Sturz des Schahs vor 40 Jahren: Wie der Iran als Gottesstaat zur Großmacht aufstieg
Am 16. Januar 1979 floh der Schah aus dem Iran. Seit der islamischen Revolution 1979 herrschen die Mullahs - trotz aller Probleme und Amerikas Widerstand.
Offiziell wurde der Flug als Urlaubsreise ausgegeben. Doch tatsächlich leitete er das Ende einer 2500 Jahre alten Monarchie ein. Als Irans Schah Reza Pahlavi und Kaiserin Farah am 16. Januar 1979 in Teheran eine Maschine nach Assuan in Ägypten bestiegen, sollte das ein endgültiger Abschied aus ihrem Land sein. Keine drei Monate später rief Ajatollah Ruhollah Chomeini die Islamische Republik aus.
Die Flucht des Schahs und dessen Sturz markierten einen Umbruch im Nahen Osten – und den Beginn der Feindschaft zwischen dem Iran und den USA. Die hat unter Präsident Donald Trump einen neuen Höhepunkt erreicht. Berichten zufolge ließen dessen Mitarbeiter erst kürzlich die Möglichkeit von Militärschlägen gegen Teheran prüfen.
Washingtons langer Arm
Die Schicksale des Schahs und seines Landes sind eng mit Amerikas Politik in Nahost verwoben. Zwölf Jahre nach dem Pahlavi den Pfauenthron bestiegen hatte, organisierte die CIA gemeinsam mit dem britischen Geheimdienst 1953 einen Putsch gegen den demokratisch gewählten iranischen Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh.
In der Folgezeit wurde der Schah zu einem wichtigen Verbündeten und Rüstungskunden Amerikas. Richard Nixon nannte den autokratischen Herrscher einmal einen „alten Freund, einen progressiven Staatschef und einen Welt-Staatsmann ersten Ranges“.
Im Iran sahen das viele grundlegend anders. Zwar betrachtete sich der Schah selbst als westlich orientierten Reformer, machte sich aber eine Menge Feinde und ließ jede Art von Widerstand und Opposition mit Hilfe seiner berüchtigten Geheimpolizei Savak brutal unterdrücken. Der Westen, angeführt von den USA, unterstützte den Schah dennoch. Pahlavis Herrschaft garantierte westlichen Konzernen die Kontrolle über die Ölindustrie. Zudem galt der Iran als antikommunistisches Bollwerk gegen die benachbarte Sowjetunion.
Was die Iraner ebenfalls gegen den Schah und dessen korrupte Machtclique aufbrachte, war sein Größenwahn. Reza Pahlavi nannte sich „König der Könige“ und trat dementsprechend auf. So feierte er 1971 das 2500. Gründungsjubiläum des Persischen Reiches mit einer dekadenten Party in den Ruinen der antiken Hauptstadt Persepolis.
Der „Große Satan“
Dem wachsenden Widerstand gegen seine Herrschaft stand der Schah macht- und ratlos gegenüber. Der Ruf nach Rückkehr des vom Schah ins Exil verbannten Ajatollah Chomeini wurde lauter. Als der schiitische Geistliche vom Pariser Exil aus das Regime in Teheran als „illegal“ verdammte, trat Pahlavi die Flucht an.
Chomeini landete am 1. Februar 1979 in Teheran. Millionen Menschen bereiteten dem Ajatollah einen euphorischen Empfang. Die Revolution hatte gesiegt, mit der Islamischen Republik – einem repressiven, von einer Klerikerkaste gelenkten Gottesstaat – begann ein neues Zeitalter.
Als Herrschaftsfundament setzte Chomeini nicht nur auf Islamisierung, sondern auch auf Anti-Amerikanismus. So wurde die Stimmung gegen den „Großen Satan“ gezielt geschürt. Eine Folge war die Geiselnahme von US-Bürgern in der Botschaft in Teheran, die bis Januar 1981 dauerte. Schon ein Jahr zuvor hatten die USA ihre diplomatischen Beziehungen zum Iran abgebrochen und erstmals Wirtschaftssanktionen verhängt.
Washingtons Unterstützung für Saddam Husseins Irak im achtjährigen Krieg gegen den Iran, der Tod von 241 US-Soldaten bei einem Anschlag der von Teheran unterstützten Hisbollah im Libanon 1983 und der Abschuss eines iranischen Verkehrsflugzeuges durch die US-Marine 1988 mit 290 Toten zementierten die iranisch-amerikanische Feindschaft. Mit Trumps Konfrontationskurs hat sie nun einen Höhepunkt erreicht.
Irans Revolutionsideologie
US-Sanktionen und die Überzeugung, ständig amerikanischen Angriffen ausgesetzt zu sein, prägen denn auch die Weltsicht der Islamischen Republik. Hinzu kommt ein unversöhnlicher Hass auf Israel. Dabei mischen sich die Erinnerung an die engen Beziehungen zwischen dem Schah und dem jüdischen Staat, mit dem Erbe des extrem anti-israelisch eingestellten Chomeini und der Absicht, sich im Nahen Osten als Fürsprecher der Palästinenser zu profilieren. Seit Jahren droht die iranische Führung dem „zionistischen Gebilde“ mit Vernichtung.
Zugleich entwickelte die schiitische Theokratie – von sunnitischen Nachbarn und somit potenziellen Rivalen umgeben – ein revolutionäres Sendungsbewusstsein. Anders als in Staaten wie Saudi-Arabien haben die Iraner nach dieser Lesart ihre Monarchie abgeschüttelt und einen gottgefälligen Staat errichtet.
So bildet der Revolutionsexport bis heute eine Antriebsfeder für die Außenpolitik der Islamischen Republik. Was Konkurrenten und erklärte Gegner wie Saudi-Arabien alarmiert. Denn der Iran mischt, gestützt vor allem auf die Auslandsabteilung der paramilitärischen Revolutionsgarden, beispielsweise im Irak und Syrien kräftig mit und versucht so, seinen Machtbereich auszudehnen.
Militante Milizen wie die Hisbollah im Libanon und die Huthis im Jemen werden von Teheran mit Waffen und Geld unterstützt. Irans Atomprogramm und der Bau von Raketen mit einer Reichweite von mehreren Tausend Kilometern sind für Gegner wie die USA, die Golfmonarchien und Israel eine weitere gefährliche Provokation.
Regime mit Problemen
In der Tat ist der Iran der große geostrategische Gewinner der vergangenen Jahre. Den Mullahs ist es trotz aller Widerstände gelungen, ihren politischen und militärischen Einfluss in der Region kontinuierlich zu vergrößern. Ihrem ambitionierten Ziel – eine Art „schiitischen Halbmond“ vom Persischen Golf bis zum Mittelmeer aufzubauen, in dem Teheran das Sagen hat – kommen sie immer näher.
Dieser außenpolitische Kurs hat seinen Preis. Teherans Führung lässt sich ihr konsequentes Vorgehen zig Milliarden kosten – Geld, das der kriselnden heimischen Wirtschaft und den 80 Millionen Einwohnern des Landes fehlt. Kein Wunder, dass Unmut und Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung wachsen.
Viele Iraner klagen darüber, dass der Einsatz in fremden Ländern zu ihren Lasten geht. Vor einem Jahr skandierten Demonstranten: „Für Iran, aber nicht für Gaza, Syrien oder Libanon!“ Hinzu kommen Korruption und eine Selbstbedienungsmentalität der Eliten. Der Klerus und mit ihm eng verbundene Institutionen haben Ämter und Stiftungen geschaffen, die aus der Staatskasse finanziert werden, also mit Steuereinnahmen.
Für das Volk bleibt zu wenig, beklagen die Iraner. Dabei sind die Preise für wichtige Güter des Alltags in die Höhe geschnellt, die Landeswährung hat dramatisch an Wert verloren. Gerade junge Leute finden oft keinen Job. Bei vielen ist der Frust so groß, dass sie zu Rauschgift greifen – der Iran hat ein massives Drogenproblem.
Das alles bleibt dem Regime nicht verborgen. Präsident Hassan Ruhani gehört zu jenen in der Herrscherclique, die versuchen gegenzusteuern. Schließlich steht ihre Macht auf dem Spiel. Jüngst kündigte er eine 20-prozentige Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Dienst und staatliche Hilfen für den Kauf von Nahrungsmitteln an.
Ob das ausreicht, um die Gemüter zu besänftigen, ist fraglich. Denn die von Trump verhängten Sanktionen machen dem Iran schwer zu schaffen. Nach der Aufkündigung des Atomabkommens will der US-Präsident mit allen Mitteln die Islamische Republik in die Knie zwingen. Aber momentan sieht es nicht danach aus, dass ihm das rasch gelingen könnte.
Die Reformkräfte sind nach Amerikas Ausstieg aus dem Nukleardeal ins Hintertreffen geraten. Die Hardliner geben immer mehr den Ton an. Die Mullahs verteidigen ihre Macht mehr oder weniger erfolgreich. Seit 40 Jahren.