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Ramush Haradinaj ist als Regierungschef zurückgetreten.
© Armend Nimani,AFP

Vorladung vors Strafgericht: Warum der Rücktritt von Kosovos Regierungschef eine Flucht nach vorn ist

Ramush Haradinaj hat sein Amt niedergelegt, weil ihn ein Sondergericht in Den Haag vernehmen will. Zweimal stand er bereits als Angeklagter vor Gericht.

Selbst Kosovos Oppositionspolitiker fühlen sich zu Solidaritätserklärungen für den abgetretenen Premier Ramush Haradinaj bemüßigt. Der einstige UCK-Kommandant ist am Freitag zum Verhör vor den neuen UN-Sondergerichtshof in Den Haag geladen worden. Der Krieg der früheren Untergrundarmee UCK sei „fair und sauber“ gewesen, kommentierte Isa Mustafa, der Chef der Oppositionspartei LDK. Haradinajs Unschuld werde sich auch dieses Mal erweisen.

Zwei Mal stand der 51-Jährige bereits vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal. Doch sowohl 2008 als auch 2012 wurde er nach einer Serie merkwürdiger Todesfälle von Belastungszeugen aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf schwerer Verbrechen an der serbischen Zivilbevölkerung freigesprochen. Haradinaj ist in dieser Woche nur als Zeuge und noch nicht als Angeklagter nach Den Haag geladen. Doch er könne das Land nicht weiterführen, weil er für Kosovo sonst „zur Bürde“ werden würde, hatte der nun nur noch geschäftsführende Premier am Freitag in Pristina pathetisch seinen Rücktritt begründet.

Haradinajs Abtritt sei ein „politischer Trick“, argwöhnt in Belgrad Serbiens allgewaltiger Staatschef Aleksandar Vucic. Der AAK-Chef wolle sich damit den Sieg bei Neuwahlen im Herbst sichern, um eine Regierung ohne Beteiligung der serbischen Minderheit zu bilden. „Aus Den Haag wird er als Held heimkehren und seine Popularität wird sich verdoppeln“, meint Vucic.

Tatsächlich ist der Rücktritt für Haradinaj eine Flucht nach vorn. Seine wacklige Koalition, die nur dank der Unterstützung der Serbischen Liste mit einer Stimme Mehrheit regiert, ist seit Monaten praktisch handlungsunfähig. Im Dauerclinch mit Staatschef Hashim Thaci vermochte Haradinaj mit der klaren Ablehnung eines Gebietsabtausch mit Serbien zwar zu punkten. Doch seine Wahlkampfversprechen wie die wirtschaftliche Neubelebung des bitterarmen Landes oder der Wegfall der Visapflicht für Kosovaren bei Reisen ins Schengenreich blieben unerfüllt.

Stabilere Mehrheiten sind in Pristina aber auch bei einer vorgezogenen Abstimmung kaum zu erwarten. Sicher scheint in Kosovo und Serbien nach Haradinajs Manöver nur eins: In dem seit Monaten praktisch eingestellten „Dialog“ der unwilligen Nachbarn gibt es selbst bei verstärktem Druck der EU keine Bewegung. Der Wahl in Kosovo werden im Frühjahr Parlamentswahlen in Serbien folgen: Zu diesen Zeiten ist erfahrungsgemäß eher mit einem verschärften Ton zwischen den einstigen Kriegsgegnern zu rechnen.

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