Landtagswahl in Baden-Württemberg: Winfried Kretschmann holt historischen Wahlsieg
Jubel bei den Grünen in Baden-Württemberg: Die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann kommt auf 30,3 Prozent. Die CDU ist erstmals nur zweitstärkste Kraft.
Die Grünen sind stärkste Kraft in Baden-Württemberg: In Deutschlands drittgrößtem Bundesland erhielt die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach Hochrechnungen 30,7 Prozent - ein historischer Wahlsieg. Die CDU kam unter ihrem Spitzenkandidaten Guido Wolf nur auf 27 Prozent und geht erstmals seit Bestehen des Bundeslandes nicht als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervor. Die SPD ist mit 12,7 Prozent weit abgeschlagen. Die FDP ist demnächst voraussichtlich wieder im Landesparlament vertreten - sie kommt auf 8,3 Prozent. Die AfD zieht laut Hochrechnung mit 15 Prozent in den Landtag ein. Die Linke kommt lediglich auf 2,9 Prozent.
"Baden-Württemberger haben Geschichte geschrieben"
Winfried Kretschmann reagierte im ZDF selbstbewusst: "Wir haben gezeigt, wir können ein Industrieland gut führen." Der Wahlsieg sei ein großes Ereignis, "das wir in Demut annehmen". In einer Ansprache sagte er: "Die Baden-Württemberger haben heute Geschichte geschrieben und die Grünen zur stärksten Kraft im Lande gemacht. Ich sehe in diesem Wählervotum den Auftrag, erneut den Ministerpräsidenten zu stellen." Für ihn geht es um eine zweite Amtszeit. Seine Partei hoffte, ihre Koalition mit der SPD fortsetzen zu können. Dafür dürfte es aber nicht mehr reichen. Laut Forschungsgruppe Wahlen wollen aber 66 Prozent der Befragten Kretschmann als Ministerpräsident behalten, nur 17 Prozent sprachen sich für Wolf als Ministerpräsident aus.
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley machte für das schlechte Abschneiden ihrer Partei in Baden-Württemberg unter anderem diesen Zweikampf verantwortlich. Es sei "kein einfacher Wahlabend". 2011 hatte die SPD in Baden-Württemberg noch 23,1 Prozent bekommen. Auch Michael Grosse-Brömer, Fraktionsgeschäftsführer der Union im Bundestag, spricht von von einem Wahlabend "mit viel Licht und Schatten". Die CDU war 2011 auf 39 Prozent gekommen.
Union und FDP offen für "Deutschland-Koalition"
Für eine absolute Mehrheit im Stuttgarter Landtag sind 64 Sitze nötig. Rechnerisch möglich wäre nun eine grün-schwarze Koalition. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf schloss ein Zusammengehen mit den Grünen bislang aus, hielt sich zuletzt aber deutlich bedeckter. Union und FDP zeigten sich indes auch offen für eine schwarz-rot-gelbe "Deutschland"-Koalition. Rechnerisch wäre außerdem eine Koalition von Grünen, SPD und FDP eine Möglichkeit. FDP-Chef Christian Lindner machte aber deutlich, dass seine Partei nicht um jeden Preis regieren wolle: Zwar sei die FDP auch bereit zur Verantwortung, sagte er im ZDF. Die FDP wolle aber nicht von ihren wesentlichen Kernpunkten abweichen. Zum Ergebnis in Baden-Württemberg sagte er: "Wenn man die parlamentarische Basis verbreitert, sind das natürlich Meilensteine."
Schon am Nachmittag hatte sich eine deutlich höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Landtagswahl abgezeichnet abgezeichnet. Nach Angaben der Wahlleitung gaben bis 14 Uhr 35,5 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab. 2011 lag die Wahlbeteiligung inklusive Briefwahl zu diesem Zeitpunkt bei 30,7 Prozent.
"Die Krise müssen wir europäisch lösen"
Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg stand unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise. Der starke Flüchtlingszuzug waren ein zentrales Thema in den Wahlkämpfen. Kretschmann warnte am Samstag erneut vor einem Scheitern Europas in der Flüchtlingspolitik. „Die Krise müssen wir europäisch lösen“, sagte er in einem live im Internet übertragenen Bürger-Interview. Alles andere wäre ein historisches Versagen. Alleingänge der Staaten - etwa Grenzschließungen - nützten nichts. Kretschmann hatte Merkels Flüchtlingskurs wiederholt verteidigt, während CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf auch Distanz durchblicken ließ. Im ZDF sagte Kretschmann nach den ersten Hochrechnungen: "Meine Unterstützung für die Bundeskanzlerin hatte mit dem Wahlkampf nichts zu tun. Es war aus Überzeugung, eine europäische Lösung zu suchen."
Die Wahlen in Baden-Württemberg wie auch in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gelten als erster größerer Stimmungstest seit Beginn der Flüchtlingskrise und damit auch indirekt als Abstimmung über den Kurs von Kanzlerin Merkel. (mit dpa)