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Rücktrittsstimmung in Sachsen-Anhalt: Sachsen-Anhalt, Katrin Budde (SPD) lässt ihr Amt ruhen. Wulf Gallert (Die Linke) trat heute zurück.
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Nach den Landtagswahlen: Rücktritte in Sachsen-Anhalt - erste Koalitionsgespräche angekündigt

In Sachsen-Anhalt ziehen Spitzenkandidaten Konsequenzen aus dem Wahlergebnis. In Baden-Württemberg will die SPD keine Deutschland-Koalition. SPD-Chef Gabriel gibt Seehofer Mitschuld am Erfolg der AfD. Lesen die Ereignisse am Tag nach den Landtagswahlen im Newsblog nach.

Tag 1 nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Wie geht es nun weiter in den Ländern und im Bund? Und mit der AfD, die in allen drei Ländern zweistellige Ergebnisse erreichte? Wir haben den Tag mit unserem Newsblog begleitet. Die Ereignisse vom Wahltag können Sie hier nachlesen.

+++Sachsen-Anhalts SPD-Chefin Katrin Budde zieht sich nach der Wahl zurück. Ihre Parteiführung soll zunächst ruhen, bei der Neuwahl der Spitzenpositionen will Budde nicht mehr kandidieren. Das teile die SPD nach Sitzungen des Parteivorstands und des Parteirats mit.

Auch die Fraktion will Budde nicht mehr leiten. Finanz-Staatssekretär Jörg Felgner kündigte an, für das Führungsamt in der Fraktion zu kandidieren.

+++In Baden-Württemberg schließt die SPD eine "Deutschland-Koalition aus. Landesvorstand beschloss einem Parteisprecher zufolge am Montagabend in Stuttgart, ein solches Bündnis auszuschließen. Spitzenkandidat Nils Schmid sagte demnach, die SPD werde dazu nicht die Hand reichen.

CDU und FDP hatten darauf spekuliert, die SPD für ein solches Bündnis gewinnen zu können. Bei der Landtagswahl am Sonntag waren die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann stärkste Kraft geworden. Allerdings verlor die bisherige grün-rote Koalition ihre Mehrheit.

+++Grüne in Sachsen-Anhalt beschließen Sondierung mit CDU und SPD. Der Landesvorstand der Grünen in Sachsen-Anhalt hat sich einstimmig für Sondierungsgespräche mit CDU und SPD ausgesprochen. Über Koalitionsverhandlungen solle ein kleiner Parteitag am 1. April entscheiden, teilte die Partei mit. Am 23. April könne dann ein Landesparteitag über den Koalitionsvertrag abstimmen. Damit hat die erste Partei einen klaren Zeitplan für die Bildung einer schwarz-rot-grünen Regierung in Magdeburg aufgestellt. Am Sonntag war die CDU unter Ministerpräsident Reiner Haseloff stärkste Partei geworden. Sie braucht aber Partner - einzig mögliches Bündnis ist Schwarz-Rot-Grün.

Ministerpräsident Reiner Haseloff, Spitzenkandidat der CDU in Sachsen-Anhalt. Gibt es in dem Bundesland bald ein Schwarz-Rot-Grünes Bündnis?
Ministerpräsident Reiner Haseloff, Spitzenkandidat der CDU in Sachsen-Anhalt. Gibt es in dem Bundesland bald ein Schwarz-Rot-Grünes Bündnis?
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+++Dreyer will rasch Gespräche über Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will rasch mit Grünen und FDP die Chancen für eine Ampel-Koalition ausloten. Sie werde am Dienstag Kontakt mit beiden Parteien aufnehmen, kündigte Dreyer am Montagabend vor einer Sitzung des SPD-Landesvorstands in Mainz an. Sie stellte aber auch Gespräche mit der CDU in Aussicht. Einen genauen Zeitplan für die Sondierungsgespräche gibt es noch nicht. Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hatte die bisherige rot-grüne Koalition ihre Mehrheit verloren. Die SPD wurde aber stärkste Kraft. Rechnerisch möglich sind eine Ampel-Koalition und ein Bündnis von SPD und CDU. Dreyer peilt aber eine Ampel-Koalition an. Nach Gremiensitzungen der Bundes-SPD in Berlin hatte sie bereits betont, eine große Koalition sei nur für "Notsituationen". Die FDP steht einem solchen Dreier-Bündnis allerdings zurückhaltend gegenüber. Dreyer richtet sich auf eine langwierige Regierungsbildung ein. "Gespräche mit Hand und Fuß werden Zeit brauchen", sagte sie am Montagabend in Mainz. Es werde kompliziert. CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner hob vor einer Landesvorstandssitzung erneut hervor, dass der Ball nun im Feld von Dreyer liege. Diese müsse jetzt eine stabile Koalition hinbekommen.

+++Klöckner will nach Verlusten weiter CDU-Landeschefin bleiben. Julia Klöckner will an der Spitze der CDU Rheinland-Pfalz bleiben. „So will ich am Ende sagen, dass die Mitglieder des Landesvorstands mich gebeten haben, an Bord zu bleiben - und zwar als Kapitän“, sagte Klöckner am Montag nach einer Sitzung des Landesvorstands in Mainz. „Ich stehe zur Verfügung.“ Das wünsche sich der Parteivorstand auch für die Fraktion, aber das entscheide die Fraktion, fügte sie hinzu.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) fühlt sich durch die Wahlergebnisse in seiner Kritk an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung bestätigt.
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) fühlt sich durch die Wahlergebnisse in seiner Kritk an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung bestätigt.
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+++Wulf Gallert ist als Fraktionschef der Linken in Sachsen-Anhalt zurückgetreten. Das gab der Spitzenkandidat der Landtagswahlen am Montag am Rande einer Versammlung der Landesvorstands der Partei bekannt, berichtete die Mitteldeutsche Zeitung.

Die Linke hatte bei der Landtagswahl in Sachen-Anhalt 7,4 Prozent an Stimmen verloren und ist somit nur noch drittstärkste Kraft im Landtag hinter CDU und AfD.

+++ Sigmar Gabriel gibt Horst Seehofer eine Mitschuld am Erfolg der AfD. Seehofer habe die Partei stark gemacht, sagte der SPD-Vorsitzende am Montag in Berlin in der vorab aufgezeichneten ZDF-Sendung „Was nun, Herr Gabriel?“. „Wer ständig die gleichen Sprüche klopft wie die AfD, muss sich nicht wundern, dass man selbst dann als CSU-Politiker der Berufungsfall wird.“

Nach den Wahlen hatte CSU-Vorsitzende einen Kurswechsel der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik gefordert. SPD-Chef Gabriel warnte vor diesem Schritt. Man darf doch nicht von dem, von dem man überzeugt ist, deshalb abweichen, weil ein Teil von Wählerinnen und Wählern ihren Frust auch über die Flüchtlingspolitik bei der AfD gelassen hat.“ Es sei weiter richtig, eine europäische Lösung zu suchen. „Ganz sicher werden wir unsere Politik nicht ändern.“

Hysterisch mache ihn der Erfolg der Afd außerdem nicht. Auch in anderen europäischen Staaten gebe es rechtspopulistische Parteien. Er selbst verorte die AfD „zwischen deutschnational, rechtspopulistisch und rechtsradikal“.

Kursänderung? Angela Merkel bleibt ihrer Linie.
Kursänderung? Angela Merkel bleibt ihrer Linie.
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+++ Horst Seehofer nennt die Wahlergebnisse "desaströs". Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer macht die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung für die Verluste der Union bei den Landtagswahlen verantwortlich. "Das desaströse Wahlergebnis ist auf die Politik der letzten Wochen zurückzuführen", sagte Horst Seehofer auf einer Pressekonferenz in München, "wir wollen, dass diese Politik korrigiert wird."

Er fühlt sich in seinen Vorhersagen bestätigt und prophezeit gewaltige Probleme für die Bundestagswahl, falls sich die Politik der Regierung nicht ändere. "Das kann sogar dazu führen, dass keine große Koalition mehr möglich ist", sagte er. Nun müsse der Kurs geändert werden. "Wir stehen vor der großen Herausforderung, das Scheitern der Union zu korrigieren", sagte er, "die Lage ist existenziell, nur eine Änderung der Politik kann den Spuk beenden." Er wolle das auch am Mittwoch bei einem Treffen mit der Kanzlerin vortragen. Keine Veränderungen nach einem solchen Wahlergebnis seien "nicht hinzunehmen". Horst Seehofer nannte dabei sich selber und seine Reaktion auf die Verluste der CSU bei der Landtagswahl 2008 in Bayern als Vorbild. Er habe da auch den Kurs der Partei korrigiert.

Für die kommenden Gespräche der EU mit der Türkei sagte er: "Für uns kommt eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU nicht infrage." Und bei der von Bundeskanzlerin Angela Merkel angestrebten Lösung, Syrien-Flüchtlingen aus der Türkei in ganz Europa zu verteilen, müsse alles getan werden, "dass dies kein deutsches Kontingent wird". Das würde die Bevölkerung nicht verstehen. "Dafür werden wir in dieser Woche hart arbeiten", erklärte Horst Seehofer.

+++ Angela Merkel will ihre Linie in der Flüchtlingsfrage beibehalten. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel trat nach der Vorstandssitzung ihrer Partei am Montagmittag erstmals nach den drei Landtagswahlen vor die Presse. Sie nannte den Sonntag einen "schweren Tag für die CDU". "Das Flüchtlingsthema hat alles dominiert", sagte die Bundeskanzlerin, "die Tatsache, dass das Thema noch nicht gelöst ist, hat die Wahlen bestimmt." Angela Merkel will trotzdem ihre Linie beibehalten. "Ich werde das vom Grundansatz so weiterführen, wie ich es in den vergangenen Wochen und Monaten getan habe". "Ich bin der Überzeugung, dass wir eine europäische Lösung brauchen", sagte Angela Merkel, gab aber zugleich zu: "Eine nachhaltige Lösung ist noch nicht vorhanden." Es sei nun auch Aufgabe der im Bund regierenden CDU, die Flüchtlingsfrage zu lösen. Auch den Erfolg von Reiner Haseloff wollte sie nicht auf dessen kritischeren Haltung bezüglich der Flüchtlingspolitik zurückführen, sondern auf dessen "starke Persönlichkeit."

Der CDU-Vorstand beschäftigte sich auch mit den Erfolgen der AfD. "Dabei handelt es sich um Protestverhalten", erklärte Angela Merkel, die AfD-Wähler hätten Ängste gegenüber Flüchtlingen und eine Skepsis gegenüber etablierten Parteien. "Ich sehe es nicht als ein existenzielles Problem der CDU, aber ich sehe es als Problem", sagt Merkel vor Journalisten. Bei bestimmten Themen der inneren Sicherheit müssten Lösungen gefunden werden, "dann wird das auch eine Protestpartei erheblich einschränken."

Die CDU-Bundesvorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (2.v.l) steht neben den Spitzenkandidaten der Landtagswahlen, Guido Wolf (Baden-Württemberg, 2.v.r), Julia Klöckner (Rheinland-Pfalz, l) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, r) am 14.03.2016 in Berlin vor der Sitzung des CDU Bundesvorstands im Konrad-Adenauer Haus. Die CDU hat bei den Landtagswahlen in in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Verluste hinnehmen müssen.
Die CDU-Bundesvorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (2.v.l) steht neben den Spitzenkandidaten der Landtagswahlen, Guido Wolf (Baden-Württemberg, 2.v.r), Julia Klöckner (Rheinland-Pfalz, l) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, r) am 14.03.2016 in Berlin vor der Sitzung des CDU Bundesvorstands im Konrad-Adenauer Haus. Die CDU hat bei den Landtagswahlen in in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Verluste hinnehmen müssen.
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+++ Proteste vor dem Haus der Bundespressekonferenz: Rund 50 Demonstranten haben sich am Schiffbauerdamm versammelt, um gegen den Auftritt der AfD in der Bundespressekonferenz zu demonstrieren. Aufgerufen hatten die Linken. Mehr dazu in unserem Newsblog zu den Reaktionen auf die Landtagswahlen in Berlin.

+++ Alexander Gauland verteidigt Anti-Flüchtlings-Politik. Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland bezeichnete in der Bundespressekonferenz die AfD als "Partei der kleinen Leute". "Viele Menschen in der Gesellschaft haben das Gefühl, dass die Flüchtlinge ihnen etwas wegnehmen", sagte der ehemalige CDU-Politiker. Die AfD sei nun die Partei für die Menschen, die sich abgehängt fühlten. Gauland erklärte: "Wir sind in der Tat die soziale Partei."

+++ Frauke Petry bezeichnet die AfD als "Partei des sozialen Friedens". Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry trat am Montagmittag erstmals in der Bundespressekonferenz auf. "Es war gestern ein sehr guter Tag für die Demokratie in Deutschland", sagte sie und verwies auf die hohe Wahlbeteiligung. Ihre Partei fördere die Demokratie in Deutschland. "Wir sind die einzige Partei in Deutschland, eine verstärkte Bürgerbeteiligung in Deutschland vertreten", sagte Frauke Petry. Zudem beklagte sie eine Spaltung des Landes durch den Abstieg des Mittelstandes. Die AfD nannte sie eine "Partei des sozialen Friedens". Denn ihre Partei thematisiere die "Ethnisierung der Gewalt in Deutschland". Die Polizei traue sich nicht mehr in bestimmte Stadtteile, in Schwimmbädern werde über spezielle Rutschzeiten für Männer und Frauen diskutiert. "Das sind Entwicklungen, die uns sorgen", sagte sie.

+++ Was ist jetzt möglich? Die Regierungsbildung, das haben alle drei Länder gemein, wird schwierig. Von Kenia- bis Deutschland-Koalition ist vieles möglich. Einen Überblick finden Sie hier.

+++ Gabriel gegen Kursänderung der SPD: SPD-Chef Sigmar Gabriel will auf den großen Zulauf für die rechtspopulistische AfD keinesfalls mit einer Kursänderung seiner Partei reagieren. „Wir werden den Populisten nicht hinterherlaufen“, sagte Gabriel am Montag . Die SPD werde deutlich machen, dass ihre Kernthemen eine liberale Gesellschaft und sozialer Zusammenhalt seien. „Wir werden alles dafür tun, dass wir das demokratische Zentrum in Deutschland stabil halten.“

Gabriel sagte, die Ausgangslage in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg sei schwierig gewesen. In Rheinland-Pfalz habe die SPD dagegen gezeigt, dass sie Wahlen gewinnen könne und eine starke Volkspartei sei. Mit Blick auf die dort unterlegene CDU-Herausforderin Julia Klöckner sagte er, vor vier Wochen sei Klöckner in den Medien noch als mögliche Nachfolgerin von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel genannt worden. „Ich glaube, auch in der CDU gibt es große Erleichterung, dass das nicht der Fall ist.“

+++ Dreyer will Ampel: Die rheinland-pfälzische SPD-Wahlsiegerin Malu Dreyer strebt eine Ampel mit Grünen und FDP an. „Ich wünsche mir, dass diese Dreier-Konstellation zustande kommt“, sagte die Ministerpräsidentin am Montag in Berlin. Eine große Koalition mit der CDU, die Dreyer und ihre SPD am Sonntag nach einer fulminanten Aufholjagd deutlich geschlagen hatten, sei nur „ultima ratio“ (letztes Mittel). Sie werde aber mit allen, außer der AfD, zunächst Gespräche führen.

Dreyer machte ihre klare Präferenz für Grüne und FDP jedoch deutlich: „Wenn nicht Frau Dreyer, wem soll es dann gelingen, ein Dreier-Bündnis zu schmieden?“, scherzte sie.

+++ Wolf erhebt Regierungsanspruch in Baden-Württemberg: Der Spitzenkandidat der CDU in Baden-Württemberg, Guido Wolf, will sich um die Bildung einer schwarz-rot-gelben Koalition bemühen. Trotz schwerer Verluste bei den Landtagswahlen am Sonntag wolle die CDU "ihrer Verantwortung" gerecht werden, sagte Wolf am Montag vor der Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. "Wir reden mit allen, wir reden mit den Grünen, wir reden selbstverständlich auch mit der SPD, mit der FDP", sagte er. "Es gibt auch Mehrheiten jenseits der Grünen", fügte er hinzu. Unterstützung erhielt er von EU-Kommissar Günther Oettinger.
Es gibt in Baden-Württemberg drei mögliche Koalitionsoptionen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dessen Partei erstmals stärkste politische Kraft im Stuttgarter Landtag ist, kann mit der CDU oder aber zusammen mit SPD und FDP regieren. Die Liberalen haben aber eine Präferenz für die sogenannte Deutschland-Koalition unter Führung der CDU bekundet.
CDU-Landeschef Thomas Strobl betonte, er werde die Koalitionsverhandlungen zusammen mit Wolf führen. "Erst das Land, dann die Partei und erst ganz zum Schluss kommt die Person", sagte er. Im Wahlkampf war parteiintern von Differenzen zwischen Wolf und Strobl vor allem in der Flüchtlingspolitik berichtet worden.

+++ Südwest-FDP öffnet Tür für die Ampel: Baden-Württembergs FDP-Landeschef Michael Theurer will sich Gesprächen mit den Grünen über eine Regierungsbildung nicht verweigern. „Wir sind gesprächsfähig mit allen demokratischen Parteien außer der Alternative für Deutschland, das ist auch eine Stilfrage“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Stuttgart. Er sei sicher, dass sich seine Linie durchsetze. FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke hatte am Wahlabend einer Koalition von Grünen, SPD und FDP eine klare Absage erteilt.

Die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatten die Landtagswahl klar gewonnen und die CDU auf den zweiten Platz verwiesen. Die alte grün-rote Regierung hat aber wegen der SPD-Schwäche keine Mehrheit mehr. Kretschmann, aber auch CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf erheben Anspruch auf die Bildung einer Regierung. Neben einer Ampel aus Grünen, SPD und FDP wäre auch eine grün-schwarze Koalition oder ein schwarz-rot-gelbes Bündnis möglich.

+++ Knobloch vom AfD-Erfolg beunruhigt: Der Erfolg der AfD hat auch Charlotte Knobloch alarmiert. „Die Partei fungiert als Sammelbecken für Demagogen und Brandstifter von ganz rechts außen“, sagte die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern dem Tagesspiegel. „Die völkisch-nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Parolen vergiften den politischen Diskurs in unserem Land. Mit der AfD zieht der Geist der Pegida-Bewegung in die Parlamente ein – also noch mehr Aufmerksamkeit, mehr Geld und ein breites Forum für hetzerische Thesen und Ressentiments.“

Knobloch macht für das gute Abschneiden der AfD auch die Volksparteien mitverantwortlich. „Dass die vielzitierten Verunsicherten, Besorgten, Verängstigten und Halt Suchenden hunderttausendfach in die Fänge der AfD geraten sind, steht für ein Versagen der demokratischen Kräfte.“ Die großen Volksparteien müssten umgehend gemeinschaftlich Konzepte und Lösungen für die Sorgen der Menschen präsentieren, „um den Rechtspopulisten und -extremen das Wasser abzugraben, anstatt auf deren Dilettantismus und Entzauberung zu setzen“.

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland warnte außerdem davor, den Rechtsextremismus zu unterschätzen und zu verharmlosen. „Die Radikalisierung wird vom Randproblem zum Phänomen der Mitte und somit zur Kernaufgabe der wehrhaften Demokraten in Politik und Gesellschaft. Der Wahltag sei ein letzter Weckruf, diesen verheerenden Trend zu stoppen, sagte Knobloch.

+++ BDI-Chef warnt vor Folgen für die Wirtschaft: "Es ist überhaupt nicht auszuschließen, dass der teilweise hohe Zuspruch für rückwärtsgewandte Parteien wie AfD oder Linke Investoren abschreckt", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, am Montag in Berlin. "Da muss man sich in Sachsen-Anhalt schon Sorgen machen." Dort ist die AfD aus dem Stand heraus zur zweitstärksten Partei hinter der CDU aufgestiegen.

AfD-Chefin Frauke Petry im Haus der Bundespressekonferenz.
AfD-Chefin Frauke Petry im Haus der Bundespressekonferenz.
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+++ CSU spricht von "Debakel für die Union": Der bayerische Finanzminister Markus Söder zeigte sich von den Wahlergebnissen schockiert. "Es ist ein absolutes Debakel für die Union", sagte er. "Eine schlimme Situation für die Demokratie und ein Debakel für die Union." Nun sei eine offene Bestandsaufnahme nötig. "Es kann nicht sein, dass man einfach so zur Tagesordnung übergeht", sagte Söder. Die Union müsse nun das Konservative stärken, damit konservative Wähler "nicht heimatlos bleiben".

"Die Flüchtlingskrise wirkt wie eine Erosion auf die CDU", sagte auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Diese lasse sich nur durch eine Politikwechsel auflösen.

+++ Haseloff will anderen Kurs der CDU: Angesichts der AfD-Erfolge fordert der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, eine Kurswende der CDU. Wenn in mehreren Ländern "eine solch starke Kraft neben CDU und CSU aufgetreten ist, dann können wir nicht so weiter machen", sagt er vor der Sitzung des CDU-Bundespräsidiums. Es dürfe keine demokratische Partei rechts von CDU/CSU geben.

+++ Der AfD-Bundessprecher will mittelfristig Koalitionen eingehen. AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen spricht sich für eine Zusammenarbeit mit etablierten Parteien aus. "Mittelfristig werden wir auch Koalitionen eingehen - die größte Schnittmenge haben wir da mit der CDU und der FDP", sagte er dem Tagesspiegel. Wer Politik mache, wolle gestalten, erklärte er, "und das geht in der Regierung besser als in der Opposition."

Der Spitzenkandidat der FDP bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Hans-Ulrich Rülke, gibt am 14.03.2016 vor Beginn der FDP-Präsidiumssitzung in Berlin ein Interview.
Der Spitzenkandidat der FDP bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Hans-Ulrich Rülke, gibt am 14.03.2016 vor Beginn der FDP-Präsidiumssitzung in Berlin ein Interview.
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+++ Seehofer macht Merkels Flüchtlingspolitik verantwortlich: CSU-Chef Horst Seehofer hat die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für die CDU-Niederlagen bei den Landtagswahlen vom Sonntag verantwortlich gemacht. „Der zentrale Grund ist die Flüchtlingspolitik. Es hat überhaupt keinen Sinn, da vorbeizureden“, sagte Seehofer am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München.

Die Union werde lange brauchen, um die Entwicklung der vergangenen sechs Monate wieder wettzumachen. „Das ist ja eine tektonische Verschiebung der politischen Landschaft in Deutschland,“ sagte Seehofer. Auf die Frage, ob Merkel noch die richtige Kanzlerin sei, antwortete Seehofer: „Ja.“ Seehofer forderte angesichts der Wahlergebnisse eine Kurskorrektur der Union in der Flüchtlingspolitik. „Wir sollten der Bevölkerung sagen, dass wir verstanden haben, und dass wir aus diesem Wahlergebnis auch Konsequenzen ziehen“, sagte der bayerische Ministerpräsident. „Es kann nicht sein, dass nach so einem Wahlergebnis die Antwort für die Bevölkerung ist: Es geht alles so weiter wie es war.“ Die beiden Unionsparteien sieht er vor einer „gewaltigen Belastungsprobe und Herausforderung“. „Es geht schon um den Bestand der Union“, sagte Seehofer.

+++ "Niederschmetternder Schlag für Merkel": Auch die internationale Presse beschäftigt sich eingehend mit den Landtagswahlen und dem Erfolg der AfD. Hier eine Übersicht.

+++ Barley schließt personellen Folgen bei der SPD aus: Generalsekretärin Katarina Barley hat sich nach den Verlusten der SPD bei den Landtagswahlen hinter Parteichef Sigmar Gabriel gestellt. Auf die Frage, ob Gabriel Konsequenzen ziehen werde, sagte sie im ZDF-„Morgenmagazin“: „Nein, es gibt keinen Grund dazu.“ In Rheinland-Pfalz habe die SPD ein „super Ergebnis“ erzielt, in den beiden anderen Ländern sei es „richtig bitter“.

Für kleinere Koalitionspartner bestehe immer die Gefahr „gecrusht“ zu werden, sagte Barley. Warum viele Stammwähler für die AfD gestimmt hätten, müsse analysiert werden. „In den Wahlkämpfen haben wir immer wieder festgestellt, dass die Leute eigentlich gar nicht viel wissen über die AfD“, sagte Barley. „Da werden wir mal sehen, wie sich die AfD in den nächsten Jahren selbst entlarven wird.“

+++ Petry sieht AfD als "gesamtdeutsche Partei": Nach den Erfolgen bei den Landtagswahlen sieht sich die rechtspopulistische AfD als "gesamtdeutsche Partei". Die Wahlergebnisse zeigten, dass "Bürger in allen Regionen Deutschlands einen Politikwechsel wollen", sagte AfD-Chefin Frauke Petry im Deutschlandfunk. Die Bürger seien mit den Antworten "der ehemals großen Volksparteien" komplett unzufrieden.

"Wir wollen irgendwann regierungsfähig werden, aber dafür ist es aktuell noch zu früh", sagte Petry.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer
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+++ CDU-General Tauber fordert "offensive Auseinandersetzung" mit AfD: CDU-Generalsekretär Peter Tauber bezeichnete die AfD als "Herausforderung für alle Parteien", die sich mit den Rechtspopulisten "offensiv auseinander setzen" müssten. "Die AfD ist jetzt ein neues Phänomen. Sie ist eine klassische Protestpartei", sagte Tauber im ZDF-"Morgenmagazin".

Koalitionen mit der AfD schloss Tauber aus. "Wenn man sich die Inhalte anschaut, kann es keine Zusammenarbeit zwischen Union und AfD geben", sagte er. Tauber bezog sich dabei direkt auf eine Forderung des CDU-Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer aus Sachsen. Dieser hatte die CDU davor gewarnt, eine Zusammenarbeit mit der AfD generell auszuschließen.

AfD-Sprecher Jörg Meuthen will mittelfristig Koalitionen mit etablierten Parteien eingehen.
AfD-Sprecher Jörg Meuthen will mittelfristig Koalitionen mit etablierten Parteien eingehen.
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+++ Maas will "dumpfe Parolen" der AfD entlarven: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht die zweistelligen Wahlerfolge der Alternative für Deutschland (AfD) als Bewährungsprobe für die Demokratie. „Das Abschneiden der AfD ist mehr als ein Denkzettel“, sagte Maas der Deutschen Presse-Agentur.

Maas sagte, alle Parteien müssten nun klare Kante gegen die Protestierer und Vereinfacher zeigen: „Dumpfe Parolen müssen wir durch sachliche Argumente entlarven.“

Wer die Flüchtlingskrise allein für eine Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung missbrauche, müsse mit entschlossenen Reaktionen rechnen. „Der Kampf gegen fremdenfeindliche Hetze bleibt die große Gemeinschaftsaufgabe für Politik und Zivilgesellschaft. Die schweigende Mehrheit darf nicht länger schweigen“, sagte der SPD-Politiker.

+++ "Der Standard" aus Wien sieht durch das Abschneiden der AfD eine Gefahr von rechts: "Seit Jahrzehnten versucht die etablierte Politik in Deutschland, den rechten Rand sauber zu halten. Rechts von CDU/CSU soll es im Bundestag nur noch die nackte Wand geben, aber keine Partei mehr - so lautet die parteienübergreifende Parole. Noch ist die AfD nicht im Bundestag vertreten, aber sie hat am Sonntag drei große Schritte in diese Richtung gemacht. Inhaltlich ist sie nach wie vor eine Protestpartei, sie hat ja noch nicht einmal ein eigenes Parteiprogramm. Aber keiner sollte sie nach diesem Sonntag mehr als eine Bewegung, die bald wieder verschwinden könnte, unterschätzen. Der Erfolg von rechten Parteien ist der Misserfolg der regierenden großen Koalitionen.“

+++ CDU in Rheinland-Pfalz trägt Klöckner: Trotz des verfehlten Wahlsiegs steht Julia Klöckner als rheinland-pfälzische CDU-Chefin nach Ansicht von Landes-Generalsekretär Patrick Schnieder nicht zur Debatte. „Es gibt im Moment keine Diskussion“, sagte Schnieder der Deutschen Presse-Agentur. Es sei deutlich, dass „die Partei Julia Klöckner trägt und dass da keiner ihr Schuld zumisst an diesem Wahlergebnis, ganz im Gegenteil“.

"Ohne Klöckner hätten wir ein solches Wahlergebnis unter diesen obwaltenden Umständen nicht erreicht", sagte Schnieder. Die CDU erzielte am Sonntag mit 31,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz. „Wir werden das in aller Ruhe analysieren“, sagte Schnieder. Die CDU habe versucht, über Landesthemen zu reden, aber keine Resonanz gefunden. „Der Wähler hat in erster Linie über die Flüchtlingsfrage diskutiert und abgestimmt. Da sieht man deutlich, das glaube ich jedenfalls, dass wir an AfD und an FDP verloren haben.“ Klöckners Plan „A2“, mit dem sie sich in der Flüchtlingspolitik ein eigenes Profil zulegen wollte, sieht Schnieder nicht als Ursache: „Vielleicht hätten wir ohne diese Geschichte noch viel stärker verloren.“

AfD-Chefin Frauke Petry freut sich über die Wahlerfolge in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.
AfD-Chefin Frauke Petry freut sich über die Wahlerfolge in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.
© dpa/Wolfgang Krumm

+++ JU-Chef will Kampf um jeden AfD-Wähler: Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, hat die CDU von Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert, sich stärker um die Wähler der rechtspopulistischen AfD zu kümmern. Mit Blick auf die zweistelligen Ergebnisse der AfD sagte der Chef der CDU-Jugend: „Zu sagen, dass das keine Gefahr ist, auch nicht für ein Parlament insgesamt, ist falsch. Die Ergebnisse zeigen das jetzt.“

Auf die Frage, ob die Bundeskanzlerin nun ihren Flüchtlingskurs ändern müsse, sagte Ziemiak: „Die einzigen, die auch in solch schwierigen Zeiten eine Lösung anbieten, das sind die Politiker der Union und nicht der AfD.“ CDU und CSU müssten sich jetzt mit der Alternative für Deutschland beschäftigen. Es sei falsch, gemeinsame Talkshows mit AfD-Politikern zu verweigern. „Ich glaube, was wir jetzt machen müssen, ist, um jeden AfD-Wähler zu kämpfen“, sagte Ziemiak.

+++Farbanschlag auf AfD-Haus in Rostock: Unbekannte haben das Haus eines Landesvorstands der Alternative für Deutschland (AfD) in Rostock mit Farbgläsern beworfen. Die Täter hatten in der Nacht zum Montag zudem die Scheibe der Eingangstür eingeschlagen und den Flur mit Farbe beschmutzt, wie die Polizei mitteilte. Zu Hintergründen der Tat sowie zum Sachschaden wollten sich ein Sprecher zunächst nicht äußern. Die Kriminalpolizei hat Ermittlungen aufgenommen.

Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hatte die rechtspopulistische AfD am Sonntag aus dem Stand zweistellige Ergebnisse erreicht.

+++ Schaulaufen der Spitzenkandidaten: Traditionell treten die Spitzenkandidaten von Landtagswahlen am Tag danach in Berlin auf. Egal, wie die Parteien abgeschnitten haben, gibt es Blumensträuße. An diesem Montag sind aber nicht nur die Parteizentralen Schauplätze, sondern auch das Haus der Bundespressekonferenz. Dort treten zunächst die Linken auf, dann FDP-Chef Lindner und am Mittag will AfD-Chefin Frauke Petry eine Pressekonferenz geben.

+++Debatten in den Parteien: Was fängt man mit den Ergebnissen nun an? In der CDU wird man Wunden lecken müssen. Ursula von der Leyen gab die Richtung am Wahlabend bei Anne Will vor: Wer hinter der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin stand, hatte Erfolg. Und als Beleg verwies sie auf Malu Dreyer (SPD) und Winfried Kretschmann (Grüne).

Ob das alle in der Partei so sehen, darf bezweifelt werden. In der SPD werden sie viel auf den Erfolg in Rheinland-Pfalz verweisen und hoffen, wenig auf die katastrophalen Ergebnisse in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt angesprochen zu werden. Auch die Linken dürften schwer an dem Wahlabend zu knabbern haben. Denn sie sind die zweite Verliererin des Abends, weil die AfD zum Problem der Linken wird.. Dazu hier ein Kommentar von Christian Tretbar.

+++Schwierige Regierungsbildung: In Baden-Württemberg muss Winfried Kretschmann nun versuchen aus dem Wahlerfolg auch ein Regierungserfolg zu machen. Denn eine Fortsetzung von Grün-rot geht nicht, er muss nun auf Grün-Schwarz oder auf eine Koalition mit SPD und FDP setzen. In Rheinland-Pfalz muss Malu Dreyer entweder eine große Koalition hinbekommen oder eine Ampel-Koalition. Und Sachsen-Anhalt? Dort wird es besonders schwierig, weil es nicht einmal mal für eine große Koalition langt. (mit Agenturen)

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