USA: Trumps Ende kommt - früher oder später
Die Zeit des US-Präsidenten läuft ab, sobald die Republikaner sich gegen ihn stellen. Welche Szenarien denkbar sind: ein Kommentar.
Nun wird’s ernst. Die Vorladungen des Sonderermittlers in der Russland-Affäre Robert Mueller erreichen den Kern des Trump-Wahlkampfteams. Seine Ermittlungen richten sich auch gegen den Präsidenten selbst. Er steht im Verdacht der Strafvereitelung. Er hatte FBI-Chef James Comey gefeuert, um dessen Russland-Untersuchung zu beenden. Trump bestreitet das, spricht von „Hexenjagd“. Man kennt das von ihm. Er schafft sich eine eigene, alternative Realität. Davon wird sich Mueller in seiner Arbeit aber nicht stoppen lassen.
War’s das? Erleben wir den Anfang vom Ende der Trump-Präsidentschaft, nur er selbst will es nicht wahrhaben? Ja, diese Dynamik nimmt nun ihren Lauf. Sie kann Trumps Ende jedoch auf unterschiedliche Weise herbeiführen. Je nachdem kommt es früher oder später. Da unterscheiden sich die Erwartungen in Amerika und in Europa. Und die der Konservativen von denen der Progressiven in den USA.
Nicht mehr nur peinlich, sondern hochgefährlich
Die meisten Beobachter aus der Ferne und linke US-Demokraten sehnen ein abruptes Ende herbei. Sie hoffen auf eine „Smoking Gun“: den unwiderlegbaren Beweis, dass Trump persönlich in Wahlmanipulationen verwickelt war. Oder dass er der Lüge unter Eid überführt wird, wenn Mueller ihn vorlädt und er offiziell aussagen muss. Dann würde ein „Impeachment“ unvermeidbar.
Dieser Präsident ist für sie schon lange nicht mehr nur eine Witzfigur und peinlich. Sie halten ihn für hochgefährlich. Er schadet den Interessen der US-Bürger mit seinen Versuchen, die Obama-Gesundheitsreform rückgängig zu machen, mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen, mit seinen Steuerplänen zu Gunsten der Reichsten, mit der Überlegung, private Söldner statt US-Soldaten den Kampf in Afghanistan führen zu lassen.
Sie trauen ihm alles zu: Dass er die Sommerpause des Parlaments nutzt, um Sonderermittler Mueller zu feuern – und Justizminister Sessions gleich mit, falls der sich widersetzt, um einen willfährigen Ersatz zu berufen; denn im „Recess“, der Sommerpause des Kongresses, darf der Präsident das ohne die sonst nötige Zustimmung des Senats. Ein solches „Recess Appointment“ erlischt zwar nach wenigen Monaten, aber Trump hätte sich erstmal gerettet. Die Progressiven befürchten zudem, dass er Militäreinsätze befiehlt, zum Beispiel gegen Nordkorea, um von seiner Bedrängnis abzulenken.
Nur ein gutes Drittel der Wähler unterstützt Trump noch
Trumps moderate und konservative Gegner erwarten ein Ende, das nicht abrupt eintritt, sondern sich über Etappen hinzieht. Die viel zitierten „Checks and Balances“ wirken subtiler: als Zusammenspiel mehrerer Mechanismen. Der Präsident wird handlungsunfähig, wenn er seine Glaubwürdigkeit und die Mehrheit verspielt und verdächtig agiert. Das Szenario der „Smoking Gun“, die zur Amtsenthebung führt, ist möglich aber nicht die wahrscheinliche Variante. Denn „Impeachment“ ist mehr ein politisches als ein strafrechtliches Verfahren. Die Kongressmehrheit muss das Verfahren zur Amtsenthebung beschließen. Über die verfügt seine Partei, die Republikaner.
Sie haben längst begonnen, ihn einzuhegen, weil er zur Belastung für ihre Wahlaussichten geworden ist. Nur ein gutes Drittel der Wähler unterstützt Trump noch. Kongressmehrheiten für seine Agenda hat er nicht mehr, das hat die Niederlage bei der Gesundheitsreform gezeigt.
Greift er zu unlauteren Mitteln und feuert Mueller, zieht er die politische Schlinge selbst zu. Mehr Republikaner wenden sich ab. Denn in einem solchen Klima fürchten sie die Kongresswahl im November 2018 zu verlieren. Und: Mehrere Republikaner bereiten bereits ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2020 vor – gegen den Amtsinhaber.
Trumps Ende kommt, sobald die Republikaner sich gegen ihn stellen: rasch, weil eine „Smoking Gun“ auftaucht. Oder vor der Kongresswahl 2018. Oder spätestens, weil sie ihn 2020 nicht mehr zur Wiederwahl aufstellen. Den Anfang vom Ende hat Trump selbst ausgelöst: durch seinen Umgang mit Comey und Mueller.
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