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Nicht immer auf einer Linie in der Corona-Krise: Armin Laschet und Markus Söder.
© picture alliance/dpa

NRW-Ministerpräsident Laschet: Vom Lockerer zum „Lockdowner“

Armin Laschet geriet in der Corona-Krise in ein Duell mit Markus Söder – die Notbremse im Fall Tönnies wird auch zum Test in der K-Frage.

Es ist einer der überzeugenderen Auftritte von Armin Laschet in der Coronakrise. Aber natürlich darf auch die Antwort aus Bayern an diesem Tag nicht fehlen: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident will zwar einen Lockdown in den Kreisen Gütersloh und Warendorf, aber keine generelle Reisebeschränkung für deren Bewohner verfügen.

Die bayerische Landesregierung verhängt daher umgehend ein Übernachtungsverbot für Gäste aus dieser Region. Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder informierte Laschet darüber per SMS.

Mehrfach wiederholt Laschet, dass erstmals in Deutschland ein ganzer Kreis zurückgeführt wird auf die Maßnahmen, "die vor wenigen Wochen gegolten haben". Wo er zuvor Druck für Lockerungen gemacht hatte, verkündet er nun den Lockdown für Gütersloh. Der Kritik, dieser hätte schon vergangene Woche kommen können, antwortet er mit dem Stufenplan aus dem März, damals waren auch zunächst Schulen und Kitas heruntergefahren worden, bevor dann Kontaktbeschränkungen kamen.

Um frühzeitig das Infektionsgeschehen im Fall Tönnies einzudämmen, war zudem eine Quarantäne für 7000 Beschäftigte verfügt worden. "Virologe Drosten hat diese Maßnahme ausdrücklich gewürdigt", betont Laschet.

Drosten als Laschets Kronzeuge

Gemeint ist Christian Drosten von der Charité, den er nun quasi als Kronzeugen für die Richtigkeit seines Kurs ins Feld führt. Mit dessen Vorschlägen Laschet war nicht immer einverstanden. Er setzte stattdessen auf den Bonner Virologen Hendrik Streeck, der mit seinem Team für Laschet eine Corona-Studie zum Virusausbruch im Kreis Heinsberg nach einer Karnevalssitzung anfertigte, über die am Ende aber fast weniger berichtet wurde, als über die PR-Vermarktung selbiger durch die Agentur Storymachine.

Fernduell mit Söder

Der Kandidat für den CDU-Vorsitz geriet in der Corona-Krise ungewollt in ein Fernduell mit CSU-Chef Söder, der bayerische Ministerpräsident gab den Macher mit breitem Kreuz, posierte in Toilettenpapierfabriken, und fand am Montag zwischendrin noch Zeit, mit Bayern-Maske den emeritierten Papst Benedikt XVI. am Flughafen nach einem Besuch bei seinem kranken Bruder zu verabschieden.

Mit Bayern-Maske verabschiedet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Montag den emeritierten Papst Benedikt XVI. nach einem Besuch bei seinem Bruder.
Mit Bayern-Maske verabschiedet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Montag den emeritierten Papst Benedikt XVI. nach einem Besuch bei seinem Bruder.
© dpa

Der Fall Tönnies ist für Laschet, wenn man so will, der Lakmustest, ob er die Stimmung noch drehen kann, alles hängt davon ab, ob der Ausbruch eingedämmt werden kann. Auch bei seinen Unterstützern waren zuletzt die Zweifel gewachsen, in der SPD sehnen sich viele Laschet als Gegner des wahrscheinlichen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz fast schon herbei.

Unter den Unions-Anhängern ist Söder bisher der klare Favorit, niemand wurde beim letzten CDU-Parteitag so gefeiert wie er.

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Laschet, aber auch seine CDU-Kontrahenten um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Norbert Röttgen, registrieren, dass Söder nicht mehr ganz so deutlich betont, sein Platz sei und bleibe in Bayern. Laschet verweist daher neuerdings darauf, dass Söder ja klargemacht habe, als Kanzlerkandidat der Union gar nicht zur Verfügung zu stehen. "Das nehme ich ernst".

Im westfälischen Verl werden unter Quarantäne stehende Tönnies-Mitarbeiter und ihre Angehörigen mit Essen versorgt.
Im westfälischen Verl werden unter Quarantäne stehende Tönnies-Mitarbeiter und ihre Angehörigen mit Essen versorgt.
© AFP

Laut des jüngsten "NRW-Trends" des WDR verliert Laschet massiv an Zustimmung. So sind nur noch 46 Prozent der Befragten mit seiner Arbeit zufrieden. Im April waren es noch 65 Prozent. Mit Ausnahme der AfD-Anhänger wird Laschet in allen politischen Lagern kritischer bewertet als noch im April.

Laschet: "Besondere Lage durch die Streuung der Orte"

Wegen der wirtschaftlichen Verwerfungen und der psychischen und sozialen Folgen des Lockdowns hatte er früher als andere für Lockerungen geworben - und die Infektionszahlen danach gaben ihm eigentlich Recht. Dennoch sackte die Zustimmung ab.

Obwohl der zwischen Bund und Ländern vereinbarte Mechanismus vorsehe, dass klar lokalisierte Infektionen keine flächendeckenden Maßnahmen nach sich ziehen müssen, gehe er jetzt noch einen Schritt, betont er nun mit Blick auf den Lockdown. "Wir haben eine besondere Lage durch die Streuung der Orte und die Internationalität der Tönnies-Mitarbeiter", sagt Laschet mit Blick auf die Unterkünfte.

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Auch hier ist er vorsichtiger geworden. Vor einer Woche hatte er den Eindruck erweckt, die Virusquelle sei von Tönnies-Arbeitern aus Rumänien oder Bulgarien nach Heimatbesuchen eingeschleppt worden, was bis hin zur bulgarischen Außenministerin für scharfe Kritik gesorgt hatte.

Nun betont er, dass man diesen Menschen in der belastenden Quarantäne intensiv helfen werde – und als eine Maßnahme seines umfassenden Notfallplans kündigt Laschet an, dass auch zusätzliche Dolmetscher für rumänisch, polnisch und bulgarisch geschickt werden.

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