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Albin Kurti, Spitzenkandidat der linken Partei Vetevendosje (Selbstverteidigung) im Kosovo
© Florion Goga / REUTERS

"Selbstbestimmung" siegt im Kosovo: Oppositionspartei gewinnt Parlamentswahl

Albin Kurti hat sich von seinen Anhängern als Wahlsieger feiern lassen. Die langjährigen Dominanz der bisherigen Regierungspartei geht zu Ende.

Die Opposition hat die vorgezogene Parlamentswahl im Kosovo gewonnen. Den Kampf um den ersten Platz und damit um den Regierungsauftrag entschieden die linke Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung) und ihr Spitzenkandidat, der ehemalige Studentenführer und Rebell Albin Kurti, für sich. Die Partei kam bei einem Auszählungsstand von 93,7 Prozent der Stimmen auf 25,8 Prozent, wie die Zentrale Wahlkommission in der Nacht zum Montag mitteilte.

Dicht dahinter folgte ihr die moderat-konservative Demokratische Liga des Kosovos (LDK), die mit ihrer Spitzenkandidatin, der Juristin Vjosa Osmani, auf 25 Prozent der Stimmen kam. Den dritten Platz belegte die Demokratische Partei des Kosovos (PDK), die von Staatspräsident Hashim Thaci dominiert wird, mit 21,2 Prozent der Stimmen. Die Allianz für die Zukunft des Kosovos (AAK) des nur zwei Jahre amtierenden Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj kam auf 11,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission bei 44 Prozent und damit 2,5 Prozentpunkte höher als 2017.

Kurti ließ sich um Mitternacht von seinen Anhängern auf dem Skanderbeg-Platz im Zentrum von Pristina als Wahlsieger feiern. „Wir haben die Republik vor der Geiselnahme durch die Politik gerettet“, hatte er zuvor im Fernsehsender T7 erklärt. „Heute haben wir diesem Drama ein Ende bereitet.“ Er werde sich um eine rasche Regierungsbildung bemühen, fügte er hinzu.

Der Wahlausgang dürfte jedenfalls das Ende der langjährigen Dominanz der PDK über die kosovarische Politik bedeuten, einer Partei, die aus der Aufstandsmiliz UCK hervorgegangenen ist. In den Augen der meisten Bürger waren dies vergeudete Jahre, die durch eine ineffiziente und korrupte Staatsverwaltung geprägt waren. Es waren Jahre, in denen die Dynamik nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo im Jahr 2008 weitgehend verpufft war.

Keine Regierung in dieser Ära hielt ihr vierjähriges Mandat durch. Die vorgezogene Wahl vom Sonntag war erforderlich geworden, weil Haradinaj im Juli zurückgetreten war. Er musste sich einer Befragung durch das Kosovo-Sondergericht in Den Haag unterziehen. Der ehemalige regionale UCK-Kommandeur sieht sich mit Vorwürfen wegen Kriegsverbrechen in den 1990er Jahren konfrontiert.

Kurti wegen früher Rhetorik umstritten

Haradinaj hatte an der Spitze der sogenannten „Kriegskoalition“ regiert, die aus PDK, AAK und der kleineren Nisma-Partei bestand. Mit seinem Rücktritt im Juli kam er dem Zerfall dieses Bündnisses zuvor. Die drei UCK-Nachfolgeparteien traten bei dieser Wahl gegeneinander an. Nisma muss mit einem vorläufigen Ergebnis von knapp unter fünf Prozent um den Einzug ins Parlament bangen.

Aber auch der Wahlsieger Kurti ist keine unumstrittene Persönlichkeit. Früher hatte er sich durch eine neomarxistische, west-kritische und nationalistische Rhetorik ausgezeichnet. In der Zeit der internationalen Verwaltung übten er und seine Gefolgsleute Gewalt gegen deren Fahrzeuge und Gebäude aus. Im Parlament zündeten seine Abgeordneten gelegentlich Tränengasgranaten. Zuletzt trat er aber deutlich gemäßigter auf.

Um regieren zu können, wird sich Kurti um eine einigermaßen stabile Koalition bemühen müssen. Trotz großer ideologischer Gegensätze gilt die LDK als wichtigster potenzieller Partner. Sie wurde von Ibrahim Rugova gegründet, der 2006 starb und in den 1990er Jahren den gewaltlosen Widerstand gegen die serbische Herrschaft angeführt hatte. An diesem hielt er selbst dann fest, als die UCK 1998 ihren bewaffneten Aufstand startete. Kurti betätigte sich in jener Zeit als Sprecher des politischen Flügels der UCK und wurde dafür von Serbien ins Gefängnis geworfen.

20 Sitze für Minderheiten reserviert

Verkompliziert wird die Regierungsbildung im Kosovo durch das noch von der internationalen Gemeinschaft vor 2008 konzipierte Wahlrecht: Nur 100 der 120 Sitze werden nach dem Prinzip der Proportionalität vergeben. 20 Sitze sind für verschiedene ethnische Minderheiten reserviert. Den Serben, der stärksten darunter, stehen davon zehn Sitze zu.

Deren Vertreter werden von der Regierung in Belgrad gelenkt, die sich mit dem Verlust des Kosovos bis heute nicht abgefunden hat. Auch Russland, China und fünf EU-Länder erkennen die 2008 erklärte Unabhängigkeit der ehemals serbischen Südprovinz nicht an. Bemühungen der EU, über Verhandlungen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo zu erreichen, blieben bislang erfolglos.

Rugovas gewaltloser Widerstand begann vor 30 Jahren, nachdem Serbien unter seinem damaligen Führer Slobodan Milosevic die Autonomie der hauptsächlich von Albanern bewohnten Provinz aufgehoben hatte. Der spätere UCK-Aufstand von 1998/99 hatte eine massive serbische Repressionswelle mit Tötungen und Vertreibungen von kosovo-albanischen Zivilisten nach sich gezogen. Die Nato hatte 1999 mit Bombardierungen gegen Serbien interveniert, so dass Belgrad seine Verwaltung und Sicherheitskräfte aus dem Kosovo abzog. Von 1999 bis 2008 hatte die UN-Mission Unmik das Land verwaltet.

(dpa)

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