Nach Vorladung aus Den Haag: Kosovos Regierungschef tritt zurück
Ramush Haradinaj ist ein politischer Überlebenskünstler. Ob Kriegsverbrechen, ob Mafia-Aktivitäten: nie konnte dem ehemaligen UCK-Kommandeur etwas nachgewiesen werden. Bisher.
Der kosovarische Ministerpräsident Ramush Haradinaj ist am Freitag überraschend zurückgetreten. Er sei vom Kosovo-Strafgericht in Den Haag vorgeladen worden, gab Haradinaj im Anschluss an eine Regierungssitzung in Pristina bekannt. Bis zur Ernennung eines Nachfolgers bleibe er geschäftsführend im Amt, fügte er nach kosovarischen Medienberichten hinzu.
Das internationale Sondergericht wurde 2017 eingerichtet und soll mutmaßliche Verbrechen der Kosovo-Befreiungsarmee UCK im bewaffneten Konflikt mit Serbien in den Jahren 1998 bis 2000 aufklären. Haradinaj war in der Zeit des Albaner-Aufstands in der ehemals serbischen Provinz ein regionaler UCK-Kommandeur. Er war seit September 2017 Ministerpräsident des seit 2008 unabhängigen Kosovos.
Haradinaj blickt bereits auf eine turbulente Beziehung zum Internationalen Jugoslawien-Tribunal (ICTY) in Den Haag zurück, das Kriegsverbrechen im Rahmen aller Konflikte im zerfallenen Jugoslawien seit 1991 ahndete. Das ICTY hatte ihn zwei Mal - 2005 und 2011 - wegen Kriegsverbrechen angeklagt. In beiden Fällen war er freigesprochen worden. Auffallend dabei war, dass etliche wichtige Zeugen zum Teil auf nie ganz geklärte Weise ums Leben gekommen waren.
Kosovo ist von Russland und China nicht anerkannt
Westliche Geheimdienste brachten Haradinaj auch mit Mafia-Aktivitäten in Zusammenhang, die er stets bestritt und die ihm am Ende nie nachgewiesen werden konnten. Im Jahr 2000 gründete er die Partei Allianz für die Zukunft des Kosovos (AAK), der er seitdem vorsteht. 2004 war er erstmals Ministerpräsident geworden. Als er im März 2005 erstmals vom ICTY angeklagt wurde, trat er zurück. Er verbrachte auch Zeit in der Untersuchungshaft des Haager Tribunals.
Sein nunmehriger Rücktritt bedeutet, dass Staatpräsident Hashim Thaci innerhalb von 45 Tagen einen Nachfolger ernennen oder Neuwahlen ausschreiben muss. Zunächst war nicht klar, ob das Haager Kosovo-Gericht Haradinaj als Zeugen oder als Beschuldigten vorgeladen hat. Im albanischen Teil der Pressekonferenz sagte er: „Ich bin nicht angeklagt, ich werde nur befragt.“ Als er auf Serbisch zu den Journalisten sprach, bezeichnete er sich als „Beschuldigten“.
Das Kosovo ist heute fast ausschließlich von Albanern bewohnt. Als die serbischen Sicherheitskräfte bei der Bekämpfung des UCK-Aufstands 1998/99 zunehmend Kriegsverbrechen gegen albanische Zivilisten begingen, schritt die Nato mit Luftangriffen gegen das ehemalige Jugoslawien ein. Im Juni 1999 zog sich der serbische Staat aus dem Kosovo zurück, die UN-Verwaltung Unmik übernahm bis 2008 die Verwaltung der abgetrennten Albaner-Provinz.
Die 2008 erklärte Unabhängigkeit des Kosovos haben mehr als 100 Länder anerkannt, darunter Deutschland und die meisten - aber nicht alle - EU-Länder. Nicht anerkannt haben sie unter anderen Serbien, Russland und China. Belgrad betrachtet seine ehemalige Provinz weiter als Teil seines Staatsgebietes. (dpa)
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