Russlands neue Macht im Nahen Osten: Wo Putin das Sagen und Biden das Nachsehen hat
Die USA engagieren sich wieder mehr im Nahen Osten. Doch die Kräfteverhältnisse haben sich längst zugunsten Russlands verschoben. Ein Kommentar.
Schon seit einigen Jahren ist es offenkundig: Die USA verlieren das Interesse am Nahen Osten. Geostrategisch wie politisch und wirtschaftlich spielt die Krisenregion, dieses Dauer-Ärgernis, keine besondere Rolle mehr. Für die Supermacht haben die Rivalität mit China und Russlands Provokationen einen wesentlich größeren Stellenwert. Doch nun kehrt Amerika in den Nahen Osten zurück. Mit viel Geld, Gesprächen und Waffen will Präsident Joe Biden wieder mehr Stärke zeigen.
Das Engagement ist allerdings weniger einer neu entdeckten Zuneigung für die Weltgegend geschuldet, als vielmehr Pekings und vor allem Moskaus energischem Auftreten. Die Vereinigten Staaten können ihrem Selbstverständnis nach nicht einfach einem Wladimir Putin das Feld überlassen. Da muss gegengehalten werden. Allerdings dürfte es für eine klare Kräfteverschiebung zu spät sein.
Im Nahen Osten haben sich Israel und die mit den USA verbündeten arabischen Herrscher längst anders orientiert: Richtung Moskau. Gerade die Ukraine-Krise hat ihnen nochmals vor Augen geführt, dass auf Amerika kein Verlass ist. Es kommt in diesen Zeiten darauf an, sich mit dem Kreml gutzustellen. Nur so lässt sich etwas erreichen.
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Der Respekt vor Russland kommt nicht von ungefähr. Putin hat es mit großem Geschick und einem enormen militärischen Aufwand geschafft, jenes Machtvakuum zu füllen, das sich mit Barack Obamas Rückzug aus dem Nahen Osten entwickelt hat. Spätestens 2015 führte Moskaus Führung der Welt vor Augen, was sie sich die Aussicht auf Autorität kosten lässt.
Damals griff Russland in den Syrienkrieg ein, sicherte dem Despoten Baschar al Assad mit enormer Brutalität das Überleben und setzte sich in der Region fest. Heute passiert dort nichts, ohne dass man sich zuvor Putins Wohlwollen versichert.
Der Syrienkonflikt ist zugleich eine der größten selbst verschuldeten Blamagen Amerikas. Denn Obama zog 2013 zwar in Sachen Chemiewaffen für den Diktator in Damaskus eine rote Linie. Aber er ließ Assad ungeschoren davonkommen, als dieser die vollmundig markierte Grenze gezielt überschritt. Eine derartige Schwäche bleibt im Nahen Osten nicht unbemerkt. Dort zählen Entschlossenheit und Willensstärke – die Putin immer wieder rücksichtslos unter Beweis stellt.
Genauso aufmerksam wurde der beschämende Abzug der Amerikaner aus Afghanistan registriert. Kommt es hart auf hart, lassen die USA sogar Verbündete im Stich. Das ist die Lehre, die Amerikas nahöstliche Partner aus dem Debakel am Hindukusch zogen.
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Die Ukraine-Krise passt in dieses für Washington verheerende Bild. Kommt es zu einer russischen Invasion, muss Putin sich mit diplomatischen und wirtschaftlichen Sanktionen herumschlagen, mehr aber auch nicht. Dass es zu einem militärischen Ernstfall mit der Nato und den USA kommt, ist unwahrscheinlich. Biden jedenfalls wird sich Russland nicht in den Weg stellen. In Nahost gilt dies als Eingeständnis einer Niederlage.
Israel und die Golfstaaten stecken dadurch in einem Dilemma. Immer noch ist Amerika die erste Anlaufstation, wenn es um ihre Sicherheit geht. Und Washington lässt sich die gerade einiges kosten. Aber schlussendlich ist nicht klar, ob das Engagement von Dauer sein wird oder nur den aktuellen Krisen zu verdanken ist. So spricht einiges dafür, es sich einerseits mit Washington nicht zu verderben, und andererseits auch Russlands Interessen keinesfalls zu ignorieren.
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Dass ein solcher politischer Spagat überhaupt nötig ist, sagt eine Menge über die Machtverschiebungen im Nahen Osten aus. An Putin kommt niemand mehr vorbei. Daran wird auch Amerikas neue Aufmerksamkeit für die Region wenig ändern. Die Zeiten, in denen die USA fast nach Belieben schalten und walten konnten, sind vorbei. Die Supermacht ist zurück, aber keinen interessiert’s sonderlich. Denn das amerikanische Zeitalter in Nahost ist schon lange vorbei.