sagen. Die Vorbereitung mit dem harten Training und den großen Umfängen ist immer schwer. Da fühlst du dich jeden Tag, als ob du 70 wärst. Aber wenn du diese Mauer durchbrichst und auf der anderen Seite ankommst, merkst du: Hey, es geht weiter.

Aber in den vergangenen Wochen war es schon so, dass Sie sehr wichtig für Herthas Mannschaft waren – viel wichtiger, als das vor der Saison zu erwarten war.
Das ist auf meiner Position doch immer so gewesen. In den vergangenen Jahren war ich eine Art Joker: Kommst rein, erledigst deine Aufgabe und bist irgendwann wieder draußen. Ich weiß, was ich kann, und ich weiß, was ich nicht kann. Wenn die Mannschaft mich braucht, bin ich da. Ich bin fit, hatte zum Glück wenige Verletzungen. Also: einfach weitermachen.

Im Moment sind Sie viel mehr als ein Joker.
Bei älteren Spielern denken die Leute irgendwann: Jetzt reicht's, langsam ist es vorbei. Aber ich habe schon immer, auch am Anfang meiner Karriere, gesagt: Das Alter spielt keine Rolle. Wenn du fit bist, bist du fit, egal ob du alt oder jung bist. Ich habe bei Hertha viele Chancen bekommen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Mit welchen Erwartungen sind Sie selbst in die Saison gegangen?
Ich wusste natürlich, dass es schwer werden würde, Spielzeit zu kriegen. Ich wusste aber auch, dass ich es kann. Das habe ich über Jahre gezeigt. Du musst einfach locker und geduldig bleiben.

Als Sechser sind Sie jetzt wieder Stammspieler, allerdings sollen Sie die Rolle etwas anders interpretieren. Im Spielaufbau lassen Sie sich oft hinter die beiden Innenverteidiger zurückfallen, fast wie ein Libero.
Es ist ein bisschen neu, das stimmt. Aber im Fußball ist es wie in der Mode. Manche Klamotten sind irgendwann völlig out und dann kommen sie wieder.

Wussten Sie, dass Ihnen diese Rolle liegt?
Ich habe jedenfalls nie Libero gespielt. Selbst in meiner Jugend in Norwegen gab es den nicht mehr, da wurde immer 4-3-3 gespielt. Aber wenn du als Mannschaft zwei Spiele hintereinander 0:3 verlierst, stimmt etwas nicht in der Balance. Dann musst du etwas ändern. Und ich bin ein Spieler, der Räume zuläuft, der Bälle gewinnt, auch zweite Bälle. Das hat in diesem Moment gut gepasst.

Was ist anders für Sie?
Jeder Fußballer möchte so oft wie möglich den Ball haben. Den habe ich auf dieser Position. Das ist gut für mich. Und wenn du auf dieser Position den Ball hast, hast du das ganze Spiel vor dir. Du kannst alles überblicken, siehst die Räume, kannst das Spiel beschleunigen oder verlangsamen.

Warum läuft es bei Hertha generell so gut im Moment?
Dass wir Qualität in der Mannschaft haben, konnte man schon in der Vorbereitung sehen, in den Testspielen, aber auch jeden Tag im Training. Wir haben momentan viele gute Spieler und eine gute Breite im Kader. Aber du musst diese Qualität auch im Spiel aus dir herauskitzeln. Und du braucht auch das nötige Selbstvertrauen in das, was wir machen. Das kriegst du durch Siege.

Wie schwierig war die Umstellung auf den neuen Fußball, den Ante Covic von der Mannschaft sehen will?
Es ist ganz normal, dass solche Veränderungen Zeit brauchen. Inzwischen sieht es schon viel besser aus. Es macht Spaß zum Training zu kommen. Und du weißt: Das Ziel ist noch nicht erreicht, aber wir sind unterwegs dorthin.

Wie ist Covic mit der schwierigen Situation umgegangen, als Hertha nach vier Spieltagen mit einem Punkt Tabellenletzter war?
Super. Er war ruhig mit uns, hat immer seinen Plan gehabt. Er hat auch wenig geändert und trotzdem genau erkannt, was wir besser machen müssen. Das sieht man vielleicht noch nicht nach einer Woche, aber nach zwei. Das finde ich stark, wenn ein Trainer die Situation schnell erkennt. Er arbeitet auch extrem an Details, zeigt uns mit Videos Lösungen für jedes Spiel. Wo sind unsere Möglichkeiten? Mit dem Ball. Gegen den Ball. Es fördert einfach dein Selbstvertrauen, wenn du im Spiel merkst: Stimmt. Ist so. Das, was wir vorher besprochen haben, trifft zu. Du hast die Bilder im Kopf und machst es automatisch.

Hat es Sie überrascht, dass Covic die Ruhe behalten hat? Immerhin trainiert er zum ersten Mal eine Profimannschaft.
Ante ist selbst Fußballer. Er schaut viel Fußball, er weiß genau, was er will. Und er ist schlau. Das merkt man einfach.

Als Sie im Frühjahr Ihren Vertrag bei Hertha verlängert haben, stand auch eine Rückkehr zu Rosenborg Trondheim im Raum.
Ich komme aus Norwegen, aus Trondheim, bin in Rosenborg aufgewachsen, kenne den Verein gut und bin auch ein großer Fan von dem, was sie dort machen. Die Möglichkeit besteht also immer. Die Zeit wird auch definitiv kommen, dass ich mich mit dieser Frage intensiver beschäftigen werde. Aber jetzt bin ich bei Hertha, sieben Jahre schon. Das ist mein Verein.

Hat Rosenborg sehr an Ihnen gebaggert?
Nein, ab und zu quatschen wir: Wie sieht's aus? Wann kommst du zurück? Aber das ist jetzt auch schon länger her.

Haben Sie die Entscheidung, in Deutschland zu bleiben, allein getroffen? Oder hat Ihre Familie darüber abgestimmt?
Das war eine demokratische Entscheidung. Meine Frau war sowieso mein größter Fan und ist es auch weiterhin. Und meine Familie möchte, dass ich meine Träume weiter verwirklichen kann. Sie freut sich, dass ich auf diesem hohen Niveau spielen kann. Und sie weiß, dass ich mein ganzes Leben für diese Situation gearbeitet habe. Das einfach so wegzugeben und etwas anderes zu machen, das wäre im Frühjahr nicht die richtige Entscheidung gewesen. Und ist es auch immer noch nicht.

Ihre Kinder wollten vermutlich sowieso lieber in Berlin bleiben, oder?
Meine Familie ist inzwischen wieder in Norwegen. Mein Sohn ist im Sommer in die vierte Klasse gekommen. Für den Wechsel auf eine norwegische Schule war das jetzt der richtige Zeitpunkt. Noch ein Jahr länger zu warten, wäre schwierig geworden. Meine Kinder sind glücklich, sie wohnen direkt neben der Schule. Sie spielen Fußball, Handball, turnen. Und meine Frau arbeitet an der Uni. Das hat alles super gepasst. Ich bin happy. Meine Frau ist happy, meine Kinder sind happy. Das ist das Wichtigste.

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